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Kommentar zu Schweiger & Co.Wie Eltern beim Thema Impfen verunsichert werden

Lesezeit 3 Minuten
Corona Impfung Jugendliche

Eine 15-Jährige wird geimpft. 

Kaum ein Thema wird derzeit so kontrovers diskutiert wie die Corona-Impfung für die 12- bis 17-Jährigen. Obwohl es seit Mitte August eine allgemeine Empfehlung der Stiko gibt, zögern viele Eltern, ihre Kinder impfen zu lassen. In Teilen ist dies verständlich, hat doch der teils widersprüchliche Kurs von Regierung und Stiko, als zunächst nur eine Impfung für besonders gefährdete Kinder empfohlen wurde, sicherlich Vertrauen verspielt. Und es ist natürlich auch vollkommen verständlich, dass Eltern sich medizinische Entscheidungen nicht leicht machen. Impfen ist nicht erst seit Corona ein hochemotionales Thema. 

Dennoch treibt die Diskussion inzwischen seltsame Blüten. Zu beobachten ist dies an Beiträgen selbst von Wissenschaftlern wie Hendrik Streeck. Der Mann, der sich als Virologe doch eigentlich für die bestmögliche Immunisierung der Bevölkerung einsetzen sollte, äußert Bedenken vor der Ausgrenzung von ungeimpften Kindern. Er kenne den Fall eines 14-Jährigen, der in der Schule gemobbt werde, weil er nicht geimpft sei, so Streeck. Bei „Markus Lanz“ verstieg er sich zu der Aussage, die Regierung dürfe „kein Impfmobbing legitimieren und mit verantworten“.

Streeck hat Angst vor Mobbing von Kindern

Aussagen dieser Art kann man sich vielleicht aus dem Mund eines Sozialarbeiters vorstellen, aber als wissenschaftliche Handlungsempfehlung taugt dies wenig und verunsichert Eltern zusätzlich. Natürlich ist Mobbing schlimm, aber das kann auf dem Schulhof auch passieren, wenn ein Jugendlicher die falsche Klamottenmarke trägt. 

Einen großen Schritt weiter gehen natürlich Menschen, die in Richtung Querdenker argumentieren. Die Grenzen zwischen Impfskepsis und dem Glauben an Verschwörungsmythen sind fließend. Im Fall von Til Schweiger sind sie allerdings definitiv überschritten. Der Schauspieler ist im Trailer eines Films zu sehen, an dem auch der umstrittene Regisseur Dietrich Brüggemann mitwirkte, bekannt von der Aktion #allesdichtmachen. In „Eine andere Freiheit“ kommen zwar auch gemäßigte Stimmen zu Wort.

Schweiger sagt in seinem Beitrag allerdings, für Kinder sei das Virus „absolut harmlos“ und die Gefahr durch eine „Impfung, die man nicht erforscht hat“, sei höher als die des Virus selber. „Entsetzlich, entsetzlich finde ich das", so Schweiger mit großen Worten. Nach seinen Social-Media-Beträgen der Vergangenheit, in denen er beispielsweise Boris Reitschuster als Helden feierte, überraschen solche Äußerungen des „Keinohrhasen“-Stars kaum. Die Wirkung ist allerdings verheerend, denn Schweiger hat eine große Reichweite, nicht nur über seine eigenen Social-Media-Kanäle.

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Das Märchen von den Kindern als „Versuchskaninchen“ wird durch solche prominenten Stimmen weiter befeuert. Warum man Schweiger in gesundheitlichen Fragen eher glauben sollte als den Experten der Stiko, die auf dem neuesten Stand der Wissenschaft sind, bleibt unklar. Es sät in manchen Köpfen aber sicherlich weiter Zweifel. 

Genauso gut könnte man auch andersherum argumentieren, denn die Gefahr einer schweren Covid-19-Erkrankung ist eben nicht ausgeschlossen. Und wenn es um eine angeblich unzuverlässige Datenbasis geht: Auch zur Zahl der Kinder und Jugendlichen, die am PIM-Syndrom oder an Long Covid erkranken, gibt es noch keine abschließenden Auswertungen. Was, wenn deren Anzahl auch weit höher ist als bisher angenommen? Bei dieser Argumentation der Impfskeptiker beißt sich die Katze in den Schwanz.

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