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Europas größter Lost PlaceDie dramatische Geschichte von Varosha auf Zypern

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Varosha durch einen Drahtzaun

Zerstörte und verlassene Hotels in einem vom türkischen Militär genutzten Gebiet im türkisch besetzten Gebiet in der verlassenen Küstenstadt Varosha in Famagusta, Zypern. (Archivbild)

Einst ein glamouröser Badeort und Magnet für Promis, heute Europas größte Geisterstadt. Seit 1974 ist Varosha auf Zypern verlassen.

In Varosha auf Zypern treffen das türkis schimmernde Meer und der goldene Sandstrand auf Stacheldraht, Barrikaden und zerfallene Hotelruinen, deren Fassaden noch immer von Einschusslöchern gezeichnet sind. Einst ein glamouröser Badeort mit 39.000 Einwohnerinnen und Einwohnern und prominenten Gästen wie Sophia Loren oder Elizabeth Taylor, ist der Ort heute die größte Geisterstadt Europas – gelegen am Rande der Hafenstadt Famagusta im von der Türkei kontrollierten Norden der Insel.

Varosha: Vom Sonnenparadies zur verfallenen Geisterstadt

Die Verwandlung zum Lost Place begann 1974, als nach einem Putsch griechischer Nationalisten türkische Truppen in Nordzypern einmarschierten und die Stadt besetzten. Über 45.000 Menschen flohen und ließen ihr gesamtes Hab und Gut zurück. Seitdem ist die Insel durch eine Demarkationslinie, die sogenannte „Green Line“, geteilt.

Menschen spazieren am Strand bei einem militärischen Wachposten, vor verlassenen Hotels in einem vom türkischen Militär genutzten Gebiet der verlassenen Küstenstadt.

Einst Urlaubsparadies, heute Sperrgebiet – verfallene Gebäude prägen das Bild von Varosha. (Archivbild)

Lange Zeit war Varosha militärisches Sperrgebiet. Seit 2020 unternimmt die Regierung der international nicht anerkannten Türkischen Republik Nordzypern, unterstützt vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, Anstrengungen zur Wiedereröffnung für Touristinnen und Touristen. Bei einem Besuch in Nikosia im Juli 2021 sagte Erdoğan laut der Nachrichtenagentur Reuters: „Wir haben Recht und wir werden unser Recht bis zum Ende verteidigen.“ Teile des Ortes, darunter ein Hotel und ein Strandabschnitt, sind inzwischen wieder zugänglich.

Varosha auf Zypern soll zu neuem Leben erwachen

Dieses Vorgehen widerspricht bestehenden UN-Resolutionen und wurde vom UN-Sicherheitsrat verurteilt. Dennoch zieht die Geisterstadt zahlreiche Besucherinnen und Besucher an: Zwischen Oktober 2020 und Januar 2022 besuchten rund 400.000 Menschen den zum Lost Place verkommenen Ferienort.

Eine verlassene christlich-orthodoxe Kirche ist hinter einem militärischen Schild zu sehen.

Ein Blick hinter den Zaun: Varosha, die gesperrte Geisterstadt am Mittelmeer. (Archivbild)

In Famagusta gibt es weiterhin Initiativen, die Varosha langfristig zu einer nachhaltigen Stadt entwickeln wollen. Projekte wie das „Famagusta Ecocity Project“ verfolgen die Vision, die einstige Urlaubsoase umweltfreundlich wiederzubeleben. Auch andernorts in Nordzypern wird auf umweltverträglichen Tourismus gesetzt – etwa im Dorf Büyükkonuk im Landesinneren, das sich mit traditionellen Handwerks- und Landwirtschaftsangeboten als Ökodorf profiliert hat.

Für Reisende aus der EU ist das Überqueren der Demarkationslinie grundsätzlich möglich. Das Auswärtige Amt weist jedoch darauf hin, dass bei der Nutzung eines Mietwagens die Erlaubnis der Verleihfirma vorliegen muss und eine zusätzliche Kfz-Haftpflichtversicherung für den Nordteil abgeschlossen werden muss. Der konsularische Schutz durch die deutsche Botschaft ist im Norden der Insel nur eingeschränkt.

Zwei Touristen waten im Oktober 1998 in Strandnähe durch das flache Wasser. Sie nähern sich dabei der durch einen Stacheldrahtzaun markierten Demarkationslinie, die ihren Hotelkomplex (r) in Gazimagusa (ehemals Famagusta) im Norden Zyperns von den leerstehenden Hotelruinen (l) der früheren Touristenstadt Varosha (Vorort von Famagusta) trennt.

Sonne, Meer und Schweigen: In Varosha scheint die Zeit 1974 stehen geblieben zu sein. (Archivbild)

Besucherinnen und Besucher können Varosha im Rahmen von geführten Touren oder auf eigene Faust erkunden. Mehrere Anbieter – darunter internationale Unternehmen wie TUI Musement oder GetYourGuide – haben Ausflüge in die einstige Urlaubsoase im Programm, häufig in Kombination mit der Altstadt von Famagusta oder der antiken Stätte Salamis.

Die Veranstalter beschreiben die Touren als Spaziergang durch verlassene Straßen, in denen verrostete Hotelfassaden neben zugewachsenen Gärten stehen und das Meer nur wenige Meter entfernt glitzert. Es sei jedoch wichtig, die markierten Wege nicht zu verlassen und die abgesperrten Bereiche zu meiden. Das Fotografieren von Militärpersonal ist strengstens verboten. (jag)