Ein lange verschollenes, wertvolles Gemälde aus Görings Raubkunst ist in Argentinien aufgetaucht.
Görings RaubkunstGestohlenes Gemälde in Argentinien aufgetaucht – Hausarrest für Nazi-Tochter

Ein Lehrer präsentiert in Mar del Plata das Gemälde „Portrait of a Lady“ von Giuseppe Ghislandi, das als NS-Raubkunst gilt und jahrzehntelang verschollen war.
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Das lange verschollene Gemälde „Portrait of a Lady (Contessa Colleoni)“ des italienischen Barockmalers Giuseppe Vittore Ghislandi, auch bekannt als Fra’ Galgario, ist in Argentinien aufgetaucht – und mittlerweile in amtlicher Verwahrung. Wie die niederländische Tageszeitung „Algemeen Dagblad“ (AD) berichtete, gehörte das Werk ursprünglich dem jüdischen Kunsthändler Jacques Goudstikker, dessen Sammlung 1940 nach seiner Flucht von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurde.
„Portrait of a Lady“: Verschollenes Barock-Gemälde aus Goudstikker-Sammlung
Zahlreiche Stücke aus der Sammlung Goudstikker gingen in den Besitz von Hermann Göring über, darunter auch das nun wiederentdeckte Porträt. Journalisten entdeckten das Gemälde zufällig auf einem Foto, das in einem Immobilienportal für eine Villa im Stadtteil Parque Luro von Mar del Plata veröffentlicht worden war. Über einem Sofa im Wohnzimmer war das Bild klar zu erkennen – nach Jahrzehnten des Verschwindens.

Das verschollene Gemälde „Portrait of a Lady“ von Giuseppe Ghislandi, das als NS-Raubkunst gilt, im Justizgebäude von Mar del Plata.
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Nach der Veröffentlichung reagierten die Behörden sofort. Laut der Nachrichtenagentur AP durchsuchte die Polizei das Anwesen in Mar del Plata wenige Tage später. Das Gemälde wurde zwar zunächst aus dem Haus entfernt, tauchte aber kurz darauf wieder auf: Der Anwalt der Besitzerfamilie übergab das Werk schließlich freiwillig der Staatsanwaltschaft. Inzwischen ist es im Gebäude der Staatsanwaltschaft von Mar del Plata gesichert ausgestellt worden.
Hausarrest für Nazi-Tochter in Argentinien
Wie AP meldet, ordneten die Behörden Hausarrest gegen die Tochter des ehemaligen SS-Offiziers Friedrich Kadgien sowie deren Ehemann an. Kadgien soll das Gemälde nach dem Krieg nach Argentinien gebracht haben. Der Vorwurf lautet „Verschleierung und Behinderung von Ermittlungen“. Experten schätzen den Wert des Werkes auf rund 50.000 Dollar. Nun soll geklärt werden, wie die Rückgabe an die Nachkommen von Jacques Goudstikker erfolgen kann.
„Das Gemälde ist ein zentrales Symbol der geplünderten Sammlung meines Großvaters“, erklärte ein Nachfahre Goudstikkers laut „The Guardian“. Internationale Kunstexperten sehen im Fall eine der bedeutendsten Wiederentdeckungen von NS-Raubkunst der vergangenen Jahre.
Der italienische Barockmaler Giuseppe Vittore Ghislandi (1655–1743) spezialisierte sich auf Porträts mit realistischer Darstellung und psychologischer Tiefe. Werke von ihm sind heute in der Accademia Carrara in Bergamo, in der Pinacoteca di Brera und im Museo Poldi Pezzoli in Mailand sowie in der National Gallery of Art in Washington zu sehen. Ghislandi gilt als einer der wichtigsten Porträtisten Norditaliens im frühen 18. Jahrhundert.