Inferno im Krefelder ZooKeine Chance für Silberrücken Massa

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Von Affenhaus bleibt nur noch das Gerippe.

  • Die Trauer von Zoo-Direktor Wolfgang Dreßen wiegt schwer, wenn er über das verheerende Feuer im Krefelder Zoo spricht.
  • Zwei Tiere konnten aus dem Schutt des Affenhauses gerettet werden – mehr als 30 Tiere starben.
  • Unter den Tieren, die verbrannten, waren Vertreter hochbedrohter Arten. Zum Beispiel Silberrücken Massa und seine Lebensgefährtin Boma.

Krefeld – Elke Just kann ihre Tränen nicht zurückhalten. Die 50-Jährige steht vor dem Eingang des Krefelder Zoos. Hier haben zahlreiche Menschen Blumen, Bilder und Schilder abgelegt. Sie alle trauern um die mehr als 30 Tiere, die in der Silvesternacht bei einem verheerenden Feuer im Tropenhaus des Zoos gestorben sind. „Ich war zuletzt kurz vor Weihnachten mit meiner Enkelin da. Natürlich auch im Affenhaus“, sagt Elke Just, nachdem sie sich wieder ein wenig gefangen hat. „Als ich das am Neujahrsmorgen von meinem Sohn hörte, konnte ich es nicht glauben. Ich hielt es erst für einen schlechten Scherz“.

Doch es ist bittere Realität. Kurz nach Mitternacht muss der Brand in dem 1975 erbauten Tropenhaus ausgebrochen sein. Gegen 0.35 Uhr wird das Feuer von Passanten bemerkt. In der Nähe des Affenhauses führt eine Fußgängerbrücke über das Zoogelände.

„Da war uns klar, da ist nichts mehr zu retten“

„Wir waren innerhalb von fünf Minuten vor Ort“, berichtet Kai Günther, der Einsatzleiter der Krefelder Feuerwehr. „Beim Eintreffen haben wir das Affenhaus schon im Vollbrand vorgefunden. Da war uns klar, da ist nichts mehr zu retten.“ Die Feuerwehr konzentriert sich darauf, ein Übergreifen des Brandes auf die benachbarten Gehege der Gorillas und der Kängurus zu verhindern.

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Zoodirektor Wolfgang Dreßen steht vor der Ruine des 1975 erbauten Affenhauses.

150 Einsatzkräfte kämpfen gegen die Flammen. „Wir haben den Brand so relativ schnell unter Kontrolle bekommen.“

Und dann das Wunder: Feuerwehrleute hören in den Trümmern Geräusche. Ganz offenbar von Tieren. Zusammen mit Tierpflegern kämpfen sich die Feuerwehrleute durch die Betongänge des Versorgungstraktes vor. „Und tatsächlich fanden wir zwei Schimpansen, die den Brand überlebt haben“, sagt Günther. Es sind Bally (ca. 30) und Limbo (etwa 25). Die Tiere werden narkotisiert und in ein freies Gehege im Gorillagarten gebracht. „Sie haben nur leichte Brandverletzungen“, sagt Zoodirektor Wolfgang Dreßen. Er kann es kaum fassen.

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Doch seine Trauer wiegt schwerer. Am Neujahrsmittag geht er langsamen Schrittes durch den menschenleeren, weil geschlossenen Zoo zur Unglücksstelle. Über 30 Tiere in dem 2000 Quadratmeter Tropenhaus konnten dem Flammentod nicht entkommen. Neben den großen Menschenaffen lebten auch kleinere Arten wie das Zwergseidenäffchen oder Sakis in dem Haus. Daneben gab es dort Flughunde und tropische Vögel.

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Bereits am Neujahrsmorgen stellten Anlieger Kerzen auf.

Jetzt steht dort nur noch das Gerippe eines Hauses. Ein Ort, an dem man den Tod riechen kann. Besonders schwer wiegt aber der Verlust der fünf Borneo Orang-Utans, eines westafrikanischen Schimpansen und der zwei Flachland-Gorillas, die nicht im neuen, benachbarten Gorilla-Gehege untergebracht waren. „Das sind alles hochbedrohte Tierarten. Unsere Tiere waren ein wichtiger Teil des weltweiten Zuchtprogramms“, sagt Dreßen. Tot ist zum Beispiel Silberrücken Massa. Er wurde 48, war damit einer der ältesten Zoo-Gorillas der Welt. „Als ich hier in den Zoo kam, war er in seinen besten Jahren. Ich habe ihn altern sehen bis hin zu einem leicht senilen Senior“, sagt Dreßen. Mit ihm starb seine Lebensgefährtin Boma.

Himmelslaternen setzten wohl das Dach in Flammen

„Wir haben Zeugenhinweise bekommen, dass in der Nähe des Zoos in niedriger Höhe sogenannte chinesische Himmelslaternen geflogen sind. Und wir haben in der Nähe des Zoos tatsächlich einige dieser Laternen gefunden“, sagt Gerd Hoppmann, der bei der Krefelder Kripo die Ermittlungskommission zu dem Fall leitet.

Himmelslaternen

Himmelslaternen sind in Deutschland (bis auf Mecklenburg-Vorpommern) verboten, haben aber in China eine 2000-jährige Tradition. Die kleinen Heißluftballons wurden militärisch als Kommunikationsmittel eingesetzt, weil sie über mehrere Kilometer sichtbar waren.

Sie bestehen vorwiegend aus Bambus und Papier. Damit sie in die Luft steigen, wird das Balloninnere mit einer brennbaren Flüssigkeit oder einem mit Wachs getränkten Baumwollstoff erhitzt. Die Gefahr der Entzündung ist groß.

Im Online kann man diese Laternen bestellen, obwohl der Betrieb in Deutschland weitgehend verboten ist. (r.)

Er geht davon aus, dass eine dieser Himmelslaternen auf dem Dach des Tropenhauses landete. Das Feuer in der Laterne dürfte die kunststoffbeschichtete Dachhaut des Hauses in Brand gesetzt haben. Das Plastik brannte schnell lichterloh, sorgte so für das rasche Ausbreiten des Feuers. Die Tiere hatten keine Chance.

„Selbst wenn die Feuerwehr noch schneller dagewesen oder der Brand noch schneller entdeckt worden wäre. Die Retter hätten nicht einfach hineingehen und die Tiere auf den Arm nehmen können“, sagt Zoodirektor Dreßen. Es sind Wildtiere, sie können auch Menschen gefährlich werden.

Am Nachmittag meldeten sich mögliche Verursacher bei der Polizei in Krefeld. Man habe die Personen vernommen und werde ihre Angaben überprüfen, teilten die Ermittler mit. Dem Laternenstarter droht ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Brandstiftung.

Der Zoo bleibt auch am Donnerstag noch geschlossen.

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