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Politisches Motiv möglich
Ukrainische Soldaten getötet – Russe festgenommen

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Neben dem Einkaufszentrum an dem am Samstagabend zwei Männer aus der Ukraine getötet worden sind, haben Menschen Blumen und Plakate niedergelegt. Die beiden getötete Ukrainer waren Armeeangehörige.

Neben dem Einkaufszentrum, an dem am Samstagabend zwei Männer aus der Ukraine getötet worden sind, haben Menschen Blumen und Plakate niedergelegt. Die beiden getötete Ukrainer waren Armeeangehörige.

Nach dem mutmaßlichen Mord an zwei Ukrainern in Oberbayern hat die Generalstaatsanwaltschaft München die Ermittlungen übernommen. 

Im Falle der getöteten ukrainischen Soldaten in Oberbayern hat die Generalstaatsanwaltschaft München die Ermittlungen übernommen. Eine politische Tatmotivation könne nicht ausgeschlossen werden, sagte ein Sprecher der Anklagebehörde am Montagnachmittag und bestätigte damit einen „Spiegel“-Bericht. Konkret zuständig innerhalb der Behörde ist die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET). „Das Motiv der Tat ist derzeit noch unklar, wobei eine politische Tatmotivation nicht ausgeschlossen werden kann und in alle Richtungen ermittelt wird“, teilte die Generalstaatsanwaltschaft München am Montagnachmittag mit.

Die beiden Männer im Alter von 23 und 36 Jahren sind am Samstagabend auf dem Gelände eines Einkaufszentrums in Murnau in Oberbayern getötet worden. Die Polizei nahm kurz darauf einen Mann fest, der als dringend tatverdächtig gilt. Es handelt sich dabei um einen 57 Jahre alten Russen. Die beiden Männer seien nach Kriegsverletzungen zur medizinischen Rehabilitation in Deutschland gewesen, berichteten ukrainische Medien.

Mutmaßlicher Mord an Ukrainern in Murnau: 57-jährige Russe festgenommen

Dass die Generalstaatsanwaltschaft die Ermittlungen an sich zieht, bedeutet nicht, dass zwingend auch eine politische Tatmotivation hinter dem Fall steckt. Laut Polizeiangaben gab es zunächst auch keine Hinweise darauf, dass der russische Angriffskrieg eine Rolle spielte. In Deutschland leben Hunderttausende Ukrainer und Russen.

„Die Motive der Tat müssen genau geklärt werden“, forderte der bayrische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) dennoch gegenüber „Bild“. Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Hebestreit, sprach am Montag von einem „besorgniserregenden Vorfall“, derartige Angriffe könne man in Deutschland nicht dulden. Ukrainerinnen und Ukrainer müssten hierzulande in Sicherheit leben können, fügte Hebestreit an. 

Bundesregierung spricht von „besorgniserregenden Vorfall“

Nach den bisherigen Ermittlungen kannten sich die drei Männer, wie Polizeisprecher Stefan Sonntag sagte. Details müssten noch geklärt werden. Es sei davon auszugehen, dass alle drei Alkohol konsumiert hatten. „Bei dem Tatverdächtigen haben wir eindeutige Anhaltspunkte, dass er alkoholisiert war“, sagte Sonntag.

Neben dem Einkaufszentrum in Murnau am Staffelsee, an dem am Samstagabend zwei Männer aus der Ukraine getötet worden sind, haben Menschen Blumen und Plakate niedergelegt.

Neben dem Einkaufszentrum in Murnau am Staffelsee, an dem am Samstagabend zwei Männer aus der Ukraine getötet worden sind, haben Menschen Blumen und Plakate niedergelegt.

Am Tatort an einem Einkaufszentrum lagen am Montag zahlreiche Blumen und Transparente, am Boden standen Kerzen. „Die Ukrainer des Bezirks trauern zutiefst und verurteilen das Verbrechen!“, war zu lesen, auf einem anderen Plakat stand „Nein – Terrorismus! Nein – Krieg! Nein – Morde! Nein – Tod!“ Daneben fanden sich Bilder der beiden Getöteten und die ukrainische Flagge.

Trauer in Oberbayern nach mutmaßlichem Mord an ukrainischen Soldaten

Gegen den Tatverdächtigen erging bereits am Sonntag Haftbefehl. Einen Bericht des Bayerischen Rundfunks, nach dem der Tatverdächtige die Tat eingeräumt hat, bestätigte der Polizeisprecher zunächst nicht. Eine Blutspur bis zu seiner Wohnung soll die Beamten zu dem Tatverdächtigen geführt haben, in seiner Wohnung sei der Russe dann festgenommen worden, berichtete „Bild“ unterdessen. 

Zu den Verletzungen der beiden Getöteten, die dem Vernehmen nach in Murnau behandelt wurden, äußerte sich die Polizei unterdessen ebenfalls nicht. Es gehe hier um Persönlichkeitsrechte. Medienberichten zufolge sollen die beiden Ukrainer mit einem Messer an Kopf und Hals attackiert worden sein. 

Ukraine fordert „ganze Härte des Gesetzes“ gegen tatverdächtigen Russen

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hatte seine Diplomaten angewiesen, den Fall besonders im Blick und den Kontakt zu den Sicherheitsorganen Deutschlands zu halten, damit der Verdächtige nach der ganzen Härte des Gesetzes bestraft werde, hieß es am Sonntagabend. Kuleba dankte den deutschen Behörden für die Festnahme des 57 Jahre alten Verdächtigen, wie das Internetportal „Ukrajinska Prawda“ berichtete.

In der Ukraine wurde zunächst noch geklärt, in welchen Einheiten die Männer gedient hätten, hieß es in den Medienberichten aus Kiew. Es werde auch Kontakt zu den Angehörigen aufgenommen. Die Männer hatten im Landkreis Garmisch-Partenkirchen gelebt. Sie starben den Ermittlern zufolge an Stichverletzungen – der ältere der beiden direkt am Tatort, der jüngere kurze Zeit später in einem Krankenhaus.

Russisches Generalkonsulat bezweifelt Nationalität: „Keine Bestätigung dafür“

Russland reagiert schließlich am Montagnachmittag auf die Ermittlungen in Deutschland. „Das Generalkonsulat hat keine Informationen über die Inhaftierung eines russischen Staatsbürgers im Zusammenhang mit den in den Medien erwähnten Ereignissen erhalten“, teilte das russische Generalkonsulat in Bonn nach einem Bericht der russischen staatlichen Nachrichtenagentur Ria mit. „Derzeit gibt es keine Bestätigung dafür, dass der Verdächtige überhaupt die russische Staatsbürgerschaft besitzt.“

Es gebe „Hunderttausende russischsprachige Bürger, die keine russischen Staatsbürger sind“, sowie „diejenigen, die zwei Staatsbürgerschaften besitzen“ und ihren ständigen Wohnsitz in Deutschland hätten, erklärte das Generalkonsulat zudem. „Die örtlichen Behörden erkennen solche Personen nur als deutsche Staatsbürger an“, hieß es weiter. Die Angelegenheit wolle man nun im Blick behalten. Sollte der Tatverdächtige jedoch den Wunsch nach konsularischer Hilfe äußern, sei das Generalkonsulat dazu bereit. 

In der Vergangenheit war es bereits zu ähnlichen Fällen in Deutschland gekommen. So hatte zuletzt Mitte März ein Fall in Hockenheim für Aufsehen gesorgt, bei dem zwei Ukrainerinnen getötet worden waren. Zwei Tatverdächtige wurden festgenommen, Berichten zufolge soll es sich auch in diesem Fall um ein russisches Paar gehandelt haben, dass das nur wenige Wochen alte Baby einer der beiden Ukrainerinnen entführt haben soll. Die andere Getötete war die Großmutter des Säuglings. (mit dpa)

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