Mit Tatendrang gegen KrisenDiese 12 Menschen haben 2023 viel vor

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Bilder-Kombination: Louis Klamroth und Luisa Neubauer blicken in die Kamera

Einsatz fürs Klima: Louis Klamroth und Luisa Neubauer

Auch 2023 wird es wohl Baustellen auf allen Gebieten geben. Da braucht es viel Tatkraft und Gestaltungswillen. Auf diese Menschen wird es dabei - unter anderem - ankommen.

Dass Olaf Scholz, Robert Habeck, Annalena Baerbock und Karl Lauterbach wichtig werden, um große Krisen zu lösen, ist klar. Gleiches gilt für Hendrik Wüst und Mona Neubaur auf NRW-Ebene. Hier versammeln wir Menschen, die 2023 ebenfalls wichtig werden: weil sie auf einen Erfolg hoffen können, weil sie große Herausforderungen und Probleme lösen müssen, weil sie unsere Gesellschaft positiv verändern oder weil sie einen neuen Job antreten.

Ricardo Simonetti

Der Moderator Riccardo Simonetti lächelt in die Kamera.

Entertainer und Aktivist: Riccardo Simonetti

Ein offen schwuler Moderator mit langen Haaren, der sich gerne schminkt und seine Vorliebe für Mode auslebt. Was vor Jahren noch undenkbar im deutschen Fernsehen gewesen wäre, ist seinetwegen zum Glück zur Normalität geworden. Ein Geheimtipp ist Riccardo Simonetti nämlich schon lange nicht mehr. Der Entertainer und Aktivist war im Jahr 2022 sehr umtriebig.

Mit „Glow Up“ (ZDFneo) und „Salon Simonetti“ (WDR) starteten gleich zwei neue Shows mit ihm als Gastgeber. Doch das war ganz sicher noch nicht alles, was wir im Fernsehen von ihm sehen werden. Simonetti ist nicht nur schlagfertig und unterhaltsam, er setzt sich auch seit Jahren für die Rechte und Sichtbarkeit der LGBTQ-Community ein. Dabei ist er trotz aller Anfeindungen, die er persönlich allzu oft erleben muss, immer freundlich und respektvoll. (amb)

Florian Wirtz

Fußballer Florian Wirtz liegt verletzt am Boden.

Will nach seiner schweren Verletzung seine Karriere so stark fortsetzen, wie er sie begonnen hat: Florian Wirtz

Nach dem schwierigsten Jahr seines jungen Sportlerlebens beginnt 2023 für Florian Wirtz mit dem schönen Gefühl: Ich kann wieder Fußball spielen. Das hat dem 19-Jährigen neun Monate lang gefehlt, nachdem er sich im Derby gegen seinen Jugendverein 1. FC Köln am 13. März das Kreuzband des linken Knies gerissen hatte. Deshalb verpasste Wirtz den Rest des Fußball-Jahres und auch die WM in Katar. Die Krisen seines Klubs Bayer 04 Leverkusen und der deutschen Nationalmannschaft sind ein starkes Indiz dafür, dass der 19-Jährige mit seinem Ballgenie gefehlt hat.

In seinen 78 Profi-Spielen für Bayer 04 war der gebürtige Pulheimer an jedem zweiten Tor des Werksklubs direkt beteiligt. Wie der schmächtige Mittelfeldspieler Instinkt, Technik und Furchtlosigkeit vereinigt, verblüfft alle. Selbst erfahrene Physiotherapeuten lobten die Akribie, mit der er in der Reha daran gearbeitet hat, wieder fit zu werden. „Ich werde zu einhundert Prozent wieder der Alte sein“, sagt Florian Wirtz, „und ich werde wieder meinen Spaß auf dem Platz haben.“ Man wird ihm bei Bayer 04 Leverkusen und der Nationalelf gern dabei zuschauen. (FN)

Dorothee Feller

Dorothee Feller, Bildungsministerin in Nordrhein-Westfalen, lächelt in die Kamera.

Dorothee Feller, Bildungsministerin in Nordrhein-Westfalen.

Unsere Gesellschaft ist gut daran, sich aufzuregen – der Begriff „Empörungskultur“ ist sprichwörtlich geworden, auch und gerade in der Politik. Ein besonders heiß umkämpftes Feld auf Länderebene ist die Bildungspolitik, und als die neue Schulministerin von Nordrhein-Westfalen, Dorothee Feller, im Sommer ihr Amt antrat, waren die Verwüstungen nach zwei Jahren Corona-Pandemie mit Schulschließungen und mangelhafter Digitalisierung besonders groß.

Feller setzte der Aufregung demonstrative Ruhe entgegen. Die Vergangenheit der Christdemokratin als Verwaltungsjuristin und auch ihre Ankündigung, den Schulfrieden wiederherstellen zu wollen, ließ die Opposition zwar argwöhnen, nun ziehe bürokratische Bedächtigkeit im Düsseldorfer Bildungsministerium ein. Doch im Schulalltag schlägt sich Fellers Absage an jeglichen Aktionismus in einer Sachlichkeit nieder, die alle als wohltuend empfinden. (FO)

Martin Sander

Martin Sander, neuer Chef des Kölner Autobauers Ford, schaut in die Kamera.

Martin Sander, neuer Chef des Kölner Autobauers Ford

Martin Sander, neuer Chef des Kölner Autobauers Ford, dürfte ein Jahr mit vielen Herausforderungen bevorstehen. Die wohl Erfreulichste für den ehemaligen Audi-Manager: Ab der zweiten Jahreshälfte wird der erste E-Ford in Köln vom Band laufen. Dafür wird das Gelände seit Monaten ertüchtigt. Ein zweites Modell soll 2024 an den Start gehen. Insgesamt zwei Milliarden Dollar investiert der US-Mutterkonzern dafür am Rhein.

Die E-Modelle erfolgreich am Markt zu positionieren und insgesamt die Transformation zur E-Mobilität voranzutreiben, werden zentrale Aufgabe des Ford-Chefs sein. Schwierig bleibt die Lage im zweiten Werk in Saarlouis mit 4500 Beschäftigten. Nach der Hiobsbotschaft, dass der Focus eingestellt wird, gibt es keine Lösung. Man stehe mit Investoren in Verhandlungen, heißt es. (cos)

Düzen Tekkal

Düzen Tekkal schaut lächelnd in die Kamera.

Informiert unermüdlich über die Proteste im Iran: Düzen Tekkal

Seit über drei Monaten protestieren die Menschen im Iran und auf der ganzen Welt, sie fordern den Sturz des Mullah-Regimes. Eine, die unermüdlich über diese Revolution und ihre Ursprünge informiert, ist die Journalistin und Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal. Sie wird zurecht als „Brückenbauerin“ bezeichnet. Die Tochter aus einer kurdisch-jesidischen Großfamilie baut ihre Brücken immer wieder dorthin, wo viele nicht hinschauen wollen. Es ist unter anderem Tekkal zu verdanken, dass das Ausmaß des Völkermordes an den Jesidinnen und Jesiden durch den „Islamischen Staat“ auch hierzulande öffentlich wurde.

Sie war eine der ersten, die nach der erneuten Machtergreifung der Taliban vor der massiven Einschränkung der Frauenrechte und einem Anstieg der Gewalt gegen Afghaninnen gewarnt hat. Mit ihrer Organisation „Hawar.help“ und auch mit Initiativen wie „GermanDream“ klärt sie zusammen mit ihren Schwestern nicht nur über Menschenrechtsverletzungen in anderen Ländern auf, sondern setzt sich auch für eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in Deutschland ein. Für all das wurde sie vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz. Und gilt als eine der wichtigsten Stimme für Integration, von der wir noch viel hören möchten. (eul)

Ascan Egerer

Kölns Verkehrsdezernent Ascan Egerer lächelt in die Kamera.

Kölns Verkehrsdezernent Ascan Egerer hat viele Aufgaben vor sich.

Die Entscheidung, ob die Kölner Innenstadt einen neuen Tunnel bekommt oder nicht, wird im Jahr 2023 entweder fallen oder entscheidend vorbereitet. Fachlich verantwortlich für die verkehrspolitisch wichtigste Frage der vergangenen Jahre ist das Dezernat von Ascan Egerer, der seit anderthalb Jahren bei der Stadt Köln arbeitet. Die Grünen haben alles auf Egerer gesetzt, um die schleppende Verkehrswende endlich voranzutreiben.

Und zwar nicht nur mit Symbolthemen wie der autofreien Ehrenstraße oder der Fußgängerzone auf der Deutzer Freiheit, auch Großprojekte wie den Ausbau der Bahnkapazitäten auf der Ost-West-Achse und die Umgestaltung des Barbarossaplatzes wird Egerer nun ins Auge fassen müssen. Und auch im Stadtrat nimmt der Dezernent eine wichtige Rolle ein. Denn an seinen Themen zerstreitet sich das Bündnis aus Grünen und CDU ständig. Vor allem die Christdemokraten beäugen das Auftreten Egerer oft kritisch und fürchten, dass die Grünen das Auto über sein Verkehrsdezernat schneller vertreibt, als es der eigenen Wählerschaft lieb ist. (pg)

Linda Mai

Linda Mai mit einem Medizinrucksack zur Erstversorgung Verletzter.

Linda Mai ist Vorsitzende des Deutsch-Ukrainischen Vereins „Blau-Gelbes Kreuz“

„Meine Heimat brennt.“ Diesen Satz sagte Linda Mai Anfang März, im ersten Artikel, in dem der „Kölner Stadt-Anzeiger“ sie zitiert hat. Mehr als ein Dreivierteljahr später ist dieser Satz leider immer noch wahr. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ist weiterhin in vollem Gange.

Angriffe auf die Zivilbevölkerung, auf die Infrastruktur, Völkerrechtsverbrechen finden tagtäglich statt. Und werden es aller Voraussicht nach noch eine lange Zeit. Deshalb braucht es auch in 2023 Menschen wie Linda Mai. Die Vorsitzende des Deutsch-Ukrainischen Vereins „Blau-Gelbes Kreuz“ setzt sich jeden Tag für Geflüchtete aus der Ukraine sein. Sammelt mit dem Verein Tonnen an Hilfsgüter, die an die polnisch-ukrainische Grenze gebracht werden, vermittelt Wohnraum für Menschen, die in Köln ankommen, ist Ansprechpartnerin für unzählige Leute, macht immer wieder darauf aufmerksam, dass die Ukraine weiterhin unsere Hilfe benötigt. Henriette Reker, Hendrik Wüst, Olaf Scholz sind nur einige der Menschen, die Linda Mai 2022 getroffen hat. Doch ihre schier unerschöpflich scheinende Energie wird 2023 auch wieder den Menschen zugutekommen, die sie am meisten brauchen: den Geflüchteten aus der Ukraine. (awe)

Prinz Boris

Karnevalsprinz Boris trägt ein Schiffchen und lächelt in die Kamera.

Organisierter Karneval feiert 200. Geburtstag: Boris Müller ist Prinz Boris I.

Boris Müller wird in seiner Rolle als Prinz Boris I. das Gesicht der Session 2023 werden, in der der organisierte Karneval seinen 200. Geburtstag feiert. Mit seinen langjährigen Freunden Marco Schneefeld und André Fahnenbruck wird Müller ab der Proklamation am kommenden Samstag im Gürzenich als Kölner Dreigestirn bei mehr als 400 Auftritten durch Sitzungssäle, Schulen, Kitas und Seniorenheime ziehen. In der wohl ersten Session ohne Einschränkungen seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie will er den Kölnern ihren Karneval zurückbringen. Keine leichte Aufgabe, auch wenn sich die Kartenverkäufe für Sitzungen und Partys nach anfänglicher Stagnation weitgehend normalisiert haben.

Höhepunkt soll der erstmals im rechtsrheinischen Deutz startende Rosenmontagszug werden, der mit dem Wagen von Prinz Boris I. in der illuminierten Severinstraße endet. Boris Müller (45), ist verheiratet, lebt in Rodenkirchen und arbeitet als Immobilienverwalter. Seit 2001 ist er bei den Roten Funken, Spitzname „Jereech“. Er gilt als eloquent und sehr bühnentauglich und begeisterte nicht nur sein Korps mit Auftritten als Helene Fischer oder als „Doof Nuss“ Hans Hachenberg. An ein eigenes Lied wolle man sich nicht wagen, aber „ich will meine Redner-Erfahrung nutzen“, so Müller. (stef)

Louis Klamroth und Luisa Neubauer

Louis Klamroth und Luisa Neubauer

Einsatz fürs Klima: Louis Klamroth und Luisa Neubauer

Das wäre dann doch zu schön gewesen: Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer wird in die Polit-Talkshow „Hart aber fair“ eingeladen und sitzt dort ihrem Lebenspartner Louis Klamroth gegenüber, der das ARD-Format zum Jahreswechsel von Frank Plasberg übernimmt. Diese Liebesbegegnung hätte nicht nur die um bürgerliche Traumpaare stets verlegene Regenbogenpresse in Feststimmung versetzt, sondern auch jene, die im Ersten vor allem einen Propagandasender für die Klimawende und andere „wache“ politische Anliegen sehen.

An den Argumenten der deutschen „Fridays for Future“-Statthalterin reiben sich die Klimaskeptiker besonders gerne, da wäre auch der neutrale Beobachter gespannt gewesen, wie Klamroth das moderiert. Allerdings hat er bereits angekündigt, dass es zu dieser Konstellation nicht kommen wird. Hoffen darf man trotzdem auf dieses Politpaar: Weder wird die Klimakrise verschwinden noch der Bedarf an fruchtbaren Debatten sinken. (KoM)

Christine Lagarde

EZB-Chefin Christine Lagarde lächelt in die Kamera.

Als erste Frau an der Spitze der Europäischen Zentralbank: Christine Lagarde

Sie ist die erste Frau an der Spitze der Europäischen Zentralbank, vorher war sie die erste Frau, die den Internationalen Währungsfonds IWF leitete. Sie war die erste Finanzministerin eines G7-Staates und war zweimal laut Forbes die zweitmächtigste Frau der Welt. Im neuen Jahr steht die Französin vor einer gigantischen Aufgabe. Mit Augenmaß muss sie die Inflation in der Eurozone in den Griff kriegen.

Dazu dürfte sie weiter an der Zinsschraube drehen und die Leitsätze erhöhen. Das ist ein Ritt auf der Rasierklinge. Ist sie zu zaghaft, bleibt die Inflation weiter bei zehn Prozent oder mehr und breite Massen verlieren real Einkommen und Vermögen – mit dem Risiko sozialer Unruhen. Dreht sie zu stark, würgt sie die Wirtschaft ab, weil die sich keine Kredite mehr leisten kann. Lagarde hat 2023 eine Herkulesaufgabe vor sich. (tb)

Lea Meyer

Lea Meyer

Leichtathletin Lea Meyer hat ein bewegtes Jahr 2022 hinter sich.

Andere Athletinnen und Athleten brauchen eine Karriere lang, um zu erleben, was Lea Meyer in einem einzigen Jahr erlebt hat. Die 3000-Meter-Hindernisläuferin musste Ende Januar mit dem Tod ihres Trainers und Mentors Henning von Papen klarkommen, der ihre Karriere bis dahin maßgeblich beeinflusst hatte. Im Juni wurde sie im Trikot des ASV Köln Deutsche Meisterin, um nur wenige Wochen später bei der WM in Eugene/Oregon zum Sinnbild einer enttäuschenden deutschen Leichtathletik zu werden.

Wegen eines Fehltritts stürzte Lea Meyer kopfüber in den Wassergraben. Obwohl sie bei diesem spektakulären Unfall unverletzt blieb und das Rennen tapfer beendete, war sie fortan das Symbol des missglückten Auftritts des DLV-Teams. Und als sich alle auf die Europameisterschaften in München freuten, erwischte Lea Meyer das Coronavirus. Niemand erwartete viel von dieser EM und vor allem von ihr. Völlig unverhofft wurden die Spiele im Olympiastadion von 1972 zu einem emotionalen Spektakel – und Lea Meyer rannte in einem fulminanten Schlussspurt zur Silbermedaille. „Die Massen haben mich getragen“, freute sich die Lehramtsstudentin der Uni Köln. Für 2023 ist sie das Symbol der Unbeugsamkeit. Ihr Motto: „Wenn ich dreimal hinfalle, stehe ich das vierte Mal wieder auf.“ (FN)

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