Polizeieinsätze immer häufiger tödlichMindestens 18 Tote in Armenviertel von Rio

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Anwohner haben aus Protest gegen einen Polizeieinsatz in der Favela Complexo do Alemao Reifen angezündet.

Rio de Janeiro – Bei einem Polizei-Einsatz in einem der größten Armenviertel der brasilianischen Metropole Rio de Janeiro sind mindestens 18 Menschen getötet worden. Davon seien 16 mutmaßliche Kriminelle gewesen, teilte die Polizei am Donnerstagabend (Ortszeit) mit. Bei einem der beiden anderen Opfer handelte es sich demnach um einen Polizisten. Das brasilianische Nachrichtenportal „G1“ berichtete zudem von einer getöteten Bewohnerin des „Complexo do Alemão“ im Norden Rios.

Ziel der Aktion in dem aus mehreren Favelas bestehenden Komplex mit rund 70 000 Bewohnern war demnach eine Bande, die Fahrzeug- und Frachtdiebstähle begangen sowie Banken überfallen haben soll. Es wäre ihm „lieber gewesen, sie hätten nicht reagiert, aber leider haben sie es bevorzugt, die Polizei anzugreifen“, sagte Polizeisprecher Ronaldo Oliveira bei einer Pressekonferenz.

Zudem hätten Kriminelle mit Barrikaden versucht, die Polizei zu behindern. Der Einsatz hatte am frühen Morgen begonnen, an die 400 Polizisten - unterstützt von vier Helikoptern und zehn gepanzerten Fahrzeugen - waren beteiligt. Augenzeugen berichteten in sozialen Medien von heftigen Schusswechseln. In einem Video der auf Nachrichten aus den Favelas spezialisierten „Voz das Comunidades“ war zu sehen, wie Bewohner weiße Tücher schwenkten.

Jair Bolsonaro: Polizisten, die im Einsatz Menschen töten, sollen nicht belangt werden

Im Juli 2020 hatte der Oberste Gerichtshof in Brasília Polizei-Einsätze in Favelas während der Corona-Pandemie ausgesetzt. Diese sind nur in „absoluten Ausnahmefällen“ erlaubt. Der oberste Gerichtshof in Brasília entschied, dass die Regierung von Rio de Janeiro Maßnahmen ergreifen müsse, um die Tödlichkeit von Polizeieinsätzen zu verringern.

Der im Mai vergangenen Jahres ins Amt eingeführte Gouverneur Claudio Castro ist ein Verbündeter von Jair Bolsonaro. Brasiliens rechter Präsident spricht sich dafür aus, dass Polizisten nicht juristisch belangt werden können, wenn sie im Einsatz Menschen töten. Drei der vier Polizeieinsätze in Rio mit den meisten Toten ereigneten sich in den vergangenen 14 Monaten. Im Mai waren bei einem Polizei-Einsatz in dem Armenviertel Vila Cruzeiro in Rio 24 Menschen ums Leben gekommen. Vor mehr als einem Jahr hatten Polizisten beim blutigsten Einsatz in Rios Geschichte in der Favela Jacarezinho sogar mindestens 28 mutmaßliche Mitglieder von Drogenbanden getötet.

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Mächtige Banden ringen in den Armenvierteln um Kontrolle bei Drogenhandel und Schutzgeldgeschäften. Die Gewalt schwappt immer wieder auch auf andere Teile Rios über und trifft Unbeteiligte. 2021 töteten Sicherheitskräfte in dem südamerikanischen Land mehr als 6000 Menschen, wie aus einem Gewaltmonitor hervorgeht, der vom Nachrichtenportal „G1“, dem Brasilianischen Forum für öffentliche Sicherheit und der Universität von São Paulo betrieben wird. (dpa)

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