Porträts der GenerationenIch als Mann zwischen 10 und 100 Jahren

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90 Jahre: Gerhard Schauerte, Verkäufer i.R. aus Bergisch Gladbach

90 Jahre: Gerhard Schauerte, Verkäufer i.R. aus Bergisch Gladbach

Köln – Das Rollenbild des Mannes hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten stark verändert – und damit auch seine Lebenslagen. Bis dahin war er ewige Zeiten der Held: als Patriarch zu Kaiserzeiten, mutiger Soldat im Ersten Weltkrieg, rassenreiner Athlet zur Nazizeit, der Arbeiterheld, Anpacker und Aufbauer der Nachkriegsjahre. Immer: der Ernährer, Beschützer, Ansager. Er besitzt den Führerschein, er verdient das Geld, er entscheidet – bis Emanzen in den 70er Jahren an dem Idealbild des Helden, an seiner privilegierten Position rütteln und das alte Rollendenken gehörig in Frage stellen. Plötzlich ist der Patriarch tabu, der Held unnütz und der Macho out. Spätestens seit den 80er Jahren gibt es keine starren Rollenbilder mehr für den Mann – dafür die große Krise? Ein Nachdenken darüber, über die Rolle des Mannes, seine Position im Geschlechterverhältnis setzt sich unvermindert fort. In der Wissenschaft. In den Medien. Und in unserer Region: Männer zwischen 10 und 100 denken laut über ihr Mannsein nach.

10 Jahre: Cem Demmer, Viertklässler aus Köln-Mülheim

„Ich mag nur Mädchen, die Fußball spielen“

„Typisch für Jungs ist, dass sie viele coole Sportarten machen: Fußball, Basketball oder American Football. Ich spiele seit einem Jahr American Football bei den Cologne Crocodiles. Da bin ich in der U-11-Mannschaft. In den USA ist das der größte Teamsport. Am besten gefällt mir, wenn wir uns gegenseitig zu Boden reißen und dreckig machen. Meine Vorbilder sind der American Football-Spieler Aaron Rodgers und meine Mama. Ihr gebe ich auch gerne einen Kuss. Sonst finde ich Küssen doof. Manchmal wollen das die Mädchen in unserer Klasse. Einmal habe ich einen Jungen auf dem Schulhof vor so einem kusswütigen Mädchen gerettet: Die ist drei Runden hinter ihm hergerannt und er war schon total außer Atem. Da hab ich ihn hochgehoben und weggetragen. Manche Mädchen benutzen auch Lippenstift, das ist nervig. Die Lehrer sind manchmal strenger zu uns Jungs. Ich glaube, das liegt daran, dass wir mehr Terror machen. Ein typisches Mädchen-Hobby ist Tanzen. Ich mag eigentlich nur Mädchen, die Fußball spielen. Aber viele trauen sich nicht, auf dem Schulhof mit uns Jungs zu kicken. Die wissen einfach, dass wir die besseren Taktiken haben. Ich interessiere mich auch für Flugzeuge. Später möchte ich Pilot werden. Ich hab gehört, dass Frauen früher nicht arbeiten gehen durften. Ich finde gut, dass das heute anders ist und sich jeder seinen Beruf selbst aussuchen kann.“ (as)

20 Jahre: Saiffi Ayadi, Student aus Leverkusen

„Ich möchte gerne eine Familie versorgen können“

„Wie es ist, ein Mann zu sein, finde ich schwer zu sagen, denn ich fange gerade erst an, einer zu sein. Ich bin dabei, erwachsen zu werden. Im Moment finde ich alles gut so, wie es ist. Ich mag mein Studentenleben sehr. Ich habe aber eine genaue Vorstellung davon, wie ich als zukünftiger Mann sein will. Ich möchte gerne eine Familie versorgen können. Das war immer schon mein Ziel, selbst als kleiner Junge. Ich denke, das hat mit meinem Vater zu tun, der für mich ein großes Vorbild ist. Er ist als 18-Jähriger aus Tunesien nach Deutschland gekommen und hat hier aus dem Nichts etwas aufbauen können. Davor habe ich wirklich großen Respekt. Auch wenn Männer heute nicht mehr der alleinige Ernährer sein müssen und es die Gesellschaft vielleicht auch nicht mehr erwartet: ich spüre diesen Druck. Ja, Frauen sind heute häufig gebildeter als Männer, verdienen vielleicht auch mehr. Aber ich weiß doch nicht, in wen ich mich verliebe. Deshalb will ich wissen, dass ich theoretisch meiner Familie alles geben kann, was sie braucht. Wenn ich etwas an Männern mag, dann ist es dieses Verantwortungsbewusstsein. Natürlich finde ich auch sportliche Männer gut. Ich glaube, es ist schon wichtig für uns junge Männer, möglichst durchtrainiert zu sein. Zumindest versuche ich immer, daran zu arbeiten. Was ich an Frauen besonders mag, ist ihre Schönheit und ihre Freundlichkeit. Natürlich sind sie viel mehr als das. Ich habe zum Beispiel eine Schwester, die auf eigenen Beinen steht. Eine solche Frau würde ich jedem Mann wünschen.“ (ihe)

30 Jahre: Alexander Schabel, Betriebswirt aus Köln

„Mit 20 hatte man noch Narrenfreiheit“

„30 ist ein tolles Alter, ich fühle mich sehr wohl damit, auch damit, Mann zu sein. Ich habe das Gefühl, noch so viele Möglichkeiten zu haben – beruflich wie privat – und die Welt verändern zu können. Daraus ziehe ich viel Energie. So langsam kommt auch die Verantwortung auf einen zu. Mit 20 hatte man noch Narrenfreiheit, jetzt wird von einem verlangt: Kümmer’ dich um essenzielle Entscheidungen. Treffe sie bewusst. Immerhin werden die Entscheidungen von uns 30-Jährigen die nächsten Jahrzehnte beeinflussen. Da muss man bewusst agieren, auch mal Dinge verhindern, um zum Beispiel unser Wirtschaften zukunftsfähig aufzustellen. Das kann einen auch unter Druck setzen, aber ich sehe es hauptsächlich als Herausforderung. Zwar lebe ich in einer Generation, in der Frauen und Männer sich gleich behandeln, aber den gesellschaftlichen Druck, dass der Mann der Versorger zu sein, für Sicherheit und Stabilität zu sorgen hat, spüre ich unterschwellig schon ab und zu. Auch im Freundeskreis eifern einige Männer diesem traditionellen Rollenbild nach, wenn es zum Beispiel um den Hausbau oder große Anschaffungen geht. Klar, das Männerbild von 30-Jährigen ist heute eindeutig nicht mehr das, was es einmal war: PS-Geprotze und Machotum sind out, Sinnhaftigkeit ist gefragt, und das ist auch gut so. Trotzdem beobachte ich immer wieder, dass Männer mit dem neuen Männerbild und den daraus resultierenden Erwartungen nicht zurechtkommen und deshalb versuchen, sich mit dem alten Männerbild zu profilieren. Dieses grölende, durch die Straßen ziehende Männervolk schreckt mich ab. Was ich an Frauen nicht verstehe, aber seit einem Jahrzehnt beobachte: Kurz vor dem Verlassen der Wohnungstür noch einmal die Garderobe zu überdenken – und komplett zu wechseln. Was ich mir wünsche? Eine Gesellschaft, in der Frauen und Männer tatsächlich und nachweisbar gleichberechtigt sind. Vor allem in der Berufswelt ist immer noch vieles männerorientiert und damit unfair. Wie die Dinge organisiert sind zum Beispiel oder wie Tätigkeiten entlohnt werden.“ (kro)

40 Jahre: Achim Rühl, Pilot aus Köln

„Ich bin gerne Mann“

„Mein Verständnis von Männlichkeit ist eng verbunden mit dem Coming-out als schwuler Mann. Ich war konfrontiert mit klassischen Aspekten von Männlichkeit und Klischees von Schwulen und der Frage, wie man in der Öffentlichkeit auftritt. In einer Öffentlichkeit, in der effeminierte Männer eher als schwächlich gelten. Dann bin ich auch noch auf einem Schulhof groß geworden, wo sich die Jungen nicht einmal die Hand gegeben haben. Letztlich ging es für mich darum, ein schwules Selbstbewusstsein zu entwickeln, mich nicht mehr darum zu scheren, was andere denken. Das habe ich geschafft. Bei der Partnersuche spielen in der Tat gewisse traditionelle äußerliche Eigenschaften eine große Rolle. Das führt in der Szene manchmal zu einer Überbewertung von Sportlichkeit und einem bestimmten männlichen Habitus. Ein Beispiel: Ich war zu Karneval einmal als Frau unterwegs, was in der Szene vereinzelt zu Kritik geführt hat. Ich habe den Eindruck, jemand, der dieses Rollenspiel zu oft macht, verliert unter schwulen Männern tatsächlich an Attraktivität. Richtige Vorbilder hatte ich nicht. Mein Vater, ja: Ihn schätze ich sehr, weil er in Krisen psychische Stärke bewiesen und mir in meinem Leben einiges leichter gemacht hat. Aber ich finde es auch wichtig, als schwuler Mann schwule Männer zum Vorbild zu haben. Deshalb bedaure ich den Verlust einer ganzen Generation durch Aids. Darunter waren Vorkämpfer einer Bewegung, die anderes wollten und taten, als nur heterosexuelle Beziehungsmodelle zu kopieren. Da ist einiges an weiterführenden Ideen verloren gegangen. Ich selber bin gerne Mann. Und das ist manchmal mit schlechtem Gewissen verbunden. Wer offenen Auges durch die Welt geht, sieht, dass Frauen benachteiligt werden. Sie fehlen in Machtpositionen, werden häufig schlechter für denselben Job bezahlt und können mitunter im Alltag nicht ihr gesamtes Potenzial entfalten. Nun bin ich nicht der typische Frauenversteher, aber ich habe eine Nichte, die mir so ans Herz wächst, dass ich einen ganz neuen Bezug zu Frauen bekomme. Dafür bin ich sehr dankbar.“ (ihe)

50 Jahre: Peter Türk, Werkzeugmacher und Reitstallbesitzer aus Odenthal-Altenberg

„30 Jahre bis zur Rente“

„Wenn mich jemand fragt, wie es mir mit meinem Alter geht, sage ich schon seit vielen Jahren: 30 Jahre bis zur Rente. Was ich damit meine ist, ob 50, 40 oder 30 Jahre, ich merke da keinen Unterschied. Ganz egal, ich gehe meinen Weg – durch die Männer- wie die Frauenwelt. Beruflich hatte ich es als Werkzeugmacher fast ausschließlich mit Männern zu tun, auch wenn ich mir immer eine Auszubildende gewünscht habe. Wär mal ’ne Abwechslung gewesen in diesem Männerhaufen. Noch heute sind Frauen sehr rar in diesem Berufszweig. Dafür habe ich mein Hobby – und jetzigen Zweitberuf – auf eine Frauendomäne verlegt: Reiten. Da sind Männer noch weit im Hintertreffen, vor allem Dressurreiter. Böse Zungen nennen sie Sattelquetscher. Auch wenn ich zu dickhäutig bin, um zu unterscheiden, was typisch männlich, was typisch weiblich ist, dann trifft doch mein zweiter Lieblingsspruch eher auf Männer zu: Schwätzer sind schlimmer als Stümper. Die meisten Frauen sind da etwas zurückhaltender. Dafür haben Männer mehr Humor als Frauen, können auch mal ein hartes Wort, Kritik vertragen. Frauentypen unterscheide ich gerne in Pferdefrauen und Pferdeuschis. Pferdefrauen sind nicht gleich eingeschnappt und setzen Kritik auch mal um. Pferdeuschis sind Besserwisser, die das Reiten neu erfinden und gegebenenfalls zur Krönung ihr Pferd noch auspendeln. Das klingt jetzt etwas hart, aber der direkte Umgang mit meiner Meinung war schon immer mein größtes Problem. Spaß beiseite: Wichtig ist mir, meine Mitmenschen respektvoll zu behandeln – egal ob Frau oder Mann.“ (kro)

60 Jahre: Volker Fasbender, Vertriebsleiter aus Odenthal-Osenau

„Wir Kerle kümmern uns traditionell wenig um Vorsorge“

„Ich bin kein typischer Mann, wenn es um Männerrituale geht. Ich interessiere mich nicht für Fußball, bin weder im Kegelclub noch Mitglied einer Skatrunde. Tatsächlich unternehme ich viel mit meiner Frau. Da ich beruflich viel unterwegs bin, genießen wir die Zeit zusammen und brauchen keinen Freiraum vom Partner. Mann zu sein mit 60 bedeutet für mich, mich um meine Gesundheit zu kümmern. Vorsorge ist wichtig, gerade weil wir »Kerle« uns traditionell eher wenig darum kümmern. Das hat ja auch mit Verantwortung zu tun. Insgesamt glaube ich, dass alte Rollenklischees heute überholt sind, obwohl sie gerade in der Berufswelt häufig anzutreffen sind. Da gibt es sie noch, die Alpha-Männchen. Die, die im Flughafen-Bus ihr Büro anrufen müssen und die Sekretärin lautstark zusammenfalten, damit ja alle mitkriegen, wie wichtig sie sind. Diese Aufgeblasenheit und Profiliersucht ist mir zuwider. Obwohl manche Frauen offensichtlich immer noch darauf anspringen. Die alten Muster von der schwachen Frau und dem starken Mann verfangen hier und da noch. Ist vielleicht genetisch... Ich frage mich immer, wie diese Alpha-Typen dann privat sind. Mir ist es lieber, meiner Frau auf Augenhöhe zu begegnen. Da wir kinderlos sind, waren bei uns klassische Rollenverteilungen nie ein Thema. Ich möchte – und habe – eine Frau, die mich fordert, die sich einbringt, Ideen hat. Außerdem sollte sie attraktiv aussehen. Sonntags im Feinripp auf dem Sofa, das kommt bei uns nicht vor. Ein gewisses Niveau in Umgang und Sprache ist uns beiden wichtig. Wir essen ja auch nicht nur im Restaurant mit Servietten.“ (lio)

70 Jahre: Achim Kunz, Soldat i.R. aus Köln

„Ein wenig Eleganz schadet nicht, weder bei der Frau noch beim Mann“

„Ich stamme aus dem Osten und bin in einer Zeit groß geworden als viele Frauen gearbeitet haben, weil die Männer im Krieg waren. Schon meine Oma war ab 1914 bei der Eisenbahn. Den gängigen Rollenklischees war ich also nie ausgesetzt, habe auch nicht viel für sie übrig. Meine Berufswahl war nicht geplant, hat sich aber so ergeben: ich ging zum Militär. 40 Jahre in Uniform prägen. Bis heute ist mir sehr wichtig, ordentlich gekleidet zu sein und langhaarige oder zottelbärtige Männer finde ich schlimm. Auch bei Frauen finde ich es gut, wenn sie gepflegt sind. Warum tragen Frauen keine Röcke mehr? Nicht mal in der Oper oder in der Philharmonie, das gefällt mir nicht. Ein wenig Eleganz schadet nicht, weder bei der Frau noch beim Mann. Ich würde nie in Jogginghosen auf die Straße gehen. Das gehört sich nicht. Klischees treffen aus meiner Sicht nicht zu: Der Mann braucht nicht unbedingt größer sein als die Frau. Er sollte auch nicht unbedingt gescheiter sein und mehr Geld verdienen. Meine Frau war für mich Liebe auf den ersten Blick. Was ich an ihr schätze ist, dass sie das Verständnis, das ich ihr entgegenbringe, auch wieder zurückgibt. Stichwort gegenseitiger Respekt. Männer sollten außerdem überlegen können und nicht einfach laut daherreden, nur weil sie glauben, das werde von einem Mann erwartet. Männer sollten Freunde haben, nicht nur gleichaltrige, sondern auch jüngere, damit man noch mitbekommt, was auf der Welt los ist. Als Vater sollte man versuchen, Zeit zu verbringen mit den Kindern. Das war bei mir leider nicht immer möglich.“ (lio)

80 Jahre: Wilfried Schmitt, Realschulleiter i.R. aus Frechen-Königsdorf

„Männer hatten es schon immer leichter“

„Ich habe bis heute ein extrem glückliches und zufriedenes Leben geführt, war nie krank, wahrscheinlich, weil ich mit allem Maß gehalten habe. Habe nicht geraucht, nicht zu viel getrunken, gut, mal ein, zwei Bierchen, nicht zu viel gegessen und ich habe viel Sport gemacht. Das ist logisch als ehemaliger Sportlehrer und Fußballtrainer – das übrigens bis heute. Und: Ich hatte schon immer ein sehr gutes Verhältnis zu meinen Kindern und Kindeskindern. Vielleicht habe ich mir auch deshalb nie Gedanken darüber gemacht, was aus mir geworden wäre, wenn ich eine Frau wäre, oder ob ich lieber als Frau auf diese Welt gekommen wäre. Und vielleicht liegt es auch ein bisschen daran, dass Männer es in unserer Gesellschaft leichter haben. Leider ist das noch heute so. Männern wird im Allgemeinen mehr Respekt entgegengebracht – und Höflichkeit. Man wird als Mann in Restaurants als erstes angesprochen, soll bestimmen, wo man Platz nehmen möchte – und am Ende selbstverständlich die Rechnung bezahlen. Und auf der Straße weicht man Männern eher aus als Frauen. Auch im Berufsleben habe ich die Erfahrung gemacht, dass Kollegen, Schüler und Eltern lieber mit Männern verhandeln. Und Schüler haben größeren Respekt vor männlichen Kollegen – es sei denn es handelt sich um Frauen mit einer sehr starken Persönlichkeit.“ (kro)

90 Jahre: Gerhard Schauerte, Verkäufer i.R. aus Bergisch Gladbach

„Männlichkeit bedeutet Verantwortung“

„Ich stamme aus Altenhundem im Sauerland. Mein Elternhaus stand neben der Kirche. Ich bin religiös. Im Krieg war ich als Infanterist in Russland. Danach habe ich als Verkäufer bei Thyssen-Krupp in Siegen gearbeitet. Männlichkeit hatte und hat noch heute für mich sehr viel mit Verantwortung zu tun. Ich verdiene das Geld für die Familie, meine Frau gab es aus. Für mich waren auch Männersachen wie Skatspielen und Kegeln immer sehr wichtig. Da konnte man Kontakte pflegen. Heute will ich für meine Lebensgefährtin da sein, mich um sie kümmern, sie sitzt ja im Rollstuhl. Auch ich habe immer wieder gesundheitliche Probleme, wäre schon ein, zweimal fast gestorben, aber der Arzt sagt, ich sei ein zäher Bursche. Das will ich auch weiterhin sein. So lange ich lebe, will ich für meine Partnerin sorgen. Immer, wenn mein Sohn uns besuchen kommt, sorge ich dafür, dass er Blumen für sie mitbringt. Das gehört sich einfach.“ (lio)

100 Jahre: Walter Jagdmann, Verwaltungsangestellter i.R. aus Köln

„Zicken sind mir ein Gräuel“

„Gott hat mich als Mann geschaffen, und ich habe mein Leben lang versucht, meine männlichen Pflichten zu erfüllen. Ich habe das nie hinterfragt. Ob im freiwilligen Arbeitsdienst nach dem Abitur, das ich 1933 ablegte, oder später im Krieg, in dem ich am 30. April 1945 vor dem Berliner Reichstag verwundet wurde. Das war übrigens großes Glück. Dank dieses Darmsteckschusses war ich nicht marschfähig und wurde nicht in ein russisches Kriegsgefangenenlager überführt. Ich habe dann später in der Verwaltung der evangelischen Kirche, zuletzt von 1955 bis 1978 in der Gemeinde in Köln-Mülheim gearbeitet. Verantwortung zu übernehmen, hat mir Freude bereitet. Auch privat habe ich das getan. Meine Frau hatte schon zwei Kinder, als ich sie heiratete. Ich habe für sie, ihre Kinder und unsere gemeinsame Tochter Verantwortung übernommen, das Geld verdient. Besonders für ihren damals 10-jährigen Sohn fühlte ich mich zuständig. Bei ihm ging ich zum Elternsprechtag. Mit ihm zusammen unternahm ich Wanderungen und Radtouren. Wir waren sehr gute Kameraden. Kameradschaft ist männlich. Mir war es wichtig, ihm die schönen Dinge des Lebens nahezubringen. Einen Fernseher oder ein Auto habe ich nie besessen. Nicht sehr männlich vielleicht, aber diese Dinge fand ich immer überflüssig. Ich habe mich immer lieber aus eigener Muskelkraft bewegt. Vorbilder habe ich schon lange nicht mehr. Dafür bin ich in meinem Leben zu oft enttäuscht worden. Als Kind schrieb ich dem Kaiser eine Postkarte zum Geburtstag. Der war ja damals im Exil in den Niederlanden. Er hat mir sogar geantwortet. An Frauen schätze ich einen wachen Geist und Nettigkeit. Zicken sind mir ein Gräuel. Ich sorge noch immer für meine Frau und schenke ihr regelmäßig Blumen. Auch um meine Kinder und Enkelkinder kümmere ich mich weiterhin. Anderen Freude machen ist wichtig. Und versuchen, mit allen auszukommen, nicht auf Konfrontation gehen. Männlich? Menschlich war mir immer am wichtigsten.“ (lio)

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