Unfall-Gaffer zum Weinen gebrachtPolizist von Reaktion auf Video überwältigt

Lesezeit 3 Minuten
Foto Pfeiffer

Polizist Stefan Pfeiffer

München – Stefan Pfeiffer ist derzeit wohl der bekannteste Polizist Deutschlands. Der Leiter der Verkehrspolizei im bayerischen Feucht hatte vergangene Woche Aufsehen erregt, als er nach einem tödlichen Unfall auf der A 6 zahlreiche Gaffer, die die Szene filmten, einer Art Schock-Therapie unterzog.

Weinender Lastwagenfahrer

Pfeiffer – sichtlich aufgebracht und emotional – ließ einen Fahrer aussteigen und fragte ihn, ob er sich die Leiche nicht aus der Nähe anschauen wolle. Er würde ihn hinführen.  In einem Video ist zu sehen, wie der Lastwagenfahrer kleinlaut reagiert und abwinkt. Ein anderer weint.

Das könnte Sie auch interessieren:

Der Medienhype sei regelrecht über ihn hereingebrochen, habe ihn sogar „etwas geschockt“, sagte der 54-Jährige am Mittwoch bei einer Pressekonferenz der Deutschen Polizeigewerkschaft. „Denn das ist nichts Neues. Sie können diese Situation tagtäglich erleben. Das hat mich fast schon bisschen verlegen gemacht, wie ich fast schon zum Helden gemacht worden bin. Wenn wir überhaupt von Helden sprechen, dann sind das die, die tagtäglich ihren Dienst auf der Autobahn verrichten“, sagte der Verkehrspolizist.

Foto Pressekonferenz

Stefan Pfeiffer bei der Pressekonferenz mit der Gewerkschaft

Für einen Polizei-Lehrfilm sei seine Aktion zwar nichts gewesen, aber dennoch bereue er die Entscheidung nicht. „Ja, ich würde es wieder so machen.“

Die Polizeigewerkschaft nahm die Aufmerksamkeit um Pfeiffer zum Anlass, rigorosere Strafen für Gaffer zu fordern. Ein vom Bundesrat im März 2018 eingebrachter Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Gaffern solle vom Bundestag schnell umgesetzt werden, forderte der bayerische Landesvorsitzende Rainer Nachtigall.

Eine ganz konkrete Forderung, um Schaulustige abzuschrecken, brachte die Gewerkschaft ebenfalls ein: Die Smartphones der Gaffer sollten sichergestellt werden. Dies würde einen nachhaltigen Eindruck auf die Täter und potenzielle Nachahmer machen, so Nachtigall. Und weiter: „Diese pietätlose und menschenverachtende Sensationsgier behindert nicht nur die Einsatzkräfte der Polizei, Rettungsdienste, Feuerwehr und THW, sondern bringt eine erhebliche Missachtung der Persönlichkeitsrechte der verstorbenen oder verletzten Unglücksopfer zum Ausdruck.“

Fotos von Toten sollen verboten werden

Schon 2016 hatte die Länderkammer beschlossen, dass Gaffer, die Unfallopfer filmen, mit bis zu zwei Jahren Gefängnis oder einer Geldstrafe bestraft werden soll. Bislang wird nur bestraft, wer Rettungsarbeiten durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt behindert. Künftig soll auch eine Behinderung von Rettungsarbeiten ohne Gewaltanwendung oder -drohung unter Strafe stehen.

Außerdem sollen bloßstellende Bildaufnahmen von verstorbenen Personen verboten werden. Bislang gilt das Verbot nur für lebende, hilflose Personen. Der Gesetzentwurf ist bisher allerdings noch nicht beraten worden. Bislang habe es noch keine Verurteilung oder Strafanzeigen wegen „Gaffens“ gegeben, erklärt das NRW-Justizministerium.

Polizeipräsidium steht hinter Pfeiffer

Stefan Pfeiffer appellierte an alle Autofahrer, die Zeuge eines Unfalls werden, an die Opfer und ihre Angehörigen zu denken, bevor sie das Handy zückten. „Macht euch klar: Das ist kein Spiel da draußen. Das ist bittere Realität.“

Berufliche Folgen hat sein ungewöhnliches Vorgehen nicht. Kurz nach der Aktion stellte sich sein Polizeipräsidium hinter ihn: „Ihm drohen keine disziplinarrechtlichen Konsequenzen. Es war eine sehr emotionale Situation“, so eine Sprecherin. (cv, dpa)

KStA abonnieren