Frauen im Kölner Karneval„Warum beleidigen Menschen jemanden, den sie noch nie getroffen haben?“

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Sängerin Nici Kempermann und Mariechen Elena Stickelmann bilanzieren ihre Session.

Sängerin Nici Kempermann und Mariechen Elena Stickelmann bilanzieren ihre Session.

Kempes-Feinest-Frontfrau Nici Kempermann und Mariechen Elena Stickelmann bilanzieren ihre Session – zwischen Spagat, Applaus und Sexismus.

Nici Kempermann ist Sängerin der Band Kempes Feinest, Elena Stickelmann ist das Mariechen der Roten Funken. Beide behaupten sich in der Männerdomäne Karneval. In der aktuellen Folge des Podcasts „Talk mit K“ (hier im Player oder auf allen gängien Podcast-Plattformen hören) bilanzieren sie die Saison, sprechen über ihre Erfahrungen und ihre Hoffnungen für die Zukunft.

Kempermann und Stickelmann haben eine kurze, aber intensive Session hinter sich. 120 Auftritte hatte Kempermanns Band Kempes Feinest seit Januar, 70 Mal hat Stickelmann auf der Bühne tänzerische Höchstleistungen vollbracht. Nicht jeder Saal — Deckenhöhe inklusive — und jede Bühne sei für das Akrobatik-Programm auch gemacht, manchmal müsse improvisiert werden, erzählt Stickelmann im Podcast.

In „Talk mit K“ sprechen die beiden darüber, wie anstrengend es für Frauen sein kann, sich in der Männerwelt des professionellen Karnevals zu behaupten. Stickelmann ist bei den Roten Funken ausschließlich von Männern umgeben, Kempermann ist auf den Bühnen der Stadt und des Umlands ebenfalls damit konfrontiert, als Frontfrau eine Ausnahme zu sein. „Ich habe immer noch das Gefühl, dass man so ein bisschen anders beäugt wird, wenn man als Frau auf die Bühne kommt, da ist auch egal, ob es eine gemischte Herren- oder Damensitzung ist“, sagt Kempermann.

Für mehr Gleichberechtigung im Business könnten auch die Männer an der Spitze sorgen, die Frauen häufiger als Vorband auftreten ließen. Wann man als Band die Jecken mit der eigenen Musik am Leichtesten erreiche, am Anfang der Sitzung oder eher gegen Ende, sei von Veranstaltung zu Veranstaltung unterschiedlich, so die Sängerin. „Was ich immer am schwierigsten finde: Schlussnummer bei Herrensitzungen.“ Denn zu der Zeit lägen dann manche Herren nur noch mit dem Kopf auf dem Tisch. Auf Herrensitzungen im Umland sei es ihr auch schon passiert, nach dem Nummerngirl auftreten zu müssen.

Kempermann und Stickelmann machen sich stark gegen Sexismus im Karneval: Stickelmann bei der Aktion der Polizei „It's a dress, not a yes“, Kempermann mit deutlichen Worten auf der Bühne und nachdem sie in den Sozialen Netzwerken nach einem Auftritt an Weiberfastnacht mit Beschimpfungen über ihre Figur und ihre Stimme in den Sozialen Netzwerken konfrontiert war. „Was geht in Menschen vor, die jemanden beleidigen, den sie noch nie getroffen haben?“ Sie könne damit professionell umgehen: „Aber wenn man nicht gefestigt und mit sich im Reinen ist, kann das einem richtig die Beine unter dem Hintern wegziehen.“

Beide sind sich aber sicher, dass sich der Karneval weiter öffnen wird und an einem weiblichen Dreigestirn irgendwann kein Weg mehr vorbeiführt. „Wir sind doch hier die bunteste und offenste Stadt der Welt, da kann doch jeder sein, was er möchte“, sagt Kempermann augenzwinkernd. Stickelmann findet die Argumente gegen ein weibliches Dreigestirn „immer ein bisschen an den Haaren herbeigezogen“. Auch das Geld sei kein Argument. „Ich würde mich freuen, wenn's früher als später passiert.“

Der Podcast Talk mit K

Jeden Donnerstag um 7 Uhr gibt es eine neue Folge von „Talk mit K“, dem Talkformat des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Darin sprechen Sarah Brasack und Anne Burgmer als Moderatorinnen mit interessanten Menschen aus Köln. Sie können den Podcast auf allen gängigen Plattformen abonnieren. 

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