Bislang klaffte in Europa eine Lücke im Schutz gegen russische Angriffe. Die Stationierung von Arrow 3 in Deutschland sollen diese nun schließen.
Arrow 3 in Deutschland stationiertSo funktioniert das Raketenabwehrsystem

Das israelische Raketenabwehrsystem ist seit dem 3. Dezember 2025 in Deutschland in Betrieb. /
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Im Westen Russlands startet eine Rakete. Ihr Ziel: Berlin. Abgeschossen von einem Kampfflugzeug beschleunigt sie auf mehrere Tausend Kilometer pro Stunde, um die rund 2000 Kilometer entfernte Stadt in weniger als zehn Minuten zu erreichen.
Doch kurz darauf erkennen europäische Radarsysteme die Gefahr. Rund 90 Kilometer südlich der deutschen Hauptstadt startet ebenfalls eine Rakete und rast mit neunfacher Schallgeschwindigkeit Richtung obere Erdatmosphäre. Nach dem Start berechnet ein System am Boden, auf welcher Flugbahn sich die russische Rakete befindet – und lenkt die eigene automatisch auf diese Route um. In rund 100 Kilometern Höhe kommen sich die Flugkörper immer näher, bis sie schließlich kollidieren. Treffer versenkt.
Dieses Szenario ist aus zweierlei Gründen realistischer geworden. Zum einen, weil Russlands Präsident Wladimir Putin seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine auch anderen europäischen Staaten droht. Und zum anderen, weil Deutschland auf diese Gefahr reagiert hat: Am 3. Dezember 2025 wurde das Raketenabwehrsystem Arrow 3 auf dem Fliegerhorst Holzdorf an der Landesgrenze zwischen Sachsen-Anhalt und Brandenburg in Betrieb genommen.
Arrow 3: Deutschlands Antwort auf wachsende Bedrohungen aus Russland
Insgesamt drei Standorte des Systems sind in Deutschland geplant: Neben dem Fliegerhorst Holzdorf sollen künftig auch zwischen Kiel und Flensburg sowie im Großraum München Abwehrraketen vom Typ Arrow 3 stationiert werden. Ziel ist es, einen Schutzschild aufzubauen, der sich über ganz Europa erstrecken soll.
Schon seit Jahren gibt es Überlegungen, Europa mit einem Abwehrsystem zu schützen. Die Idee, ein eigenes System zu entwickeln, wurde aber nie umgesetzt. Mit Russlands Krieg gegen die Ukraine bekam das Thema eine neue Dringlichkeit.
Im August 2022, ein halbes Jahr nach Beginn der Angriffe, hielt Bundeskanzler Olaf Scholz in Prag eine Grundsatzrede. Er kündigte an, Deutschland werde in den kommenden Jahren „ganz erheblich“ in die Luftverteidigung investieren. Zugleich werde Deutschland diese zukünftige Luftverteidigung „von Beginn an so ausgestalten, dass sich auch unsere europäischen Nachbarn daran beteiligen können, wenn es gewünscht wird“.
Bundesregierung kauft Arrow 3 für Deutschland in Israel
Fündig geworden ist die Bundesregierung in Israel. Dort spannt sich seit 2010 der Iron Dome – die eiserne Kuppel – über das Land. Regelmäßig fängt das System palästinensische Raketen ab. Arrow 3, das vom Luft- und Raumfahrtunternehmen Israel Aerospace Industries in Zusammenarbeit mit dem US-Konzern Boeing hergestellt wird, ist seit 2017 ein Teil des Schutzschirms. An diesem System bedient sich nun auch Deutschland.
Der Verkauf von Arrow 3 an Deutschland sei der größte Rüstungsdeal seit Israels Staatsgründung vor 75 Jahren, hieß es in einer Mitteilung des israelischen Verteidigungsministeriums. Die Kosten für das gesamte System werden auf rund 4 Milliarden Euro geschätzt. Alleine eine einzige der rund sieben Meter langen Arrow-3-Raketen schlägt mit 2 bis 3 Millionen Euro zu Buche.
Technik von Arrow 3: Darum ist das System so wirkungsvoll
Arrow 3 gilt als das derzeit leistungsfähigste Abwehrsystem der Welt. Zu ihm gehören neben den Raketen ein Startkontrollzentrum, ein Radar, die Einheit, von der die Raketen abgefeuert werden und Zubehör. Ihre Stärke spielen die Arrow-3-Raketen vor allem in der Luft aus. Zum einen sind sie auch nach Abschuss manövrierfähig. Vom Kontrollzentrum aus können Signale an den Gefechtskopf gesendet werden, der seine Flugbahn dann anpasst. Das wäre vor allem gegen ebenfalls manövrierfähige Raketen wie die russische Kinschal von Vorteil.
Arrow 3 kann selbst dann wirken, wenn die feindliche Rakete doch nicht exakt getroffen wird. Ein Zünder im Sprengkopf kann ausgelöst werden, wenn sich die feindliche Rakete nähert. Die Splitter, die bei der Explosion abgefeuert werden, besitzen ausreichend Zerstörungskraft. Außerdem kann das gesamte System so programmiert werden, dass innerhalb von 30 Sekunden bis zu fünf Raketen abgefeuert werden. Sollte bereits die erste einen Treffer landen, werden die übrigen auf andere Ziele umgelenkt.
Arrow 3 soll Schutzschild für ganz Europa werden
Der in Deutschland stationierte Schutzschild ist so angelegt, dass er den gesamten Kontinent vor Raketeneinschlägen bewahren soll. In der Initiative European Sky Shield haben sich 15 Staaten zusammengeschlossen, die sich gemeinsam wappnen wollen. Die Zusammenarbeit soll mit der gesamten NATO abgestimmt werden.
Die Karte zeigt, wie mächtig das System ist: Die Reichweite der Raketen beträgt 2400 Kilometer. Nimmt man diesen Radius ausgehend vom Fliegerhorst Holzdorf an, liegen Portugal, weite Teile der Türkei, die Ukraine, Skandinavien und sogar Island unter dem Schutzschirm. Wegen der Projektion der Weltkarte sieht die Reichweite Richtung Norden größer aus, in der Realität ist dies jedoch nicht der Fall.
Iris-T und Patriot ergänzen Arrow 3
Doch ein System alleine reicht nicht aus für einen effizienten Schutz: Wie beim israelischen Iron Dome soll auch der europäische Schutzschirm aus drei Schichten bestehen. Jede Schicht soll dabei verschiedene Flughöhen und Reichweiten abdecken.
Arrow 3 ist die oberste Schicht mit großer Reichweite und einer Höhe über 25 Kilometer. Darunter kommt ab 2024 das System Iris-T zum Einsatz. Es stammt vom deutschen Unternehmen Diehl Defence und wird auch in der Ukraine verwendet. Vorgesehen ist der Kauf von sechs Feuereinheiten. Iris-T soll Raketen auf kürzerer Distanz und in einer Höhe von rund 20 Kilometer abfangen können.
Bereits eingeführt ist das System Patriot für die unterste Schutzschicht. Es ist mobil und kommt vor allem bei geringeren Flughöhen zum Einsatz.(mit dpa)

