Die deutsche Außenministerin sicherte der Ukraine angesichts des Jahrestags der russischen Invasion weitere Unterstützung zu.
Außenministerin muss in SchutzraumBaerbock gesteht in Odessa Fehler bei Waffenlieferungen an die Ukraine ein
Außenministerin Annalena Baerbock hat bei ihrem Besuch im südukrainischen Odessa nach einem Luftalarm einen Schutzraum aufsuchen müssen. Der Alarm wurde am Samstagabend um 21.48 Uhr (Ortszeit) ausgelöst. In der Hafenstadt waren Luftschutzsirenen zu hören. Um 22.07 Uhr wurde der Alarm aufgehoben. Die Grünen-Politikerin hielt sich nach Angaben eines Reporters der Deutschen Presse-Agentur gemeinsam mit Mitgliedern ihrer Delegation und anderen Gästen im Schutzraum ihres Hotels auf.
Aus Delegationskreisen hieß es, es habe sich um Raketenalarm gehandelt. In der Region Odessa sei anschließend eine Explosion zu hören gewesen. Unklar blieb, ob es einen Raketentreffer gab, oder die ukrainische Luftabwehr das Geschoss abwehrte. Details über mögliche Schäden oder Opfer waren zunächst nicht bekannt. Bei zwei russischen Drohnenangriffen hatte es kurz vor Baerbocks Besuch insgesamt vier Tote sowie mehrere Verletzte in der Stadt Odessa gegeben.
Annalena Baerbock in Odessa: „Wir haben zu spät und zu langsam gehandelt“
Zuvor fand eine Pressekonferenz mit Außenministerin Baerbock und ihrem ukrainischen Kollegen Kuleba statt. Baerbock sagte dabei weitere deutsche Waffenhilfe zu und räumte auch anfängliche Versäumnisse bei Waffenlieferungen zur Unterstützung der Ukraine ein: „Wir haben zu spät und zu langsam gehandelt“, sagte sie. Nun gelte aber: „Wir unterstützen Euch jeden weiteren Tag, auch mit Waffenlieferungen.“
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Angesichts der russischen Übermacht mahnte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba rasche Lieferungen von Munition, Luftabwehr und weit reichenden Raketen an. Nur mit solchen Waffen könne sich die Ukraine den russischen Invasoren widersetzen. Es müsse klar sein, „dass der Weg zum Ende des Kriegs in der Aufstockung der Militärhilfe liegt“. Baerbock räumte ein: „Natürlich ist all das, was wir liefern, zu wenig.“
Baerbock und Kuleba waren gemeinsam zu dem vorab nicht angekündigten Besuch nach Odessa gereist. Am Freitag waren sie von New York aus, wo sie an Sitzungen der Vereinten Nationen teilgenommen hatten, in einem Flugzeug der deutschen Luftwaffe nach Berlin geflogen. Von dort ging es weiter mit der Luftwaffe in die moldauische Hauptstadt Chisinau, von wo aus die beiden Minister die Reise auf dem Landweg in einem Konvoi gepanzerter Fahrzeuge fortsetzten.
Kuleba bei Baerbock-Besuch: „Die Ukraine ist nicht alleine, sie hat mächtige Freunde“
Bei einem kurzen Zwischenaufenthalt am moldauisch-ukrainischen Grenzübergang Palanca dankte Kuleba der Ministerin für den Solidaritätsbesuch. Er würdigte Baerbock als „Freundin, die für jene Koalition steht, welche die Ukraine unterstützt“. Kuleba fügte hinzu: „Die Ukraine ist nicht alleine, sie hat mächtige Freunde.“ In Odessa besuchten die beiden Minister zunächst den Hafen, über den ein Großteil der wirtschaftlich bedeutsamen ukrainischen Getreideexporte abgewickelt wird. Die Hafenanlagen waren wiederholt zum Ziel massiver russischer Angriffe geworden.
Danach besuchten Baerbock und Kuleba die ukrainisch-orthodoxe Verklärungskathedrale, wo sie zum Gedenken an die Opfer des Kriegs Kerzen entzündeten. Ein russischer Raketenangriff hatte den Kirchenbau im vergangenen Jahr schwer beschädigt.
Baerbock brachte bei ihrem Besuch keine konkreten neuen Hilfszusagen mit - etwa, was die Lieferung der von der Ukraine gewünschten Taurus-Marschflugkörper angeht. Sie sagte lediglich: „Wir zerbrechen uns intensivst den Kopf, wie wir davon mehr bekommen könnten, auch von weit reichenden Waffensystemen.“ Kuleba sagte in Odessa, er sei zuversichtlich, dass „alle Beschlüsse, die zum ukrainischen Sieg nötig sind, getroffen werden“. Deutschland werde hier „eine große Rolle spielen“.
Ukraine kämpft seit zwei Jahren erbitterten Kampf gegen russische Invasoren
Kuleba kritisierte bei der Pressekonferenz mit Baerbock, dass die westlichen Waffenlieferungen nach der russischen Invasion zu langsam angelaufen seien - und dass der Westen bereits vor Kriegsbeginn schwere politische Fehler begangen habe. „Wenn wir gleich Mitglied von EU und Nato geworden wären, wenn wir ein Jahr vor der Invasion gehört worden wären, dann wäre es zu diesem Krieg nicht gekommen“, sagte er.
Damit dürfte er unter anderem auf den Nato-Gipfel 2008 in Bukarest angespielt haben: Damals hatte das Bündnis einen raschen Beitritt der Ukraine abgelehnt - auf maßgebliches Betreiben der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Ausdrücklich würdigte Kuleba aber auch die aktuelle Unterstützung durch Deutschland. „Deutsche Waffen retten das Leben von Ukrainern“, sagte er. Es gebe eine „systematische und ständige Unterstützung“ durch Deutschland. „Das ist das Ende der Ostpolitik, der Annäherung an Russland“, fügte Kuleba hinzu. „Deutschland hat verstanden, dass der zuverlässige Verbündete im Osten nicht Russland ist, sondern die Ukraine.“
Genau zwei Jahre vor Baerbocks Besuch, am 24. Februar 2022, hatten russische Truppen die Ukraine überfallen. Seitdem stemmt sich die Ukraine in einem zähen Verteidigungskampf gegen die Invasoren. Deutschland zählt - nach anfänglichem Zögern - inzwischen zu den größten militärischen Unterstützern des Landes. Zunächst hatte die Ukraine militärische Erfolge im Abwehrkampf erzielt, inzwischen ist sie aber in die Defensive gegen den übermächtigen Angreifer Russland geraten. (mab/dpa/afp)