Barack Obamas Memoiren„Allein der Gedanke an Trump regte sie auf“

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Barack Obama im Mai 2017 nach dem Ausscheiden aus dem Amt des US-Präsidenten in Berlin 

Was tat Barack Obama, bevor er im Jahr 2008 in die TV-Duelle gegen John McCain zog? Er hörte Rap – „insbesondere zwei Songs: ,My 1st Song“ von Jay-Z und ,Lose Yourself„ von Eminem.“ Barack Obama, der immer ein bisschen anders war als andere US-Präsidenten, hat seine Memoiren veröffentlicht. Und jetzt fallen auch die ein bisschen aus dem Rahmen.

Noch nie hat jemand, der im Oval Office regierte, einen so detailreichen, persönlichen, aber auch selbstkritischen Rückblick abgeliefert. Und noch nie war die Aufmerksamkeit von Öffentlichkeit und Medien so groß.

Für den sehnsüchtigen Blick zurück auf Obama gibt es viele Erklärungen. Etwa die Kuriosität, dass die USA damals moderner waren als heute. Zum Teil liegt es auch an der angespannten Phase, in der Obamas Buch erscheint.

Der Fernsehsender CBS fragte Obama soeben, ob er seinem Nachfolger Donald Trump angesichts der aktuellen Lage einen Rat geben könne. Den hatte Obama in der Tat parat: Trump solle endlich seine Niederlage eingestehen. Obama fügte etwas hinzu, was in den vergangenen vier Jahren in Vergessenheit geraten ist im Weißen Haus: „Der Präsident hat eine dienende Funktion, und auch die hat er nur auf Zeit.“ Politik als Dienst an der Allgemeinheit: Dieser Grundgedanke durchzieht auch Obamas Buch – und widerlegt auf 1024 Seiten all jene, die sich die Macht eines US-Präsidenten als irgendetwas Schillerndes vorstellen, das zu erringen sich schon um seiner selbst willen lohnt.

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Regieren bedeutet reagieren, oftmals auf Dinge, an die anfangs überhaupt niemand dachte. Für Obama, der im Januar 2009 sein Amt antrat, erwies sich die Finanzkrise als erstes großes Problem. Was als Bankenkrise begonnen hatte, fraß sich in die Realwirtschaft, immer mehr Amerikaner verloren ihre Jobs. In aller Nüchternheit notiert Obama: „Drei Monate nach meinem Amtsantritt litten mehr Menschen Not als zu Beginn.“

Aufsteigende Panik

An einem Abend im Sommer 2009, er hatte seine Töchter Malia und Sasha schon zu Bett gebracht, saß Obama vor einer Leselampe im Weißen Haus und blickte auf den Brief einer arbeitslos gewordenen Mutter. Nicola Brandon aus Virginia schrieb ihm, sie habe, als sie am Abend ihre Kinder ins Bett brachte, gegen eine in ihr aufsteigende Panik ankämpfen müssen.

Obama hatte ein Warnsystem installiert, als Vorbeugung gegen Blasenbildung. Täglich mussten Mitarbeiter ihm eine Auswahl von Briefen aus der Wählerschaft vorlegen – und er hatte seinem Team eingeschärft: „Ich will nicht nur die Lobreden von Anhängern lesen.“

Mit Macht, so lernt man, kann man sich auch gegen das Abgehobensein wappnen. Man muss es – anders als der Mann, der derzeit im Oval Office sitzt – nur wollen. Obama verbindet sich mit den Normalos, bis heute. Als idealen Leser wünscht er sich „einen vielleicht 25-Jährigen, der gerade anfängt, sich mit der Welt zu beschäftigen“.

Weltoffener und liberaler denn je

Sein Buch beschreibt ein Land, das seinerzeit weltoffener und liberaler war denn je – wobei aber die ersten Zeichen eines Abdriftens in den Neonationalismus schon 2008 auftauchten. In Sarah Palin etwa sah Obama ein Warnsignal. Die Frau aus der Tea Party habe von fast allen relevanten Themen „nicht die leiseste Ahnung“ gehabt – und sei dennoch gefeiert worden.

Die rechtspopulistische Rebellion hatte begonnen, parallel zur Obama-Präsidentschaft. Zu ihrem Anführer wurde Trump, der nach Obamas Geburtsurkunde fragte. Trumps Erfolgsrezept beschreibt Obama so: „Er versprach Millionen Amerikanern, die wegen eines Schwarzen Manns im Weißen Haus verschreckt waren, ein Elixier zur Behandlung ihrer ethnischen Ängste.“ Im Frühjahr 2011 sah Obama Umfragen, die Trump zum populärsten Republikaner erklärten.

Obwohl Obama sonst viel mit seiner Frau Michelle teilte, behielt er diese Neuigkeit für sich: „Allein der Gedanke an Trump regte sie auf.“

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