Brisanter Bericht vom VerfassungsschutzDitib gerät ins Visier der Sicherheitsbehörden

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Die Moschee in Köln-Ehrenfeld wird von der Ditib betrieben.

Düsseldorf/Köln – Wenige Tage vor dem Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Erdogan in Deutschland, bei dem er am Samstag, 29. September, die Ditib-Moschee in Köln eröffnen will, ist der Dachverband der türkischen Moscheegemeinden in Visier der Sicherheitsbehörden geraten.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat allen 16 Länderbehörden einen brisanten Bericht zukommen lassen. Er enthält Anhaltspunkte, die den Moscheeverband für die Nachrichtendienste zum Beobachtungsfall machen könnten.

Religiöses PR-Zentrum

In dem 31-seitigen Geheim-Report finden sich zahlreiche Hinweise, dass die Ditib als willfähriger Emissär des türkischen Staatsapparats agiert. Sie sei ein religiöses PR-Zentrum, das in den 900 Ditib-Moscheen für den türkischen Machthaber und seine Regierungspartei AKP werbe.

Laut dem BfV firmieren die Ditib-Imame als Bedienstete der türkischen Generalkonsulate. Die „über religiöse Dienstleistungen hinausgehende Einbindung der Imame in den Ditib-Gemeinden durch die türkische Religionsbehörde Diyanet“ bewertet die Bundesregierung kritisch. Türkische Konflikte würden so in die deutsche Gesellschaft getragen und verstärkt, hieß es unlängst.

Im Zusammenhang mit der militärischen Offensive der türkischen Armee in der syrischen Region Afrin stellten Bundesverfassungsschützer in Köln fest, „dass einzelne Ditib-Moscheegemeinden verfassungsfeindliche nationalistisch-religiöse Aktivitäten entwickelten“.

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Das gilt auch für NRW. Etliche Beispiele finden sich auf Facebook-Videos. „Bereit zum Krieg!“, ruft ein uniformierter Grundschüler. Dabei trägt er eine Militäruniform und ein Spielzeuggewehr. Das Publikum in Duisburg applaudiert. Die Verantwortlichen in der Kölner Ditib-Zentrale sprachen von bedauerlichen Einzelfällen. Die hat das BfV für eine Bund-Länder-Tagung im November zusammengetragen.

So auch zur Spionageaffäre. Für den gescheiterten Putsch 2016 hatte das Erdogan-Regime die Bewegung um den Fundamentalisten Fetullah Gülen verantwortlich gemacht und die Jagd auf seine Anhänger eröffnet. In Deutschland sollen Dutzende Ditib-Imame Informationen an die türkischen Konsulate über angebliche Gülen-Anhänger geliefert haben. Staatsschützer bestätigten einen Bericht der Süddeutschen Zeitung, wonach das BfV prüfe, die Ditib künftig zu beobachten. In dem Fall könnte der Geheimdienst auch V-Männer oder andere Überwachungsmethoden einsetzen.

Hohe Hürden überwinden

Wie aus Sicherheitskreisen zu erfahren war, sehen die NRW-Verfassungsschützer diese Pläne mit Skepsis. Das Innenministerium wollte dies nicht kommentieren. Offiziell hieß es, dass die Behörden in Bund und Ländern kontinuierlich türkisch-nationalistische Aktivitäten in Deutschland verfolgen, also auch die Ditib. „Die Einstufung einer Organisation als Beobachtungsobjekt hat hohe rechtliche Hürden zu überwinden.“ Material werde längst aus offen zugänglichen Quellen gesammelt.

Die Opposition im Landtag geht sieht das anders. „Es ist völlig richtig, wenn der Verfassungsschutz die Ditib beobachtet, die Spionageaffäre und die Kriegspropaganda machen diesen Schritt nötig“, sagt Ibrahim Yetim, integrationspolitischer Sprecher der SPD.

So sieht das auch Berivan Aymaz, Abgeordnete der Grünen: „Die Ditib erhält Weisungen aus Ankara, die dem hiesigen Demokratieverständnis widersprechen.“ Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, wundert sich über die Pläne des Verfassungsschutzes. Es sei verwunderlich, dass Spekulationen über eine Ditib-Beobachtung kurz vor Erdogans Deutschland-Besuch veröffentlicht werden.

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