Versuchter Kuss auf den MundBundeswehr-General wegen Vorwurf der sexuellen Belästigung suspendiert

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Soldaten der Bundeswehr stehen auf dem Appellplatz.

Das Verteidigungsministerium hatte erst kürzlich neue Grundsätze zum Umgang mit Fällen von sexueller Belästigung erlassen.

Berichten zufolge soll Bundeswehr-General Marcus Kurczyk versucht haben, einen Soldaten gegen dessen Willen auf den Mund zu küssen.

Die Absetzung des Kommandeurs des Zentrums Innere Führung der Bundeswehr in Koblenz, Generalmajor Marcus Kurczyk, wird am Mittwoch im Verteidigungsausschuss des Bundestages zur Sprache kommen. Das bestätigte der stellvertretende Ausschussvorsitzende Hennig Otte (CDU) dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Das wird im Ausschuss Thema sein“, sagte er.

Der 58-Jährige hatte den Posten erst im vorigen Jahr übernommen. Nun wurde er durch Generalinspekteur Carsten Breuer von seinen Aufgaben entbunden. Gründe wurden nicht genannt. Der „Spiegel“ berichtete aber, Kurczyk habe am Rande der Invictus Games in Düsseldorf versucht, einen Soldaten gegen dessen Willen auf den Mund zu küssen. Der legte Beschwerde ein.

Neue Grundsätze zum Umgang mit sexueller Belästigung

Augenzeugen berichteten dem RND, Kurczyk sei an dem besagten Abend „ziemlich überdreht“ gewesen und habe sich „weder wie ein Vorgesetzter noch wie ein General“ benommen. Man habe gemerkt, „dass er ein bisschen zu viel Alkohol getrunken hatte“ und bereits zu Beginn der Veranstaltung „munter unterwegs“ gewesen sei. Aus Parlamentskreisen hieß es, den Vorfall selbst hätten mehrere Soldaten beobachtet und nicht für angemessen gehalten.

Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johann Wadephul, sagte dem RND: „Wenn stimmt, was berichtet wird, sind das notwendige Konsequenzen. Darüber muss man nicht weiter diskutieren. Das ist eine klare Sache.“ Das Zentrum Innere Führung vermittelt militärischen Führungskräften unter anderem die ethischen Grundlagen des Soldatenberufes. Zuvor waren weitere Fälle sexueller Belästigung durch Spitzenmilitärs bekannt geworden.

Das Verteidigungsministerium hatte erst kürzlich neue Grundsätze zum Umgang mit Fällen von sexueller Belästigung erlassen. So sollen fortan nicht mehr nur körperliche Übergriffe Konsequenzen haben, sondern auch „Bemerkungen sexuellen Inhalts“ oder das Aufhängen von pornografischen Bildern. Die Vorgesetzten sind dann zum Einschreiten verpflichtet.

Jede dritte sexuelle Belästigung unter Alkoholeinfluss

Im Jahresbericht der Wehrbeauftragten des Bundestages, Eva Högl (SPD), für 2022 heißt es, 34 Soldatinnen und Soldaten hätten einschlägige Eingaben gemacht, und es habe 357 meldepflichtige Ereignisse wegen des Verdachts auf Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung gegeben. Eine bundeswehrinterne Untersuchung habe ferner festgestellt, dass ein Drittel der sexuellen Belästigungen unter Alkoholeinfluss geschehen sei, und 80 Prozent der Betroffenen weiblich waren. Die Dunkelziffer dürfte demnach viel höher liegen als die Zahl der gemeldeten Fälle.

Dabei bemängelte Högl die langen Verfahrensdauern vor Truppendienstgerichten. So habe ein Soldat 2017 eine Kameradin mit einer versteckten Kamera in einem Duschraum sowie zwei andere Kameradinnen in deren Stube gefilmt. Trotzdem habe das Truppendienstgericht erst 2022 entschieden. Bei dem im Februar präsentierten Bericht kritisierte die Wehrbeauftragte zudem, dass die Zentrale Dienstvorschrift zum „Umgang mit Sexualität und sexuellem Fehlverhalten in der Bundeswehr“ immer noch nicht in Kraft getreten sei. Das hat sich jetzt geändert. (RND)

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