Der Papst und das Schlagen von KindernSchläge im Namen des Vaters

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Rom – Es ist noch nicht lange her, dass der Papst zum Erstaunen der Öffentlichkeit erklärte, eine Beleidigung seiner Mutter würde er mit Faustschlag quittieren. Da ging es um die Grenzen der Meinungsfreiheit. Nun lässt Franziskus gleich den nächsten Aufreger folgen. In der jüngsten Generalaudienz gab der Papst erstaunlich handgreifliche Erziehungstipps. Es ging um die Rolle des Familienvaters. Und Franziskus erzählte, er habe einen Papa einmal „bei einem Treffen mit verheirateten Paaren sagen hören: »Ich muss meine Kinder manchmal ein bisschen hauen, aber nie ins Gesicht, um sie nicht zu erniedrigen.«“ Der Kommentar des Papstes dazu: „Wie schön. Er kennt den Sinn der Würde, er muss bestrafen, er macht es aber gerecht und geht dann weiter.“

Die Empörung über diese Rechtfertigung „würdevoller“ körperlicher Züchtigung ist groß. Zumindest in Deutschland, wo die Prügelstrafe verboten ist – wie auch in 38 weiteren Ländern weltweit. Italienische Medien reagierten weniger aufgeregt. Eltern sollten ihren Kindern keine Ohrfeigen geben, aber den Hintern versohlen, das gehe schon, leiteten viele aus Franziskus’ Bemerkungen ab. Nach dem Motto: Ein strenger Klaps von Zeit zu Zeit schadet nicht. Berichtet wurde mehr über das, was Franziskus sonst noch zur Rolle des Vaters sagte. Geduldig müsse der sein, großzügig und vor allem präsent für seine Kinder. Allerdings, eine Zeitung erinnerte auch an eine berühmte Aufforderung von Papst Johannes XXIII. an die Gläubigen, sie sollten ihre Kinder streicheln, wenn sie nach Hause kommen: „Sagt ihnen, es ist eine Liebkosung des Papstes.“ Stattdessen gibt es nun also Haue im Namen des Heiligen Vaters.

Das Familienministerium hat irritiert auf die Äußerungen des Papsts reagiert. Eine Sprecherin von Ministerin Manuela Schwesig unterstrich, es gebe kein „würdevolles Schlagen“. Jegliche Gewalt gegen Kinder sei inakzeptabel – sie hätten in Deutschland laut Gesetz ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) attestierte dem Papst „mittelalterliches Denken“. Auch der Vorsitzende der Deutschen Kinderhilfe, Rainer Becker, kritisierte den Papst. Franziskus mache sich mitschuldig, wenn nur einem einzigen Kind unter Verweis auf seine Aussage Schmerzen zugefügt würden. (dpa)

Die ganz grundsätzliche Frage, ob man Kinder überhaupt schlagen darf, stellt man sich im Vatikan offenbar gar nicht. „Dies ist kein Anlass für offizielle Erklärungen des Vatikans“, sagte Sprecher Federico Lombardi am Freitag auf Anfrage. Die Bemerkung des Papstes scheine ihm klar zu sein für jeden, der gesunden Menschenverstand besitzt. Franziskus habe Ratschläge zur guten Erziehung gegeben. „Dazu gehört die Fähigkeit, erzieherisch einzugreifen.“ Dass dies in respektvoller und liebevoller Weise geschehen müsse, habe der Papst betont.

Thomas Rosica, ein Mitarbeiter der vatikanischen Pressestelle, hatte Franziskus zuvor verteidigt. „Wer hat seine Kinder nicht gezüchtigt oder ist von seinen Eltern als Heranwachsender gezüchtigt worden?“, schrieb er auf Nachfrage der Nachrichtenagentur AP. Der Papst habe ganz offensichtlich nicht davon gesprochen, einem Kind gegenüber grausam oder gewalttätig zu sein, sondern „jemandem beim Wachsen und Reifen zu helfen“. Man müsse sich Franziskus nur anschauen, wenn er mit Kindern zusammen sei: „Lassen Sie die Gesten und Bilder für sich selbst sprechen!“ Dass seine Aussage verzerrt und daraus etwas anderes abgeleitet werde, „offenbart ein größeres Problem derjenigen, die einen Papst nicht zu verstehen scheinen, der eine Revolution der Normalität, einfachen Sprache und klaren Gesten eingeleitet“ habe. Vatikan-Sprecher Lombardi betonte, Rosicas Kommentar sei nicht offiziell. „Aber das scheint mir doch eine normale und vernünftige Interpretation zu sein“, fügte er hinzu.

Die Vereinten Nationen hatten die katholische Kirche 2014 in ihrem Bericht zu Kinderrechten kritisiert, weil sie zu wenig tue, um körperliche Züchtigung zu unterbinden. Unter anderem forderte die UN, der Vatikan müsse Schläge in allen katholischen Schulen und Einrichtungen verbieten und ahnden. Damals wurde in Rom argumentiert, man habe dafür keine rechtliche Handhabe und könne die UN-Kinderrechtskonvention nur im Vatikan selbst umsetzen.

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