Bekommt Frankreich bald wieder eine handlungsfähige Regierung? Lecornu berichtet von Fortschritten, doch wer Premier wird, entscheidet allein Präsident Macron.
Paris vor EntscheidungLecornu sieht Weg für neue Regierung in Frankreich

Lecornu ist verhalten optimistisch, dass es eine Lösung für die Regierungskrise gibt.
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In Frankreich zeichnet sich ein Ausweg aus der politischen Krise ab. Noch vor dem Wochenende könnte Präsident Emmanuel Macron einen neuen Premierminister ernennen. Das sagte der zurückgetretene Premier Sébastien Lecornu nach Abschluss seiner Beratungen mit den Parteien und einem Treffen mit Macron dem Sender France 2.
„Ich habe dem Präsidenten mitgeteilt, dass die Aussicht auf eine Auflösung des Parlaments immer unwahrscheinlicher wird und dass die Situation es ihm meiner Meinung nach erlaubt, innerhalb der nächsten 48 Stunden einen Premierminister zu ernennen.“
„Es ist noch ein Weg möglich“
Es gebe eine „sehr relative Mehrheit“ mehrerer politischer Gruppierungen, einschließlich der linken Opposition, die sich auf einen Haushalt und Stabilität verständigen wollten, aber die Bedingungen stellten. „Ich kann Ihnen also sagen, dass ich das Gefühl habe, dass noch ein Weg möglich ist.“
Welche Ausrichtung die künftige Regierung erhalte und aus welchem Lager der neue Premier komme, müsse Präsident Macron entscheiden. Die Regierungsmannschaft müsse seiner Meinung nach aber aus Politikern bestehen, die keine persönlichen Ambitionen hätten, bei der Präsidentschaftswahl 2027 anzutreten.
Lecornu will nicht als Premier weitermachen
Dass er einen Durchstart als Premier macht, wenn Macron ihn darum bitte, schloss Lecornu aus. „Meine Mission ist heute Abend beendet.“ Spekuliert worden war, dass Macron Lecornu nach erfolgreichen Sondierungen in der Krise bitten könnte, als Regierungschef weiterzumachen.
Lecornu war erst vor vier Wochen angetreten und nach regierungsinternen Spannungen am Montag zurückgetreten. Macron hatte ihn danach beauftragt, binnen zwei Tagen einen Ausweg aus der entstandenen Krise auszuloten.

Sozialistenchef Faure könnte künftiger Premier in Frankreich werden.
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Als weitere mögliche Kandidaten für das Präsidentenamt nannten Medien den Sozialistenchef Olivier Faure. Dieser hatte für eine linksorientierte neue Regierung plädiert und sich bei Beratungen mit Macrons Mitte-Lager grundsätzlich konstruktiv aufgestellt. Außerdem fiel der Name des früheren sozialistischen Premiers Bernard Cazeneuve, der unter Präsident François Hollande von Dezember 2016 bis Mai 2017 Regierungschef war.
Wann entscheidet Macron?
Wie der Élysée-Palast mitteilte, werde Macron einen neuen Premier binnen 48 Stunden ernennen. Als Grundlage der Beratungen von Lecornu halte Macron fest, dass eine Mehrheit der Abgeordneten gegen Neuwahlen sei, dass es eine Basis zur Schaffung von politischer Stabilität im Land gebe sowie zur Verabschiedung eines Haushaltes.

Macron muss nun über einen künftigen Premier und die Ausrichtung der neuen Regierung entscheiden.
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Mit dem Abschluss der Vermittlungsbemühungen von Lecornu scheint die Auflösung der Nationalversammlung und das Ausrufen von Neuwahlen aufs Erste in die Ferne zu rücken. Macron hätte auch damit einen Ausweg aus der verfahrenen Situation suchen können. Aber die Befürchtung ist, dass das Präsidenten-Bündnis noch geschwächter aus so einer Wahl hervorgeht. Eine regierungsfähige Mehrheit für einen der Blöcke im zerstrittenen Parlament zeichnete sich bei Wahlumfragen in den letzten Tagen auch nicht ab.
Ein Rücktritt von Macron, den neben Frankreichs Linkspartei und den Rechtsnationalen von Marine Le Pen inzwischen auch frühere Vertraute forderten, dürfte es nach Lecornus Kompromissbemühungen vorerst nicht geben. Macron hatte einen Rücktritt immer ausgeschlossen und gesagt, er sei direkt vom Volk gewählt und werde sein Amt bis zum regulären Ende im Frühjahr 2027 ausüben. Zuletzt aber war er in der Krise unter massiven Druck geraten. (dpa)