Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Kommentar

Frontalangriff
Applaus und Kompliment für Musks Kritik an US-Präsident Donald Trump

Ein Kommentar von
Lesezeit 3 Minuten
Als noch alles nach Plan lief: Elon Musk Ende 2024 bei einer Rede Donald Trumps. /CNP/ABACA

Als noch alles nach Plan lief: Elon Musk Ende 2024 bei einer Rede Donald Trumps. /CNP/ABACA

Die USA schienen sich der Macht und Meinungswucht des US-Präsidenten zu unterwerfen. Dass sein einstiger Günstling nun dagegenhält, ist eine gute Nachricht.

Wer in Freiheit leben will, für den ist der freie Austausch von Meinungen unverzichtbar. Nach dem Start der zweiten Präsidentschaft von Donald Trump am 20. Januar schien genau jener Nährstoff in den USA nahezu ausgerottet zu sein: Um Trump herum entstand ein System wuchernder konzentrischer Kreise von Jasagern und Günstlingen – egal, wie absurd falsch oder abwegig dessen Thesen auch sein mochten. Als Belohnung gab es Einfluss und Geld, Merkmale autokratischer Systeme.

Die Zivilgesellschaft in den USA schien wie sediert, ein Alarmsignal, nicht nur für die USA, sondern für die gesamte Welt. Wenn es jemand mit dieser Taktik zum mächtigsten Menschen der Welt schafft, sich selbst und seine Familie darüber bereichert – gibt es eine bessere Blaupause für Nachahmer?

Deswegen hat Elon Musk, Ex-Berater Trumps und einer der erfolgreichsten Unternehmer seiner Generation, mit seinem Widerspruch gegen den US-Präsidenten der Welt einen wichtigen Dienst erwiesen. Er hat einem Mann widersprochen, der sonnenköniggleich agiert. Er hat dies aus der Herzkammer des Systems Trump heraus getan, was viel mehr Wucht entfaltet als wäre Musk zuvor Systemopponent gewesen. Er hat dies getan, ohne genau abschätzen zu können, welche Nachteile das für ihn bringt.

Das Wichtigste: Er provoziert damit nun eine Art Stresstest für die freiheitliche US-Gesellschaft. In Russland und China wären seine Tage in Freiheit gezählt. Kann sich Musk darauf verlassen, dass er trotz seiner Kritik am Systemherrscher Trump unversehrt bleibt, schützt ihn der Rechtsstaat, dessen Akribie und Penetranz Musk selbst so oft diskreditiert hat?

Dass Elon Musk nun von seinem Meinungsrecht Gebrauch macht, ist ein wichtiges Signal für die Selbstheilungskräfte freiheitlicher Gesellschaften.

Die Reaktion Trumps ist dazu nicht ganz eindeutig. Dass der 78-Jährige Musk als „crazy“, also verrückt, bezeichnet, bedeutet für den wohl keine Gefahr. Der Präsident wirft Musk aber auch vor, „feindlich” geworden zu sein und geschäftliche Interessen mit politischen Einfluss zu vermischen. Daraus ließe sich eventuell juristisch etwas stricken.

Die rhetorischen Senmesser, mit denen Trump und Musk agieren, mögen für Freunde des gepflegten Diskurses verstörend sein und sind unter normalen Umständen eindeutig nicht zur Nachahmung empfohlen. Die Andeutungen Musks etwa, Trump sei in die Machenschaften des Sexual-Schwerstverbrechers Jeffrey Epstein verwickelt gewesen, kommen einem Rufmord nahe.

Die Käuflichkeit von Wahlen

Dennoch ist die Schärfe der Rhetorik in diesem speziellen Fall und bei großzügiger Saldierung hilfreich. Denn sie leuchtet die Charaktere der Akteure aus und macht sie damit einem größeren Publikum zugänglich.

Das gilt auch für den zweiten, wichtigen Aspekt des Schlagabtausches: die Käuflichkeit demokratischer Wahlen und der Einfluss weitgehend unregulierter Kommunikationsplattformen. So deutlich wie nie zuvor stellt Musk nun öffentlich die These auf, nur dank seiner Unterstützung habe Trump die Wahl gewonnen („without me, Trump would have lost the election“). Eine These, die von Wahlforscherinnen und Wahlforschern schon lange vertreten wird.

Der reichste Unternehmer der Welt hatte Trumps Wahlkampf mit rund 250 Millionen Euro unterstützt und auf seiner Meinungsplattform X stark für ihn geworben. Das popular vote, also die landesweite Stimmenmehrheit insgesamt, hatte Trump gegen die demokratische Gegenkandidatin Kamala Harris nur recht knapp mit 49,8 Prozent gegen 48,3 Prozent gewonnen.

Im Stil von Schulhof-Keilereien

Das Ergebnis ist eine Weltpolitik im Stile von Schulhof-Keilereien und eine Verrohung der politischen Kultur. Das ist und bleibt Musk anzulasten.

Dass er nun von seinem Meinungsrecht Gebrauch macht, ist ein wichtiges Signal für die Selbstheilungskräfte freiheitlicher Gesellschaften. Deren Mitglieder müssen nun allerdings selbst aufwachen und sehen, was sie daraus machen.