Nach FlutkatastropheSPD will ein Zentralregister aller Gruben in NRW

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Blessem

Ein Foto zeigt, wie dramatisch die Lage in Erftstadt-Blessem war.

Düsseldorf – Die Hochwasserkatastrophe vom Juli 2021, bei der im Erftstädter Ortsteil Blessem durch einen schweren Erdrutsch vier Häuser in eine unterspülte Kiesgrube stürzten, muss aus Sicht der SPD Konsequenzen für die Kontrolle von bestehenden und künftigen Kiesabbauflächen in Nordrhein-Westfalen haben.

Die SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag fordert ein Zentralregister, in dem alle Abbauflächen mit ihren Besonderheiten aufgeführt sind.

419 Abbauflächen sind bei den Behörden in NRW registriert

Insgesamt gibt es in NRW derzeit 419 Flächen, die für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze freigegeben sind, auf denen bereits abgegraben wird oder die noch erschlossen werden müssen.

"Es gibt zu viele unterschiedliche Behörden, die für die Genehmigung und Kontrolle von Abgrabungen zuständig sind“, sagt René Schneider, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.

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Die Kiesgrube von Blessem ein halbes Jahr nach der Katastrophe

„Ein und dieselbe Abbautätigkeit wird durch unterschiedliche Gesetze geregelt und von verschiedenen Behörden bis hin zur Kreisebene überwacht. Mal nach dem Bergrecht, mal nach dem Wasserrecht, mal nach dem Abgrabungsgesetz. Dieser Kompetenz-Wirrwarr muss ein Ende haben.“

Von den 419 Flächen stehen nach Angaben der SPD 81 unter Bergaufsicht bei der Bergbehörde Dortmund, die bei der Bezirksregierung Arnsberg angesiedelt und dem NRW-Wirtschaftsministerium unterstellt ist.

Geologisches Institut legt Mindestanforderungen fest

„Alle anderen stehen unter der Aufsicht der Landkreise. Da muss jetzt das Umweltministerium untersuchen, welche Gefahren möglicherweise von ihnen ausgehen“, sagt Schneider. „Es sind also gleich zwei Ministerien mit dieser Gefahrenabschätzung befasst. Das frisst Ressourcen. Damit muss Schluss sein.“

Im Umweltausschuss am 1. Dezember 2021 habe die zuständige Ministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) es abgelehnt, ein gemeinsames Kataster über alle Flächen anzulegen. „Wir halten das für den falschen Weg“, sagt Schneider. Nur ein gemeinsames Kataster für alle Flächen ermögliche den Vergleich verschiedener Flächen und deren Gefahrenpotenzial.

„Mit Excel-Tabellen lässt sich das nicht machen“, sagt Schneider. Ein Kataster sei nicht nur für die derzeit im Mittelpunkt des Interesses stehende Risikoabschätzung wichtig, sondern auch für die Frage, „was wir in der Zukunft mit all diesen Flächen machen wollen“.

Immerhin habe das NRW-Wirtschaftsministerium unter Führung von Andreas Pinkwart (FDP) einen Plan, „wie es mit der Prüfung aller Tagebaue vorangehen könne“, so Schneider. Welche Lehren man aus der Flutkatastrophe für bestehende Gruben und anstehende Neugenehmigungen ziehen müsse, werde dort derzeit untersucht.

Die Bergbehörde habe alle Betreiber von Steine- und Erdenbetrieben in Überschwemmungsgebieten gefragt, wie sie die Gefahren durch Starkregen einschätzen. „Neben Blessem reden wir hier über zwölf weitere Abbaugebiete, die alle in den Kreisen Wesel und Kleve liegen.“

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Zeitgleich hat das Wirtschaftsministerium nach einem Bericht im Unterausschuss für Bergbausicherheit den Geologischen Dienst des Landes beauftragt, einen Kriterienkatalog mit Mindestanforderungen zu Hochwasser-Ereignissen zu erstellen.

Dieser Katalog soll für bereits bestehende und künftige Tagebau gelten. Das könne dazu führen, dass bereits ausgewiesene aber noch nicht in Anspruch genommene Flächen nicht genehmigungsfähig sind. „Bisher hat Starkregen bei der Betrachtung keine Rolle gespielt.“

Der Katalog liege nach Aussage des Geologischen Instituts inzwischen vor, sei aber noch nicht veröffentlicht. „Er wird die Basis für die Risikoabwägung sein.“

Bei der Sicherheit von Kiesgruben müsse es künftig zwischen allgemeinen Kriterien auch Einzelfallprüfungen geben. Blessem habe gezeigt, dass sich „Naturgewalten mit Schablonen“ nicht beherrschen lassen, so Schneider.

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