Johnson unter DruckTories manipulieren Wähler während britischer TV-Debatte

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Johnson Corbyn DPA 201119

Boris Johnson und Jeremy Corbyn.

Eigentlich sollten bei der britischen TV-Debatte die Spitzenkandidaten Boris Johnson und Jeremy Corbyn im Mittelpunkt stehen, stattdessen sorgt aber der Twitter-Account von Johnsons Tories am Dienstagabend für Aufsehen. Der Account, der normalerweise unter dem Namen „CCHQ Press“ firmiert, benannte sich für den Zeitraum der Debatte in „factcheckUK“ um und führte so zahlreiche Wähler hinters Licht.

Der Account retweete zahlreiche Pro-Johnson-Tweets und versuchte Corbyn Aussagen zu denunzieren, in dem es als seriöse Factchecking-Seite auftrat. Der Labour-Abgeordnete David Lammy twitterte: „Das ist eine Täuschung der Öffentlichkeit. Die Wahlkommission muss sich das genau anschauen.“

In der ersten TV-Debatte im britischen Wahlkampf war es zu einem heftigen Schlagabtausch zwischen Premierminister Boris Johnson und Jeremy Corbyn von der Labour-Partei gekommen. Nach einer Blitzumfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov war das Publikum in ungefähr gleiche Teile in der Frage gespalten, wer das Duell für sich entscheiden konnte. Für Johnson, der als klarer Favorit in die Auseinandersetzung gegangen war, dürfte das eine Enttäuschung sein.

Corbyn schweigt zum endgültigen Brexit

Der Premierminister griff seinen Kontrahenten bei der Debatte des Senders ITV immer wieder scharf wegen dessen Versprechens eines zweiten Brexit-Referendums an. „Werden Sie für den Verbleib oder den Austritt werben?“, fragte Johnson. Die Labour-Partei will die Briten innerhalb von sechs Monaten in einem Referendum vor die Wahl zwischen einem Brexit mit enger Bindung an die EU und dem Verbleib in der Staatengemeinschaft stellen. Corbyn will sich aber nicht festlegen, ob er für oder gegen den Austritt werben würde. Der Oppositionsführer blieb auch eine klare Antwort schuldig, wie er zu einer zweiten Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Schottlands steht.

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Corbyn konterte mit dem Vorwurf, Johnson wolle den chronisch unterfinanzierten Nationalen Gesundheitsdienst NHS einem Handelsabkommen mit den USA opfern. Den Plan des Premierministers, die EU am 31. Januar 2020 mit seinem nachverhandelten Abkommen zu verlassen, bezeichnete er als „Unsinn“. Johnson werde „mindestens sieben Jahre“ zum Aushandeln eines Handelsdeals mit den Washington brauchen. Auch die Übergangsphase bis Ende 2020 werde nicht ausreichen, um sich auf ein Abkommen über die künftigen Beziehungen mit der EU zu einigen.

Johnson im Angriffsmodus

Johnson war stark darauf fokussiert, seinen Gegner zu attackieren. Corbyn hingegen versuchte mit seiner Sozialpolitik zu punkten. Beide Kontrahenten handelten sich zeitweise den Spott des Publikums ein. Corbyn erntete höhnisches Gelächter, als er seinen Vorschlag einer Vier-Tage-Woche verteidigte. Johnson wurde ausgelacht, als er sich als wahrheitsliebend darstellen wollte.

Die Briten sollen am 12. Dezember ein neues Parlament wählen. Bislang wird der Wahlkampf von dem Brexit und der Krise im Gesundheitssystem dominiert. (mit dpa)

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