Keine ReserveLehrerverband warnt vor massivem Unterrichtsausfall in NRW

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Heinz-Peter Meidinger

Heinz-Peter Meidinger

Köln – Der Deutsche Lehrerverband warnt vor einem massiven Unterrichtsausfall an Schulen in Nordrhein-Westfalen. „Ich fürchte, wenn die erste Grippewelle anläuft und es zu ersten größeren Fehlzeiten von Lehrern kommt, wird es schnell zu einem massiven Ausfall von Schulstunden kommen“, sagte der Präsident des Verbandes, Heinz-Peter Meidinger, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. In NRW gebe es keine ausreichende Lehrer-Reserve. „Das wird vor allem die Grund- und Berufsschulen treffen“, sagte Meidinger.

Die Ursache liege in einem latenten Lehrermangel. Dabei gehöre NRW hierbei noch zu den Bundesländern, „die noch einigermaßen mit einem blauen Auge davongekommen sind“. Vor Schulstart werde die Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) jedoch Farbe bekennen müssen: „In der Regel sagen die Minister immer gerne, dass nur wenige Stellen unbesetzt sind, was man nicht sagt, ist, dass man in keiner Weise auf Unterrichtsausfälle vorbereitet ist, also null Reserve hat. Man braucht eine Lehrerreserve von fünf bis zehn Prozent der Planstellen“, so Meidinger. Der normale Unterrichtsausfall liege im Jahr bei acht Prozent – die Länder liegen jedoch weit drunter, was sich angesichts des akut Lehrermangels besonders auswirke.

40.000 Pädagogen fehlen

An Deutschlands Schulen fehlen nach Darstellung des Lehrerverbands fast 40.000 Pädagogen, 10.000 Lehrerstellen seien nicht besetzt, 30.000 weitere Stellen seien notdürftig mit Nicht-Lehrern, Seiteneinsteigern, Pensionären und Studenten besetzt worden.

„Es ist in NRW sicher nicht so extrem wie in Berlin und Sachsen, aber es gibt auch hier hunderte Lehrerstellen, die nicht besetzt werden können“, sagte der Verbandspräsident.

„In fast allen Bundesländern ist die Entwicklung verschlafen und seit Jahren nicht auf den Geburtenanstieg reagiert worden“, kritisierte Meidinger. In Ländern wie Berlin und Sachsen müsse man von einem Bildungsnotstand sprechen. So schlimm sei es in NRW hingegen nicht, wenngleich es auch hier eine verstärkte Quereinsteigerquote gebe, „die aber nicht so hoch ist, wie wir das in Berlin oder Sachsen kennen, wo sie zwischen 60 und 80 Prozent liegt“.

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Alle Länder, auch NRW, würden nun ähnlich auf die Misere reagieren, allerdings alle auch zu spät. „Der Lehrermangel ist ein Produkt selbstverschuldeter fehlender Maßnahmen der Politik.“ Man hätte schon vor sechs, sieben Jahren reagieren sollen, klagt Meidinger.

„Alle reagieren ähnlich“

„In den nächsten zwei, drei Jahren wird man um Notmaßnahmen nicht herumkommen“, sagt Meidinger. „Eine davon in NRW ist ja, dass man junge Gymnasiallehrer, die keine Anstellung finden, in der Grundschule unterrichten lässt. Auch der Wechsel zurück ans Gymnasium macht Sinn, weil wir ja das Abitur nach neun Jahren bekommen“ – es würde dadurch einen verstärkten Bedarf an Gymnasien geben und vielleicht weniger Bedarf an Grundschulen.

Die NRW-Landesregierung hat Maßnahmen gegen den Lehrermangel ergriffen. Dazu zählt eine Imagekampagne für den Lehrerberuf und auch die Rekrutierung von Seiteneinsteigern. Auch an den Universitäten werden wieder mehr Kapazitäten für die Lehrerausbildung geschaffen. Das Problem bleibt dennoch akut.

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