Putin, Trump, Wilders, Milei und Co.Hitler-Vergleiche sind immer falsch, aber…

Ein Kommentar von
Lesezeit 3 Minuten
Bei einer Kundgebung in New York wird Wladimir Putin mit Adolf Hitler verglichen. Der Kremlchef teilt diese Gemeinsamkeit mit anderen internationalen Politikern. (Archivbild)

Bei einer Kundgebung in New York wird Wladimir Putin mit Adolf Hitler verglichen. Der Kremlchef teilt diese Gemeinsamkeit mit anderen internationalen Politikern. (Archivbild)

Hitler-Vergleiche sind immer falsch. Ignorieren sollte man sie aber nicht. Ideologie und Sprache der Nazis haben überdauert, nicht nur in hierzulande.

Donald Trump hat ihn. Javier Milei auch. Wladimir Putin sowieso. Auch Elon Musk darf in dieser illustren Runde nicht fehlen. Björn Höcke natürlich ebenfalls nicht. Und Geert Wilders hatte ihn schon vor vielen Jahren. Die Männer haben eine unrühmliche Gemeinsamkeit: Sie alle wurden in der (jüngsten) Vergangenheit mit Adolf Hitler verglichen. Ist er wieder da?

Der Hitler-Vergleich ist immer eine unzulässige Relativierung des Holocaust. Selbst der schlimmste Faschist und Mörder unter den Verglichenen, Wladimir Putin, erreicht nicht das Ausmaß des Bösen, das Hitler seine singuläre Position in der Geschichte eingebracht hat.

Konjunktur für Hitler-Vergleiche: Ist er wieder da?

Das systematische Töten von Menschen, der Schrecken des industriellen Massenmords an den Juden ist unerreicht. Das würde wohl auch niemand, der die jüngsten Hitler-Vergleiche aufgestellt hat, bestreiten. Und dennoch muss das unterstrichen werden.

Hitler-Vergleiche als Gemeinsamkeit: Wladimir Putin, Donald Trump, Geert Wilders, Elon Musk und Javier Milei (v. l. n. r.)

Hitler-Vergleiche als Gemeinsamkeit: Wladimir Putin, Donald Trump, Geert Wilders, Elon Musk und Javier Milei (v. l. n. r.)

Die Verglichenen erreichen allesamt nicht die Monstrosität Adolf Hitlers. Sei es die Rhetorik von Trump und Milei, der „Technofaschismus“, wie der Historiker Timothy Snyder die politische Orientierung Elon Musks mittlerweile nennt, oder der bedrohliche „Raschismus“ eines Wladimir Putins.

Auch die Hamas, die für den schlimmsten Angriff auf Juden seit der Shoa verantwortlich zeichnet, teilt zwar den Auslöschungswunsch mit Hitler, ist von der systematischen Vernichtung aber zum Glück noch weit entfernt.

Hamas, Putin, Trump, Milei, Musk, Wilders, Höcke: „Inspiriert von Hitler“?

„Inspiriert von Hitler“, sei die Terrorgruppe, erklärte die US-Intellektuelle Paul Berman kürzlich. Diese Formulierung ist empfehlenswert, zeigt sie doch Ähnlichkeiten auf, ohne Hamas, Putin, Trump, Milei und Co. auf eine Stufe mit dem deutschen Tyrannen zu stellen.

Nach der Klarstellung, dass ein Hitler-Vergleich immer auch eine Holocaust-Verharmlosung darstellt, gibt es jedoch eine Gemeinsamkeit, die den neuerlichen Gleichnissen innewohnt: Furcht. Die Furcht davor, dass aus jenen, die bisher lediglich klingen wie Hitler oder sich ein bisschen verhalten wie der deutsche Tyrann, irgendwann doch noch ein ausgewachsener Hitler werden könnte.

Rechtspopulismus auf dem Vormarsch: Er war niemals weg

Wenn ein Musk die gleichen antisemitischen Verschwörungstheorien bedient, die bereits der deutsche Faschist in „Mein Kampf“ bemühte. Wenn ein Donald Trump von „Ungeziefer“ spricht und ankündigt, sich an seinen Kritikern rächen zu wollen. Wenn ein Milei sich als strahlenden, wenn gleich auch angeblich pro-israelischen alleinigen Anführer inszeniert, der gegen die Eliten kämpft. Wenn die Sprache russischer Ideologen ähnlich faschistisch und kalt klingt, wie Hitlers und Goebbels Thesen. Und wenn Höcke und Wilders mit Nazi-Sound große Erfolge erzielen.

Dann macht das die internationalen Rechtspopulisten nicht zu Hitler, es zeigt jedoch: Die Ideologie und Sprache der Nazis haben überdauert, nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt. Die viel zu breite Unterstützung für die Trumps, Putins, Mileis, Musks und Höckes zeigt: Die Methoden der Populisten treffen gerade in schwierigen Zeiten noch immer auf fruchtbaren Boden.

„Deutschland, siehst du das nicht?“

Hitler ist also nicht wieder da, er war leider niemals weg. Freunde der Demokratie, Freiheit und der universellen Menschenrechte sollten sich darauf einstellen. „Dass der Nazi dir einen Totenkranz flicht, Deutschland, siehst du das nicht?“, fragte vor fast 100 Jahren bereits der Satiriker Kurt Tucholsky. Es war eine berechtigte Frage. Deutschland wollte es nicht sehen. 

Gerade deshalb sollten wir die Augen aufmachen – und nicht verklären, was wir da erblicken. Der Antifaschismus bleibt ein ewiger Kampf. Wir sollten ihn lieber zu früh als zu spät (wieder) aufnehmen. „Nie wieder“ ist – ganz offensichtlich – jetzt.

KStA abonnieren