Trotz vieler ziviler Opfer„Recht auf Selbstverteidigung nicht aushöhlen“ – Völkerrechtler verteidigt Israel

Lesezeit 2 Minuten
Chan Junis: Rauch steigt am 14. November von einem israelischen Luftangriff neben dem Nasser-Krankenhaus auf.

Chan Junis: Rauch steigt am 14. November von einem israelischen Luftangriff neben dem Nasser-Krankenhaus auf.

Angesichts des Leides der palästinensischen Zivilbevölkerung wächst die Israel-Kritik. Matthias Herdegen von der Uni Bonn hält das Vorgehen aber für gerechtfertigt.

Das Vorgehen Israels in Gaza ist nach Einschätzung des renommierten Bonner Völkerrechtlers Matthias Herdegen trotz vieler ziviler Opfer juristisch gerechtfertigt. Ein angegriffener Staat dürfe sich prinzipiell auch gegen einen Angreifer zur Wehr setzen, der Zivilisten als Schutzschilder benutze, sagte Herdegen dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.

„Das Völkerrecht zwingt den Angegriffenen nicht dazu, seine Kampfhandlungen so zu beschränken, dass die Zahl der Opfer beim Angreifer nicht die Zahl der Getöteten im eigenen Land übersteigt“, sagte Herdegen. „Eine solche Schranke würde das Recht auf Selbstverteidigung gerade gegenüber solchen Konfliktparteien aushöhlen, die Opfer unter der eigenen Bevölkerung zum Mittel ihres Kampfes machen.“

Herdegen hob vor, die von der Hamas betriebene Einrichtung von Waffenlagern unter Kliniken, Wohnhäusern und Schulen sei ein Kriegsverbrechen: „Schon in dieser Form der Vorbereitung auf einen Konflikt liegt ein eklatanter Verstoß gegen Regelungen des humanitärem Völkerrechts.“

Alles zum Thema Nahostkonflikt

Hamas unter Kliniken: Krankenhaus verliert seinen absoluten völkerrechtlichen Schutz

Ein Krankenhaus verliere in diesem Fall seinen absoluten völkerrechtlichen Schutz. Zwar seien Klinikeinrichtungen als solche weiterhin keine legitimen Ziele. „Ein Vorrücken gegen ein in oder unter einer Klinik verborgenes Waffenlager oder eine Kommandozelle aber ist vom Völkerrecht gedeckt“, sagte Herdegen. „Israel muss es nicht hinnehmen, dass die Hamas sich dauerhaft auf verbotene Weise hinter wehrlosen Zivilisten verschanzt.“ Das Völkerrecht setze auch keine zeitliche Grenze für einen solchen militärischen Einsatz.

Herdegen sagte weiter, er habe den Eindruck, dass die israelische Armee sich ihrer Verpflichtungen aus dem humanitären Völkerrecht sehr wohl bewusst sei. Es gebe Warnungen an die Bewohner bedrohter Zonen oder durch das sogenannte „roof knocking“, eine kleinere Bombe mit Warnwirkung, die auf dem Dach eines Gebäudes explodiert. Auf der Seite der Hamas sei es genau umgekehrt. 

Matthias Herdegen ist Verfasser fűhrender wissenschaftlicher Werke und Lehrbücher zum Völkerrecht und hat die Bundesrepublik oft auf internationaler Ebene vertreten. Viele Juristinnen und Juristen kennen Herdegen als Autor der bei Beck erschienenen Standardlehrbücher „Völkerrecht“ (22. Auflage) und „Europarecht“ (24. Auflage).

KStA abonnieren