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KommentarOstern verbindet die Menschen auch über die Distanz miteinander

Lesezeit 3 Minuten
Symbolbild Ostern 1

Ostern ist ein Bekenntnis zum Leben.

Er lebt. Für sich genommen, ist die Sensation des Ostermorgens gar keine. Sie wird es erst, weil trauernde Frauen, die Treuesten unter den Anhängern des Jesus von Nazareth, zu seinem Grab kommen, dort etwas von „Auferstehung“ hören und diese Botschaft nicht für sich behalten.

Der Osterglaube der Christen ist ganz und gar ein kommunikatives Geschehen, gegründet auf die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen und Zeugen sowie auf das Vertrauen der Hörenden. „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben“, sagt der auferstandene Christus zum „ungläubigen Thomas“, der nach Beweisen verlangt für etwas, was am Ende nicht beweisbar ist.

Der Einwand des Atheismus

Das ist der triftigste Einwand gegen das Christentum wie überhaupt gegen jede Religion. Wo ist denn ihr Gott? So spotten schon „die Völker“ im biblischen Psalm 115. Es liegt darin zugleich auch die größte Schwierigkeit aller, die gegen den Augenschein, gegen die Empirie und mathematische Beweisführung am Glauben festhalten. Allerdings sind sie gegenüber Atheisten auch nicht entscheidend im Nachteil. Die Nicht-Existenz Gottes ist schließlich auch nichts anderes als – eine Glaubenssache.

Vollends prekär wird es für die Sache der Glaubenden aber, wenn nicht nur ihre Botschaft, sondern auch sie selbst für unglaubwürdig gehalten werden. Ob eine Physiklehrerin das Richtige sagt oder der Konditor das Richtige tut, lässt sich im Experiment zeigen oder an der Qualität der Torten bemessen. Glaubensverkünder dagegen müssen für ihr Wort mit ihrer Person einstehen. Sexualisierte Gewalt und deren Vertuschung lassen von einer solchen Beglaubigung nichts übrig. Genau deshalb trifft der Missbrauchsskandal die Kirche und ihre Vertreter mit größerer Wucht und Folgenschwere als andere.

Bekenntnis zum Leben

Die Botschaft von Ostern ist ein großartiges Bekenntnis zum Leben. Zu einem „Leben in Fülle“, wie es im Johannes-Evangelium heißt. Fülle schließt die Gefährdungen und Verletzungen, die Ungereimtheiten, die Brüche, die Enttäuschungen und Niederlagen ein. Deshalb passt die österliche Lebensbejahung auch in eine Zeit, in der das Leben ungezählter Menschen auf dem Spiel steht und Tag für Tag viele Tote zu beklagen sind. Mit einem erfüllten Leben ist keine Sidol-Existenz gemeint, streifenfrei und blankpoliert. Deshalb geht der Karfreitag Ostern voraus.

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Und deshalb sind die Erscheinungen des Auferstandenen vor seinen Jüngern – anders als manchen künstlerischen Darstellungen – auch keine triumphalen Machtdemonstrationen. Es sind vielmehr betont schlichte, alltägliche Begegnungen, die aber das Leben der Jünger verwandeln. Sie werden danach plötzlich mutig. Auf einmal erkennen sie einen Sinn im Leiden und Sterben Jesu, weil der Auferstandene selbst ihnen auf einer langen Wanderung von Jerusalem nach Emmaus „den Sinn der Schrift erschließt“ und mit ihnen das Brot bricht.

Gottesdienst auf Abstand

In der Geschichte der Emmaus-Jünger ist szenisch verdichtet, was den christlichen Gottesdienst ausmacht: in Gemeinschaft mit anderen dem eigenen Glauben auf die Spur kommen, Hoffnung schöpfen, das Leben teilen. Mit Feiern im Livestream oder auf Sicherheitsabstand ist das schwieriger als sonst. Aber es kann gelingen. Und wann, wenn nicht an Ostern, sollte das Ja zum Leben Menschen nicht auch über die Distanz miteinander verbinden?

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