Konflikt im Ost-KongoMönche als Schiedsrichter zwischen den Fronten

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Das Kloster von Mokoto liegt auf einer Anhöhe in den Masisi-Bergen im Osten der Demokratischen Republik Kongo. Die Mönche arbeiten für die Verständigung der untereinander verfeindeten Volksgruppen.

Kloster Mokoto – Das Kloster von Mokoto liegt auf einer Anhöhe in den grünen Bergen von Masisi, einige Kilometer abseits der Straße nach Kitchanga. Besucher gelangen über einen ummauerten Hof in die Anlage, von der aus man einen Blick weit in die umliegende Landschaft hat: Weiden und Felder, auf denen Gemüse angebaut wird. In der Nähe liegt ein See. Die Mönche sind Trappisten, Zisterzienser der strengeren Observanz, wie sie eigentlich heißen. Still ist es hier und friedlich.

Zurückgezogenes Leben

Die Abgeschiedenheit ist Programm, Trappisten widmen ihr Leben dem Gebet, dem Lesen religiöser Schriften und der körperlichen Arbeit. Morgens um 3.30 Uhr beginnt ihr Tag. Siebenmal täglich versammeln sie sich zu Gebet und Gesang.

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Das Kloster liegt etwa 150 nordwestlich von Goma in den Masisi-Bergen.

In Mokoto kommt für die Mönche noch eine vierte Aufgabe hinzu: der Erhalt des fragilen Friedens in der Region. Das Kloster ist eine Art neutraler Ort, ein Schiedsplatz. Und die Mönche sind die Schiedsrichter.

„Wir sind im Kontakt mit allen drei Volksgruppen der Region, den Bahunde, den Hutu, die nach dem Völkermord in Ruanda hierherkamen, und den wenigen noch hier verbliebenen kongolesischen Tutsi. Wenn die Gruppen Probleme untereinander haben, kommen sie hierher, um miteinander zu sprechen. Unsere Bedingung ist, dass sie unbewaffnet sind“, erzählt einer der Trappisten-Mönche, der seinen Namen nicht nennen möchte. Auch Vertreter der UN-Friedensmission Monusco kämen ins Kloster und verhandelten mit den bewaffneten Gruppen.

„Vor kurzem hatten die Hutu zwei vom Volk der Bahunde entführt“, erzählt der Mönch. Die Angehörigen wandten sich ans Kloster und baten um Hilfe. Ein Anruf bei den Hutu bewirkte zunächst, dass die beiden Entführten am Leben blieben. „Dann fuhr unser »Außenminister« ins Hutu-Dorf. Dort erhielt er einen Brief für die Angehörigen mit der Zusage, dass die beiden Geiseln freigelassen würden.“

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Im Kloster herrscht Stille und Frieden, der ideale Ort, um Konflikte zwischen Volksgruppen zu lindern.

Kleine Erfolge und eine blutige Katastrophe

In ihrer Vermittlerrolle haben die Mönche viele kleine Erfolge erlebt – und eine blutige Katastrophe. Als nach dem Genozid in Ruanda 1994 Abertausende Hutu in die Region kamen, entstand ein scharfer Konflikt um Weide- und Ackerland. Die Hutu kauften den ortsansässigen Bahunde Land ab, nahmen sich dabei aber oft mehr als eigentlich abgemacht war.

Land-Kooperative sollte Frieden erhalten

Die Trappisten reagierten darauf mit der Gründung einer Kooperative, in die sie 200 der insgesamt 300 Hektar Land einbrachten, die sie seit der Kolonialzeit besaßen. Mehrere Hundert Hutu, Bahunde und Tutsi-Familien profitierten davon. Doch 1996 nahmen die Spannungen zwischen den Volksgruppen immer mehr zu. Viele Menschen flohen.

Massaker am 12. Mai 1996

Nach Angaben von Damien Debaisieux, Abt im belgischen Scourmont, dem Mutterhaus des Klosters von Mokoto, kampierten in den ersten Monaten jenes Jahres etwa 1000 Flüchtlinge in der Umgebung des Klosters. Mehrere Wochen lang halfen die Mönche ihnen mit Nahrungsmitteln.

„Am 12. Mai stand ein bewaffneter Angriff gegen das Kloster und die Gemeinschaft unmittelbar bevor. Die Mönche hatten keine andere Wahl, als zu gehen – ihre Anwesenheit wäre für niemanden ein Schutz gewesen“, so Abt Debaisieux auf Anfrage dieser Zeitung.

Bis zu 150 Tote

Der Angriff durch Hutu-Milizen kam unmittelbar nach der Abreise der Mönche. Zwar entkam ein Teil der Flüchtlinge. Aber die Angreifer metzelten viele Menschen nieder, vor allem auch jene, die nach der Abreise der Mönche im Kloster Schutz gesucht hatten. Wie viele damals starben, ist unklar. In Zeitungsberichten aus der Zeit ist von 100 bis 150 Toten die Rede. Das Kloster wurde geplündert und teilweise zerstört. Die Ruine blieb verlassen stehen.

Nichts erinnert an den schrecklichen Tag

An das Massaker erinnert heute im Kloster nichts, kein Mahnmal, keine Erinnerungsplakette. „So etwas hat unglücklicherweise überhaupt keinen Sinn, denn es gab überall in der Region Massaker. Man müsste solche Erinnerungstafeln vor jedem Haus und an jeder Kreuzung dort aufstellen“, sagt Abt Debaisieux.

Einige Mönche aus Mokoto ließen sich in dem etwa 150 Kilometer entfernten Goma am Ufer des Kivu-Sees nieder, andere gingen außer Landes. Zwischen 1996 und 2009 starben im Osten des Kongo in drei Kriegen mutmaßlich weit mehr als drei Millionen Menschen.

Alle drei Volksgruppen baten die Mönche zurückzukehren

Zwar hielten die Mönche den Kontakt zur Bevölkerung in der Umgebung ihres Klosters. Aber an eine Rückkehr war nicht zu denken. Das geschieht erst im Januar 2011 – und auch auf dringende Bitte der Kongolesen. „Leute aus allen drei Volksgruppen sind zu uns gekommen und haben uns gebeten zurückzukommen“, erzählt der Mönch in Mokoto.

Der Staat hat die Landbevölkerung aufgegeben

Seitdem verwalten die Trappisten von Mokoto wieder die Genossenschaft auf Kloster-Land und haben eine Gesundheitsstation aufgebaut. Die Mönche erhalten neben Hilfsorganisationen wie der Welthungerhilfe, die in einem Nachbardorf einen Brunnen gebohrt hat, ein Minimum an Ordnung und Infrastruktur aufrecht, für die eigentlich der kongolesische Staat sorgen müsste. Aber der „hat die Bevölkerung völlig aufgegeben“, sagt der Mönch.

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Die Trappisten-Mönche im Kloster Mokoto widmen ihr Leben dem Gebet, der körperlichen Arbeit und der Bevölkerung in der Region um das Kloster.

Die Leute in den Bergen von Masisi seien kriegsmüde. Das Land in der Region sei sehr fruchtbar. Und dennoch sehe er Kinder, die tagelang nichts zu essen bekommen. „Eigentlich musst du nur ein Samenkorn auf das Land werfen, und schon gedeiht etwas. Ich weiß aber nicht , ob das ein Segen oder ein Fluch ist.“

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