Kritik an LegalisierungsentwurfPolizeigewerkschaft ist unzufrieden mit Cannabis-Modell

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Ein Landwirt tastet die Blätter einer Hanfpflanze auf einem Feld.

Nicht weit genug geht der Gewerkschaft der Polizei der Gesetzesentwurf der Ampel-Koalition. Der ursprünglich geplante freie Verkauf soll vorerst nur in Modellprojekten stattfinden.

Laut Polizeigewerkschaft wird die geplante Legalisierung auf den illegalen Handel kaum Auswirkung haben. 

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat die am Mittwoch vorgestellten Cannabispläne der Bundesregierung kritisiert. Die Gewerkschaft erkenne darin deutlich mehr Klientelpolitik als einen signifikanten Fortschritt mit Blick auf eine verbesserte Drogenprävention, sagte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Alexander Poitz dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

„Die zusammengestutzte Cannabislegalisierung wirkt wie ein politisches Manöver, um die langsam ungeduldiger werdende Gruppe der Konsumenten ruhigzustellen“, sagte Poitz. „Auf den illegalen Cannabishandel auf dem Schwarzmarkt wird der Lauterbach-Entwurf jedoch keinen bedeutenden Einfluss entfalten. Das gilt ebenso für den riskanten Cannabiskonsum von Minderjährigen“, kritisierte der Polizeigewerkschafter. Auch für die Polizei ergebe sich durch die Pläne keine nennenswerte Arbeitsentlastung.

GdP: Konsumclubs sind keine Lösung

Insbesondere die Schaffung von Cannabiskonsumclubs eröffne neue Möglichkeiten, unter dem Deckmantel vermeintlicher Vereinsarbeit die vorgeschriebene Abgabe von Cannabis zu unterlaufen, kritisierte die GdP. Es liege auf der Hand, dass mehrere Behörden mit der Kontrolle des Vereinslebens beschäftigt sein werden. „Es sollten keine Gesetze das Licht der Welt erblicken, bevor nicht völlig klar ist, dass diese auch konsequent kontrolliert werden können. Davon sind wir hierzulande, vor allem im Bereich des öffentlichen Dienstes, darunter die Polizeien, weit entfernt.“

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Auch der Besitz von maximal drei Pflanzen oder 25 Gramm Cannabis pro Person sei in der Praxis „prinzipiell nicht kontrollierbar“. Eine polizeirechtliche Grundlage für das Zählen von Cannabisblumentöpfen in Privatwohnungen werde es sicherlich nicht geben. Die Polizeigewerkschaft zeigte sich außerdem besorgt, dass auch künftig Cannabis mit einem sehr hohen THC-Gehalt verfügbar sei.

Die GdP sieht auch mögliche Probleme bei der geplanten befristeten Einrichtung von lizenzierten Cannabisabgabestellen in Modellregionen. „Die lizenzierten Geschäfte, wo legal Cannabis verkauft werden soll, könnten sich zu wahren Wallfahrtsorten von Konsumenten entwickeln“, sagte GdP-Vize Poitz. Dass sich dort Schwarzmärkte etablieren könnten, sei keineswegs unwahrscheinlich.

CDU sieht Lücken beim Kinder- und Jugendschutz

Scharfe Kritik kommt auch von der CDU. Ihr Generalsekretär Mario Czaja sieht massive Lücken beim Kinder- und Jugendschutz. „Gesundheitsminister Lauterbach sagt selbst, dass der Konsum der Cannabisdroge erhebliche gesundheitliche Schäden bei Kindern und Jugendlichen anrichtet“, sagte Czaja dem RND. „Wie unsere Kinder vor dieser Droge in Zukunft ordentlich geschützt werden sollen, beantworten die Eckpunkte der Minister Lauterbach und Özdemir allerdings nicht.“

Czaja pochte auf Jugend- und Kinderschutzmaßnahmen bei der Legalisierung. „Vage Andeutungen werden den Kinder- und Jugendschutz nicht stärken, es braucht konkrete Maßnahmen. Wir lehnen deshalb die jetzt vorgelegten Vorschläge zur Freigabe der Cannabisdroge entschieden ab.“

Grünen-Vorsitzende sieht Entwurf als wichtigen ersten Schritt

Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang hingegen begrüßte die geplante schrittweise Cannabis-Legalisierung als „wichtigen Schritt hin zu einer zeitgemäßen Drogenpolitik“. „Heute haben wir einen Meilenstein für die Legalisierung von Cannabis in Deutschland erreicht“, sagte sie am Mittwoch in Berlin zu den von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Agrarminister Cem Özdemir vorgestellten Plänen.

Lang sagte, künftig werde der Konsum von Cannabis sinnvoll reguliert, Konsumierende würden nicht länger kriminalisiert. „Damit rücken wir den Gesundheits- und Jugendschutz endlich in den Vordergrund. Wir ziehen einen Schlussstrich unter die gescheiterte Drogenpolitik der letzten Jahrzehnte. Gleichzeitig trocknen wir den Schwarzmarkt aus und entlasten so Polizei sowie Justiz spürbar.“ Dies sei ein „großer Erfolg der Ampel“.

Markus Söder kündigt Widerstand an

Die bayerische Staatsregierung hat die neuen Pläne der Bundesregierung zur teilweisen Legalisierung von Cannabis-Produkten scharf angegriffen und will die Legalisierung im Freistaat möglichst verhindern. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nannte das Vorhaben auf Twitter einen „Irrweg“.

Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte: „Die Ampelkoalition versucht jetzt krampfhaft, mit juristischen Winkelzügen Schlupflöcher für ihr ideologisches Legalisierungsprojekt zu finden.“ Gesundheitsrisiken würden verharmlost.

Die Pläne der Bundesregierung sehen vor, dass in Deutschland künftig der Besitz von maximal 25 Gramm Cannabis und der Eigenanbau von höchstens drei Pflanzen straffrei sein sollen. Außerdem will die Bundesregierung den Anbau und die Abgabe der Droge in speziellen Vereinen ermöglichen. Der ursprünglich geplante freie Verkauf von Cannabis für Erwachsene in Fachgeschäften soll erst in einem zweiten Schritt und zunächst in Modellregionen mit wissenschaftlicher Begleitung erprobt werden.

Holetschek kritisierte die Pläne: „Diese „wissenschaftlichen“ Modellprojekte zielen auf die Etablierung eines staatlichen Verteilungssystems für Cannabis - und damit auf eine Praxis, die nach dem Völkerrecht klar verboten wird.

Sie sind ein Versuch, diese Vorgaben des Völkerrechts zu umgehen. Auch mit dem Europarecht sind diese Modellprojekte nicht vereinbar.“ Bayern werde genau analysieren, wie die Cannabis-Legalisierung in Bayern zu verhindern sei. (RND/dpa)

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