Wadephul will liefern, was Trump verlangt: fünf Prozent für die Verteidigung. Sicherheit darf aber nicht zur Prozentfrage verkommen.
Trump-WunschFünf Prozent Verteidigungsausgaben könnten zur Gefahr werden

Johann Wadephul (CDU), Bundesaußenminister, gibt während eines informellen Treffens der Nato-Außenminister ein Statement.
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Teure Worte aus Antalya: Nachdem US-Präsident Donald Trump fünf Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung gefordert hatte, will der deutsche Außenminister Johann Wadephul (CDU) liefern. Beim NATO-Treffen an der türkischen Riviera kündigte er an, Deutschland werde dem US-Wunsch folgen. Eine Ankündigung, die außenpolitisch wie eine Loyalitätserklärung klingt und innenpolitisch wie eine astronomisch teure Haushaltsbombe.
Längst kann sich niemand mehr der Illusion hingeben, die USA würden Europas Sicherheit dauerhaft garantieren. Dass die Europäer selbst investieren müssen, steht außer Frage. Denn Russland wird auch noch in vielen Jahren ein Sicherheitsrisiko bleiben, unabhängig vom Ausgang des Ukraine-Kriegs. Dass Kremlchef Wladimir Putin an Frieden auf dem europäischen Kontinent nicht interessiert ist, hat er erst am Donnerstag wieder deutlich gemacht: Zu den Verhandlungen mit dem ukrainischen Präsidenten erschien er gar nicht erst, sondern schickte lediglich ein paar Beamte.
5-Prozent-Ziel Ausdruck politischen Kalküls
Doch das 5-Prozent-Zahlenspiel, das der unberechenbare Donald Trump mit Vehemenz vorantreibt, ist kein Ergebnis strategischer Analyse, sondern Ausdruck politischen Kalküls. Einer klugen Sicherheitspolitik geht es nicht um die Erfüllung willkürlicher Prozentzahlen, sondern um militärische Handlungsfähigkeit. Ob drei, vier oder fünf Prozent, ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, was militärisch nötig ist: Welche Fähigkeiten braucht die Nato zur glaubwürdigen Abschreckung, was kostet diese militärische Stärke und wie können die Lasten gerecht verteilt werden? Bloße Prozentansagen hingegen sind politische Show.
Im Falle Deutschlands wären 5 Prozent weit über 200 Milliarden Euro jedes Jahr. Spürbare Einschnitte bei den Sozialausgaben und Steuererhöhungen oder eine langfristig nur noch schwer zu stemmende Schuldenlast wären kaum zu vermeiden. Fünf Prozent, die nicht nur den Haushalt, sondern auch die gesellschaftliche Balance kippen könnten.
Sicherheit: Europas Regierungen stehen vor Mammutaufgabe
Eine Politik, die Renten kürzt, Pflege vernachlässigt und Bildung auf Eis legt, um Waffen zu finanzieren, riskiert das Vertrauen der Bevölkerung – und spielt denen in die Hände, die auf den Untergang der liberalen Demokratie spekulieren. Die soziale und wirtschaftliche Stabilität Europas stünde auf dem Spiel, besonders in Ländern, die wirtschaftlich und innenpolitisch ohnehin unter Druck stehen.
Europas Regierungen stehen vor einer Mammutaufgabe. Sie müssen den Menschen erklären, dass Sicherheit viele Milliarden kostet. Und dass höhere Verteidigungsausgaben immer auch bedeuten, an anderer Stelle zu sparen.
Immerhin könnten die Milliarden für Rüstung bei der Stärkung und engeren Zusammenarbeit der europäischen Industrie helfen. Das würde nicht nur die Sicherheit stärken, sondern auch Innovationskraft, Arbeitsplätze und Resilienz auf dem Kontinent.
Donald Trump: Niemand kennt Vorhaben des US-Präsidenten
Doch wäre das überhaupt in Trumps Sinne? Niemand weiß, was der unberechenbare US-Präsident mit seiner 5-Prozent-Forderung tatsächlich im Schilde führt. Will er Europa zu einem gigantischen Waffeneinkaufsprogramm bei US-Herstellern bringen? Oder sucht er einen Vorwand, um die Nato zu verlassen, weil er weiß, dass viele Partner die 5 Prozent nicht erfüllen können?
Europa steht vor einer Gratwanderung. Die USA müssen eingebunden bleiben, denn Europa kann ein Auseinanderbrechen der Nato und einen Austritt der USA nicht riskieren. Zu groß wären die sicherheitspolitischen Folgen. Gefragt ist eine Strategie, die klug priorisiert, effizient investiert und sozial erträglich finanziert ist. Denn wer Stabilität will, muss militärische Stärke und gesellschaftliche Balance gemeinsam denken. Nur so bleibt der Frieden in Europa gewahrt.