Ärger um StraßenzustandsberichtHat Minister Krischer die Zahlen geschönt?

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NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer spricht bei einer Pressekonferenz.

NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer steht gerade wegen Zahlen in der Kritik.

NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) hat bei der Vorstellung des Straßenzustandsberichts vier Jahre alte Zahlen verwendet. Was steckt dahinter?    

Ein Drittel der Straßen in NRW sind sanierungsbedürftig. Das ist das Ergebnis des Straßenzustandsberichts, den NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer in der vergangenen Woche im Landtag den Journalisten präsentierte. Der Politiker der Grüne kündigte für 2024 eine „Sanierungsoffensive“ an. Aber warum erst jetzt? Die Zahlen, auf der Krischers Analyse basiert, stammen offensichtlich aus dem Jahr 2019 – und somit nur wenig aktuell. Die FDP monierte, Krischer habe eine „Mogelpackung“ vorgelegt.

Die Straßeninfrastruktur in NRW ist in die Jahre gekommen. Knapp 6800 Brücken im Land haben ein Durchschnittsalter von 50 Jahren. Beim Bau hatte damals niemand vorhergesehen, wie stark der Verkehr zunehmen würden. Die Lastwagen wurden in den vergangenen Jahrzehnten zudem immer schwerer. Die Statik vieler Bauwerke ist dafür nicht ausgelegt. Die Sperrung der Rahmedetal-Brücke an der A 45 wirft ein Schlaglicht auf den kritischen Zustand der Infrastruktur in NRW.

Methoden von 2006 angewendet

Verkehrsminister Krischer hatte in der vergangenen Woche angekündigt, dass in den nächsten zehn Jahren 400 Brücken in NRW erneuert werden sollen. Macht Krischer Tempo beim Abbau des Sanierungsstaus? Christof Rasche, verkehrspolitischer Sprecher der Liberalen, ist davon überzeugt, dass das Gegenteil der Fall ist: „Es sieht so aus, als hätte der Bericht zwei Jahre auf dem Schreibtisch der Hausspitze gelegen“, sagte der FDP-Politiker dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Das sei „unfassbar“.

Rasche hat den Verdacht, dass die ohnehin schlechte Bewertung des Straßenzustands noch geschönt ist. Denn: Seit 2018 gibt es neue Leitlinien der Bundesanstalt für Straßenwesen. „Dem NRW-Bericht aber liegen alte Funktionen von 2006 zugrunde“, so der Verkehrsexperte: „Diese zeichnen voraussichtlich ein etwas positiveres Bild vom Zustand der Straßen als die neue Normierungsfunktion.“

33 Millionen Euro weniger im Etat

Die Opposition wirft dem grünen Verkehrsminister vor, den Ausbau der Straßen aus ideologischen Gründen auszubremsen. Damit schade er der Volkswirtschaft, denn intakte Straßen seien die wichtigste Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg. Schwarz-Grün will die Haushaltmittel für Landesstraßen im Etatentwurf für 2024 von 350 Millionen Euro um 33 Millionen Euro kürzen. „Das ist ein eklatanter Investitionsrückgang, der den Straßenzustand kaum spürbar verbessern wird. Baukostensteigerungen hat die Regierung offenbar auch überhaupt nicht berücksichtigt. Werden diese eingerechnet, werden rund 30 Prozent weniger Maßnahmen umgesetzt“, so Rasche.

Das NRW-Verkehrsministerium erklärte, die Erhebung des Straßenzustands dauere „aufgrund des umfangreichen Straßennetzes mehrere Jahre“. Die Methoden aus dem Jahr 2006 seien jetzt letztmals wegen einer bessern Vergleichbarkeit zum Tragen gekommen. Bei den vorhandenen Landesstraßen und der bestehenden Infrastruktur werde es im Bereich Sanierung und Erhaltung keine Kürzungen geben, so ein Sprecher. Am Mittwoch debattiert der Verkehrsausschuss des Landtags über die Kritik am Straßenzustandsbericht. 

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