Nach der CDU hat nun auch die SPD ihre Ministerriege benannt. NRW ist künftig nur noch mit der früheren Bundestagsabgeordneten Bärbel Bas am Kabinettstisch vertreten.
„Bitteres Karriereende für Svenja Schulze“SPD-Chef Lars Klingbeil wirft Ministerin aus NRW raus

Svenja Schulze (SPD), bislang Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, kommt nicht ins neue Kabinett. NRW ist künftig nur noch mit der früheren Bundestagsabgeordneten Bärbel Bas am Kabinettstisch vertreten.
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Wenn es mal nicht so gut läuft, macht es Sinn, sich an den positiven Dingen zu erfreuen. So hielt es am Montagmorgen auch der Landesvorsitzende der NRW-SPD. Die Partei freue sich, dass ein „absolutes Schlüsselministerium“ in der neuen Bundesregierung mit Bärbel Bas besetzt werde, erklärte Achim Post. Als Arbeits- und Sozialministerin habe die Duisburgerin künftig auch „großen Einfluss“ auf die Wirtschaftspolitik im Bund. Post befand, dass die nordrhein-westfälische SPD auch „bedeutenden Einfluss“ in nahezu allen Schlüsselressorts nehmen könne und in der Bundesregierung „stark vertreten“ sei. Eine äußerst positive Analyse, die darüber hinweggeht, dass die NRW-SPD bei den Personalentscheidungen in Berlin auch einen herben Dämpfer wegstecken musste.
„Die arme Svenja“. Mit diesen Worten begann ein Mitglied des SPD-Landesvorstands das Gespräch zur Lageeinschätzung nach der Vergabe der Ministerposten in der künftigen Bundesregierung. Svenja Schulze, bisher Ministerin für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und zuvor Bundesumweltministerin, wurde von SPD-Chef Lars Klingbeil aus der Kabinettsliste aussortiert. Gerade mal 56 Jahre alt, gehört die Vize-Landeschefin der NRW-SPD nicht mehr zu den Gesichtern der Partei, die für den Aufbruch in eine bessere Zukunft stehen. „Das ist ein ganz bitteres Karriereende für Svenja“, sagte das Vorstandmitglied. Schulzes Talent war von der früheren NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) entdeckt worden, die die Politikerin aus dem Münsterland 2010 zur Wissenschaftsministerin machte.
„Die SPD muss aufpassen, dass sie nicht zu einer erweiterten niedersächsischen Regionalpartei wird“
Als die NRW-SPD 2017 die Landtagswahl verlor, konnte Schulze ihre Laufbahn im Bund fortsetzen. NRW hatte damals als größter Landesverband der SPD auch noch großes Gewicht. Und heute? „Die SPD muss aufpassen, dass sie nicht zu einer erweiterten niedersächsischen Regionalpartei wird“, sagte Karsten Rudolph, früher Vize-Landeschef der NRW-SPD und Professor für Geschichte, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
In der Ampel-Regierung war NRW mit Schulze, Gesundheitsminister Karl-Lauterbach sowie Fraktionschef Rolf Mützenich aus Köln stark vertreten. Künftig sitzt mit Bas nur noch eine Politikerin aus NRW am Kabinettstisch. Beim Landesparteitag der NRW-SPD in Duisburg am kommenden Samstag wird sich jetzt zeigen, wie gut die Stimmung an der Basis ist. Immerhin ist sie in Berlin künftig in der zweiten Reihe gut vertreten. So soll mit Sebastian Hartmann der ehemalige Landesvorsitzende aus dem Rhein-Sieg-Kreis ins Verteidigungsministerium von Boris Pistorius befördert werden.
Lars Klingbeil kommt zum NRW-Landesparteitag
Vielen Sozialdemokraten steckt das katastrophale Abschneiden bei der Bundestagswahl (16,4 Prozent) noch in den Knochen. In einem Leitantrag nimmt die Partei auch Klingbeil ins Visier, der als Gastredner erwartet wird. Der hatte 2021 behauptet, er erwarte den Beginn eines „sozialdemokratischen Jahrzehnts“. Diese Aussage sei „nicht nur aus heutiger Sicht realitätsfern“, heißt es dazu in dem Antrag der NRW-SPD ungewohnt bissig.
Den Eindruck, dass der größte Landesverband sich auf einem Konfrontationskurs mit der Parteiführung befinde, will die Co-Vorsitzende Philipp aber nicht im Raum stehen lassen. „Wir freuen uns auf die Rede von Lars Klingbeil beim Landesparteitag“, sagte die Duisburgerin unserer Zeitung. Der habe bewiesen, dass er seinen Ankündigungen zur Neuaufstellung der Partei auch Taten folgen lasse: „Lars Klingbeil erhält viel Unterstützung aus den Reihen der NRW-SPD und wird die Partei in den kommenden Jahren maßgeblich prägen“, betonte die Landeschefin. Gleichwohl sei der Landesparteitag ein „zentraler Ort, an dem die Gründe für das Abschneiden bei der Bundestagswahl offen und ehrlich diskutiert werden“ müssten.
In der vergangenen Woche hatte die SPD der NRW-CDU vorgehalten, dass sie bei der Postenvergabe in der künftigen Bundesregierung zu schlecht abgeschnitten habe. Nun erfolgte die Replik. „Die NRW-SPD spielt in Berlin keine Rolle mehr“, sagte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak. Er bedauere, „dass gerade Svenja Schulze als erfahrene Ministerin geopfert“ worden sei - das verstehe „wirklich niemand“. „Machtkämpfe“ seien „offensichtlich das neue Markenzeichen der NRW-SPD.“
Auch Thorsten Schick, Fraktionschef der CDU im Landtag, attackierte die SPD: „Wer von Bedeutungsverlust spricht, sollte vorher klären, in welcher Partei der stattfindet“, sagte der Politiker aus Iserlohn. Während sich die NRW-SPD sich mit der eigenen Parteiführung anlege, sei die NRW-CDU in Berlin so stark vertreten wie nie: „Der künftige Bundeskanzler, der Fraktionschef, der Generalsekretär – alle aus Nordrhein-Westfalen, zudem zwei Minister mit Wohn- und bisherigem Dienstsitz in NRW.“