Kriege, Konflikte und wachsende soziale Ungleichheit bedrohen ein selbstbestimmtes Leben von vielen Mädchen und Frauen. Der Bund will den Gewaltschutz verbessern - aber stellt er auch die Mittel für den Bau von Frauenhäusern und Beratungsstellen zur Verfügung?
Geschlechtsspezifische GewaltWer bezahlt einen besseren Schutz für Frauen in Not?

Ein Frauenhaus: Das Gleichstellungsministerium in NRW will den Schutz von Frauen gegen Gewalt verbessern.
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In NRW gibt es aktuell 70 Frauenhäuser mit rund 707 Schutzplätzen, 750 Plätze sind für Kinder vorhanden. Im Januar wurde vom Bundestag das neue Gewalthilfegesetz verabschiedet, das zentrale Verbesserungen beim Opferschutz vorsieht. Bei der Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen in Essen forderten die Länder den Bund auf, die Mittel für den notwendigen Ausbau von Beratungseinrichtungen zur Verfügung zu stellen. „Gewaltschutz ist auch eine zentrale Frage des Selbstbestimmungsrechtes von Frauen und damit ihrer gesellschaftlichen und demokratischen Teilhabe“, sagte NRW-Gleichstellungsministerin Josefine Paul dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Alle staatlichen Ebenen sind nun gefordert, geschlechtsspezifische Gewalt zu stoppen“, fügte die Grüne hinzu.
Die Teilnehmer verabschiedeten auf der Konferenz eine „Essener Erklärung“ - als „starkes Signal“ für mehr Gewaltschutz. Im Jahr 2023 wurden in NRW 60.268 Fälle von häuslicher Gewalt erfasst, das sind 1665 Fälle mehr als im Vorjahr. Die Bekämpfung des Problems sei „nicht zuletzt eine Frage der inneren Sicherheit“, sagte Paul.
Zu wenige Frauenhäuser - auch in Köln
Die Grüne appellierte an Bundesfrauenministerin Karin Prien (CDU), ein „investives und bürokratiearmes Bundesprogramm“ zu entwickeln und sich bedarfsgerecht an den entstehenden Investitionskosten der Länder ab 2026 zu beteiligen, um Opfern den Zugang zu Schutzeinrichtungen zu ermöglichen. „Wir bitten die Bundesregierung zu prüfen, inwieweit hierfür die Mittel aus dem Sondervermögen Infrastruktur genutzt werden können“, erklärte Paul.
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Das neue Gewalthilfegesetz sieht vor, dass die Opfer bis 2032 einen Rechtsanspruch auf Unterstützung bekommen sollen. Experten rechnen damit, dass die Zahl der Schutzplätze deutlich ausgebaut werden muss. In Köln gibt es derzeit zwei Frauenhäuser, ein drittes ist in Planung. Der Bedarf ist aber deutlich höher. In der Trägerszene heißt es, pro Jahr könnten in Köln mehrere hundert Schutzsuchende nicht untergebracht werden.
Kritik von der FDP: „Schon heute fehlt die Infrastruktur für den Rechtsanspruch ab 2032“
Die FDP im Düsseldorfer Landtag warf Ministerin Paul „Symbolpolitik“ vor. Im Etat für 2025 waren zunächst Einsparungen von 1,9 Millionen Euro vorgesehen, die erst nach massiven Protesten zurückgenommen worden waren. „Schon heute fehlt die Infrastruktur für den Rechtsanspruch ab 2032“, sagte Fraktionsgeschäftsführer Marcel Hafke. „Was nützt ein Versprechen auf Papier, wenn Betroffene an verschlossenen Türen stehen?“
Ute Theisen, Vorstandsvorsitzende des Sozialdienstes katholischer Frauen e.V. in Köln, erklärte, das Gewalthilfegesetz falle „mit der Fokussierung allein auf gewaltbetroffene Frauen hinter das Gewaltschutzgesetz aus dem Jahr 2001 zurück“. Dies habe alle von häuslicher Gewalt betroffenen Personen, unabhängig von Geschlecht und Alter, in den Blick genommen. Zudem müsste auch die Beratungsstellen in die Förderung aufgenommen werden, die bislang keine Landesmittel erhielten. „Allein in der Interventionsstelle des SkF wurden im vergangenen Jahr 732 Betroffene von häuslicher Gewalt und Partnerschaftsgewalt beraten und begleitet“, so Theisen.