Hitzetage verdoppeltHaben Arbeitnehmer in NRW bald Anrecht auf eine Siesta?

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Im Gegenlicht der Morgensonne stehen zwei Arbeiter auf einem Gerüst auf einer Baustelle und unterhalten sich.

Kühlzonen, Trinkwasserspender am Arbeitsplatz, lange Mittagspause - all das könnte Arbeitnehmer vor besonders großer Hitze schützen.

Der Klimawandel wird den Alltag der Menschen auch in NRW verändern. Bleiben die Geschäfte künftig bis zum Nachmittag geschlossen? 

Der Klimawandel führt dazu, dass sich die Zahl der Hitzetage mit Werten  von mehr als 30 Grad Celsius in NRW bis 2050 möglicherweise verdoppeln wird. Das geht Modellberechnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD)  hervor. Die heißen Temperaturen stellen für viele Menschen eine gesundheitliche Belastung dar. Die SPD im Düsseldorfer Landtag fordert die schwarz-grüne Landesregierung jetzt auf, die Bürger besser zu schützen. „Berufstätige Familien werden besonders schwer von den Folgen der Klimakrise getroffen“, warnt SPD-Gesundheitsexperte Rodion Bakum. Der zu erwartende Temperaturanstieg könnte den Alltag in NRW in den kommenden Jahrzehnten deutlich verändern. Betroffen davon ist wohl auch die Arbeitswelt. Die in Deutschland etablierten Büro- und Landesöffnungszeiten könnten angesichts der Hitzebelastung dann nicht mehr länger angemessen sein.

In Ländern wie Spanien hat der Hitzeschutz eine lange Tradition
Rodion Bakum, SPD-Gesundheitsexperte

„Wir brauchen einen Schutzschirm gegen extreme Hitze am Arbeitsplatz“, sagt Rodoin Bakum. „Wo es möglich ist, sollten Arbeitnehmer die Möglichkeit bekommen, längere Pausen in den extrem heißen Stunden des Tages - ähnlich einer Siesta - einlegen zu können“, fügte der Abgeordnete hinzu. In Ländern wie Spanien habe dieser Hitzeschutz eine lange Tradition. „Die Landeregierung muss mit den Arbeitgebern und Gewerkschaften darüber sprechen, durch welche Maßnahmen die Beschäftigten besser geschützt werden können“, so Rodion.  Zu den Optionen gehörten auch die Einrichtung von Kühlzonen, die Aufstellung von Trinkwasserspendern und die Ausgabe von Kühlmitteln und Sonnencreme.

In NRW leben mehr als acht Millionen Menschen in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern. Die Metropolen sind in besonderer Weise vom Klimawandel betroffen. So absorbieren Fassaden und Straßen die einfallende Sonnenstrahlung und speichern sie als Wärmeenergie. „Gleichzeitig sind Vegetation und Wasserflächen im Vergleich zum Umland in geringerem Umfang vorhanden, so dass Abkühlungsprozesse durch Verdunstung und Transpiration vermindert sind“, heißt es in einer  Studie des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz zum Klimawandel.

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Der SPD-Politiker Rodion Bakum

Der SPD-Politiker Rodion Bakum fordert, dass auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in NRW künftig eine Siesta machen können.

Schon in den letzten Jahren traten in Deutschland mehrere „Jahrhundertsommer“ auf. Der Rekord-Hitzesommer von 2003 führte in Deutschland vermutlich zu 7000 vorzeitigen Todesfällen. Auch die Jahre 2015, 2018, 2019 und 2020 waren mit etlichen Tagen mit Maximaltemperaturen von über 40 Grad Celsius extrem heiß.

In NRW haben bislang nur zwei von 53 Kreisen und kreisfreien Städten – Köln und der Kreis Kleve – einen Hitzeaktionsplan entwickelt. In der Kölner Ausarbeitung heißt es, die Zahl der Sommertage (bis 25 Grad) werde bis Mitte des Jahrhunderts im Vergleich zu den derzeitigen klimatischen Verhältnissen um 30 bis 70 Prozent zunehmen.

Lebensqualität vermindert sich

Insbesondere in Stadtteilen mit starker Wärmebelastung können die Gesundheit der Stadtbewohner „beeinträchtigt werden und sich die Lebensqualität erheblich vermindern“, heißt es im Kölner Hitzeaktionsplan. Seniorenstiften, die besonders stark von Hitze betroffen sind, sollen künftig deshalb hier nicht mehr in solchen Vierteln geplant werden. Bei windarmen Hochdruckwetterlagen zeigen sich schon heute Temperaturunterschiede von etwa zehn Grad Celsius zwischen der dicht bebauten Innenstadt und dem Außenbereich. Auch der Umgang mit häufiger auftretendem Starkregen spielt in der Klimaanpassungsstrategie eine wichtige Rolle.

In Deutschland ist die Anzahl der Hautkrebsfälle ist seit dem Jahr 2002 um 75 Prozent gestiegen. Die SPD fordert die Landesregierung daher jetzt auf, die Möglichkeit eines staatlich-organisierten Hautkrebsscreenings zu prüfen. Zudem müsse Schwarz-Grün die Kommunen bei der Erstellung von lokalen Hitzeaktionsplänen stärker unterstützten und Muster vorgeben, fordert Bakum: „Was bisher passiert, reicht nicht aus."