Lauschangriff auf BundeswehrIst der geheimste aller deutschen Geheimdienste in Köln abwehrbereit?

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Das Logo des Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst bei einem Besuch von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius SPD beim MAD in der Konrad Adenauer Kaserne. Themenbild, Symbolbild Köln, 11.09.2023 NRW Deutschland *** The logo of the Federal Office for Military Counterintelligence during a visit by Federal Defense Minister Boris Pistorius SPD to the MAD in the Konrad Adenauer barracks Topic image, symbol image Cologne, 11 09 2023 NRW Germany Copyright: xChristophxHardtx

Der Militärische Abwehrdienst hat seinen Sitz in der Konrad-Adenauer-Kaserne in Köln-Raderthal.

Die russische Abhöraktion von vier Offizieren ist mehr als eine peinliche Panne. Sie offenbart die Schwächen der Bundeswehr.

„Zurück zu den Wurzeln“ – so lautet die Überschrift des letzten Kapitels im aktuellen Jahresbericht des Militärischen Abschirmdienstes. Darin räumt Martina Rosenberg, Chefin des geheimsten aller Geheimdienste mit Sitz in Köln, ein, dass sich eine frühere Entscheidung, nämlich die Zusammenlegung von Spionage- und Extremismusabwehr, als „nicht zielführend“ erwiesen habe.

Deshalb habe man die Aufgabengebiete wieder in zwei eigenständige Abteilungen aufgeteilt. Der russische Überfall auf die Ukraine rücke die Themen Spionage- und Cyberabwehr „deutlich in den Vordergrund“.

Von einem Paradigmenwechsel zu sprechen, geht wohl zu weit, doch die von Bundeskanzler Olaf Scholz beschworene Zeitenwende trifft auf den MAD, der die Bundeswehr vor Extremismus, Sabotage und Spionage schützen soll, in besonderem Maße zu. Er funktioniert vom Grundsatz wie ein innerbetriebliches Warnsystem und ist darauf angewiesen, aus den eigenen Reihen Hinweise zu bekommen, wenn sich jemand extremistisch äußert oder im Verdacht steht, Spionage zu betreiben.

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Sind die Kommunikationssysteme der Bundeswehr nicht abwehrbereit?

Natürlich wird sich der MAD auch künftig um Probleme wie Rechtsextremismus, entwendete Waffen und Führungsversagen in der Truppe kümmern. Doch die „Alarmanlage der Bundeswehr“ ist mit dem Lauschangriff auf Offiziere mitten in der Diskussion um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine an einem Punkt angekommen, wo es um die Frage geht, ob auch ihr Kommunikationssystem derzeit nur bedingt abwehrbereit ist und jederzeit ausspioniert werden kann.

Webkonferenzen zählen spätestens seit der Corona-Pandemie und dem Homeoffice-Boom zum Arbeitsalltag und so dürfte sich in der Republik niemand darüber wundern, dass auch bei der Bundeswehr Kommunikationsplattformen wie WebEx genutzt werden. Dass dies aber nicht nur für die unterste Geheimhaltungsstufe, sondern auch für „Verschlusssachen – Nur für den Dienstgebrauch“ gilt, darf aber durchaus kritisch gesehen werden.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will nach der Prüfung des Vorfalls zügig die entsprechenden Konsequenzen ziehen und sich bis dahin nicht an Spekulationen beteiligen.

Die Ermittlungen des Militärischen Abschirmdienstes laufen – und auch wenn nichts nach außen dringt – dürften sie sich vor allem auf die Frage konzentrieren, wie der russische Geheimdienst an die Einwahldaten gekommen und warum es niemandem aufgefallen ist, dass sich ein ungebetener Gast in die Gesprächsrunde der Luftwaffen-Offiziere eingeschlichen hat.

Die Wahrscheinlichkeit, dass es innerhalb der Truppe ein Leck gibt, das der russischen Seite die Einwahldaten auf dem Tablet serviert hat, erscheint äußerst gering. Zumindest lässt sich das an den Reaktionen der Politik ablesen. Dort gehen alle eher von einer blamablen Panne aus und versuchen, das Problem herunterzuspielen.

Die Kölner Behörde muss den Sachverhalt schnell aufklären – für das Schließen dieser Sicherheitslücken sind andere zuständig. Wie man die Kommunikation zwischen Behörden so absichert, dass ein Lauschangriff kein Kinderspiel mehr ist, obliegt ihr nicht. Darum müssen sich das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und das Bundesinnenministerium kümmern. (mit dpa)

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