Pro-Kommentar zu SUV-Parkgebühren„Große Autos haben in Innenstädten nichts zu suchen“

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Parkende Autos: Ein großer schwarzer SUV und ein winziger weißer Fiat 500 nebeneinander eingeparkt.

SUV versus Fiat - die Größenunterschiede sind enorm. Gerade in Innenstädten wird das nicht selten zum Problem.

Paris will die Parkkosten für schwergewichtige Autos erheblich erhöhen. Auch ein Modell für Köln?

18 Euro Parkgebühren pro Stunde sollen Fahrer von Autos mit einem Gewicht von mehr als 1,6 Tonnen künftig in Paris bezahlen. Eine absurde Idee, die auch noch die falsche Bevölkerungsgruppe trifft, sagt Thorsten Breitkopf. Claudia Lehnen dagegen findet, das könnte auch in Köln zu einer besseren Stadt machen.

Wer eine Wohnung von hundert Quadratmetern zum Preis von 75 Quadratmetern mieten möchte und damit argumentiert, er bräuchte halt mehr Platz, weil die Kinderzahl, das raumgreifende Hobby oder eben einfach ein individuell erhöhtes Platzbedürfnis ihn zu einem Leben auf großzügigerem Raum zwängen, der wird beim Vermieter damit auf wenig Verständnis stoßen. Platz ist – gerade in Großstädten – ein kostbares Gut. Wer mehr verbraucht, muss dafür zahlen. Oder sich eben mit weniger zufrieden geben. Dass Paris diese verbreitete Logik nun auch auf Parkraum überträgt und SUV-Lenker mit Autos ab 1,6 Tonnen beim Fahrzeugabstellen in der Innenstadt stärker zur Kasse bittet als den Fiesta-Fahrer, ist zu begrüßen und nachvollziehbar. Auch in Köln sollte man eine Einführung nach Pariser Vorbild erwägen.

Die Regelung sorgt in erster Linie für Gerechtigkeit. Schließlich sind gerade Parkhäuser in Städten nicht für die Beherbergung von rollenden Riesenschiffen gebaut, die auf abgelegenen Buckelpisten in den Alpen vielleicht noch passend erscheinen, im asphaltierten Innenstadtparkhaus aber wenig Sinn ergeben. Sie haben dort einfach nichts zu suchen. Das Problem: Sie sind nicht nur schwer, sie passen auch beim besten Willen nicht zwischen die handelsüblichen weiß gepinselten Linien, weshalb sie nicht selten zwei Plätze blockieren. Ein klares Argument dafür, dass sie dafür auch doppelt so viel Parkgebühren zahlen müssen. Übrigens ebenso wie California-VW-Busse mit knapp fünf Metern Länge und 1,90 Meter in der Breite, erst Recht Wohnmobile mit nicht selten acht Metern Länge und 2,30 Metern Breite oder ein Audi Q7 mit gut fünf Metern Länge und knapp zwei Metern Breite – ohne Außenspiegel gerechnet. Ein Twingo misst dagegen gerade einmal 3,6 mal 1,65 Meter. Für Textaufgaben-Fans: Ein Q7 nimmt zehn Quadratmeter Raum ein, ein Twingo dagegen nicht einmal sechs.

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Claudia Lehnen

Claudia Lehnen

Claudia Lehnen, geboren 1978, ist Chefreporterin Story/NRW. Nach der Geburt ihres ersten Kindes begann sie 2005 als Feste Freie beim Kölner Stadt-Anzeiger. Später war sie Online-Redakteurin und leitet...

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Die Pariser Regelung, die übrigens durch einen Bevölkerungsentscheid angestoßen wurde, weist über derlei Rechenspiele aber natürlich noch hinaus. Denn natürlich leiden gerade Großstädte unter einem Zuviel an motorisiertem Verkehr. Blechlawinen quälen sich durch die Hauptstraßen, Abgase verschlechtern die Luftqualität und machen die Bewohnerinnen und Bewohner krank. Die Energieverbrauchsrechnung ist hier ebenfalls einfach nachzuvollziehen: Je größer und schwerer der Wagen, desto mehr Energie wird zu seiner Fortbewegung benötigt. Das fällt bei Benzinern besonders negativ ins CO2-Gewicht, ist aber auch bei Elektrofahrzeugen relevant. Schließlich ist auch Strom, so lange er noch aus fossilen Energieträgern gewonnen wird, eine Belastung für das Klima.

Nicht zuletzt fehlt es anderen, klimagerechten Verkehrsteilnehmern wie Radfahrern und Fußgängern – zu beiden Gruppen zählen auch Kinder, die selbständig unterwegs sind – an ausreichendem und sicheren Entfaltungsspielraum. Dabei bringen SUV-Fahrer, die oft mit dem eigenen Sicherheitsbedürfnis argumentieren, paradoxerweise schwächere Verkehrsteilnehmer gerade durch ihre Schwere und sichteinschränkende Größe besonders in Gefahr. Und auch für die Planung entspannter Aufenthaltsorte sowie mehr Grün in der Stadt hätte man mehr Raum, wenn der motorisierte Individualverkehr so wenig Platz wie möglich einnähme.

Wer sich jetzt darüber aufregt, dass einzelne Bevölkerungsgruppen, die eben aus gesundheitlichen Gründen auf ein überdimensioniertes Auto mit hoher Einstiegshöhe angewiesen seien, mit den höheren Parkgebühren benachteiligt werden, der verkennt, dass es für Personen mit berechtigten Interessen Ausnahmegenehmigungen geben könnte – wie in Paris übrigens auch für Handwerker und alle Anwohner. Und verschweigt auch, dass die allermeisten SUV- und VW-Bus-Besitzer jetzt nicht für ihre Gebrechlichkeit bekannt sind.

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