Kölner Filmemacher Osman Okkan„Ein Geheimdienst-Mitarbeiter diffamierte mich als ‚gefährlichster Terrorist in Europa‘“

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Der Journalist und Filmemacher Osman Okkan vom KulturForum Türkei Deutschland.

Der Journalist und Filmemacher Osman Okkan vom KulturForum Türkei Deutschland.

Der Kölner Filmemacher Osman Okkan setzt sich seit Jahrzehnten für Völkerverständigung ein und engagiert sich gegen den Rechtsextremismus, auch innerhalb der türkischstämmigen Gesellschaft.

Herr Okkan, wann kamen Sie das erste Mal mit der rechtsextremistischen Bewegung der Grauen Wölfe und Ihren Mitgliedern in Berührung?

Osman Okkan: Ich erfuhr schon als Werkstudent in den 70er Jahren von den ersten Versuchen der Grauen Wölfe, auch in Deutschland eine schlagkräftige Organisation aufzubauen. Ihr „Führer“ in der Türkei, der ehemalige Colonel Türkesch, war innerhalb der herrschenden Regierung der „Nationalistischen Front“ bereits um Vizepremier aufgestiegen und zugleich Chef des türkischen Geheimdienstes MIT.

Diese Versuche, hier eine paramilitärische Parallel-Organisation aufzubauen, griff ich in einem Fernsehbericht auf. Dafür diffamierte mich ein später enttarnter und verurteilter Geheimdienst-Mitarbeiter als „gefährlichster Terrorist in Europa“.

Sie haben sich in Ihrem Leben intensiv für die deutsch-türkische Völkerverständigung eingesetzt. Welche Bedeutung hat diese Arbeit?

Sachliche Informationen, offene Begegnungen und vorurteilsfreier Austausch zwischen den Kulturen bilden die Grundlage für Verständigung und Empathie zwischen den Völkern – selbst, wenn diese sich jahrzehnte- sogar jahrhundertelang bekämpft haben.

Die derzeitigen Krisen in Europa und im Nahen Osten sollten aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir nach dem Zweiten Weltkrieg positive Beispiele hierfür erlebten: Frankreich und Deutschland nährten sich an, zeitweise auch Griechenland und die Türkei. Eine umfassende, gegenseitige Informationspolitik, menschliche Begegnungen, vor allem zwischen den jüngeren Generationen, ein gleichberechtigter Kunst- und Kulturaustausch „auf Augenhöhe“ spielen dabei eine große Rolle.

Diesen Ansprüchen wollte ich gerecht werden. Als Redakteur und Filmemacher beim WDR, aber auch als Mit-Initiator des KulturForum TürkeiDeutschland und anderen Initiativen: Der Griechisch-Türkischen Friedensinitiative und dem Hrant Dink Forums Köln, das die Verständigung zwischen Armenien und der Türkei zum Ziel hat. Dies geschah durch Beiträge in den Medien, Dokumentarfilme, Lehrtätigkeit an Schulen und Hochschulen, aber auch durch Kunst- und Kulturveranstaltungen, die Impulse geben sollten zum Nachdenken und Mitmischen.

„Unerträgliche Kuschelpolitik westlicher Länder gegenüber undemokratischen Regimes“ 

Was motiviert Sie zu diesem Engagement?

Die größte Motivation für einen kontinuierlichen Einsatz für Menschenrechte und Demokratie sind mutige, aufrechte Menschen die für diese Ideale eintreten, zum Teil sogar unter Einsatz ihres Lebens. Nawalny und Assange sind für mich Beispiele für eine solche Haltung – nicht zu vergessen tausende, zehntausende Menschen, die wegen ihrer politischen Gesinnung und demokratischen Engagements verfolgt, gefoltert oder getötet werden. Namen wie Selahattin Demirtas, Osman Kavala, Gültan Kisanak aus der Türkei erinnern uns immer wieder an unsere Verpflichtung, ihnen beizustehen, gegen autoritäre Tendenzen und Repressalien, wie sie in der Türkei unter Erdogan praktiziert werden.

Unerträglich und inakzeptabel ist die „Kuschelpolitik“, die die westlichen Länder, allem voran die Bundesregierung gegenüber den undemokratischen Regimes verfolgen. Ihre an kurzfristigen Interessen orientierte Haltung hilft diesen Autokraten weiter an der Macht zu bleiben. Sie begünstigt den Transfer ihrer rechtsextremistischen Ideologien in die Teile der europäischen Gesellschaft, bei denen sie von ihren religiösen, sprachlichen und kulturellen Bindungen Gebrauch machen können.

Zur Person: Osman Okkan ist ein deutsch-türkischer Filmemacher, Journalist und Gründer des „KulturForum TürkeiDeutschland“. Für sein Engagement für die deutsch-türkische Völkerverständigung wurde er mit dem Verdienstorden des Landes NRW und dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.

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