Ditib-Moschee in ChorweilerJustizminister wirft Reul „Ablenkungsversuch“ im Streit um Kölner Taliban-Auftritt vor

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Abdul Bari Omar, Taliban-Führer, hielt in der Moschee in Chorweiler eine Rede.

Abdul Bari Omar, Taliban-Führer, hielt in der Moschee in Chorweiler eine Rede.

Der Taliban-Auftritt in Köln machte viele fassungslos. Bund und Land schieben einander den Schwarzen Peter zu.   

Zwischen NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) ist ein Streit darüber entbrannt, ob die Polizei gegen den Auftritt eines Taliban-Funktionärs in einer Moschee im Köln-Chorweiler hätte vorgehen können oder nicht. Reul betonte am Donnerstag in der Sitzung des Innenausschusses, nach Bewertung des Generalbundesanwalts seien die Taliban mit dem Zeitpunkt ihrer Machtübernahme im September 2021 „keine terroristische Vereinigung im Sinne des Strafgesetzbuches“ mehr. Deswegen habe es „keine Handhabe“ gegeben.

Buschmann zeigt sich „verwundert“

Im Bundesjustizministerium sieht man das nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ anders. „Herr Reul erweckt mit seinen Äußerungen den Anschein, eine Strafverfolgung wäre nur mit der Bewertung der Taliban als terroristische Vereinigung möglich. Dem ist aber nicht so“, hieß es. Auch ohne Bewertung der Taliban als terroristische Vereinigung wäre eine Strafverfolgung von antisemitischen oder volksverhetzenden strafbaren Äußerungen möglich gewesen. Deshalb sei man über die Äußerungen des NRW-Innenministers „verwundert“.

Marco Buschmann (FDP), Bundesminister der Justiz, spricht auf einer Pressekonferenz

Marco Buschmann (FDP), Bundesminister der Justiz, spricht auf einer Pressekonferenz.

Präventiv und auch für aufenthaltsrechtliche Konsequenzen bei Organisatoren und Unterstützern der Taliban-Veranstaltung seien „Polizei und Ausländerbehörden in Nordrhein-Westfalen zuständig – nicht der Generalbundesanwalt“, so das Bundesjustizministerium. Man müsse den Eindruck haben, dass die Äußerungen von Reul „nicht der Sachaufklärung dienen, sondern ein Versuch der Ablenkung sind“.

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Im Innenausschuss unterstrich Reul seinen Blick auf den Vorgang. Die Veranstaltung sei vom „Kulturverein der Kunar Jugendlichen“ organisiert worden, sagte der Innenminister. „Hinweise auf eine extremistische Ausrichtung des Vereins liegen den nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden nicht vor“, so Reul.  Auch der Vereinsvorsitzende ist bislang polizeilich nicht in Erscheinung getreten. Das Fazit des Innenministers: „Selbst mit dem Wissenstand von heute hätte man nichts gegen die Veranstaltung machen können.“

Taliban kam mit Schengen-Visum

Bei dem Taliban-Mitglied handelt es sich um Abdul Bari Omar, Leiter der Lebens- und Arzneimittel-Behörde in Afghanistan. Er war von den Niederlanden zu einer Konferenz der Weltgesundheitsorganisation in Den Haag eingeladen. Die niederländische Botschaft im Iran habe ihm ein Kurzaufenthaltsvisum für den Schengen-Raum ausgestellt. Der Taliban-Funktionär stehe nicht auf der Sanktionsliste der EU. Somit sei seine Einreise nach Deutschland legal gewesen. Da die Polizei keinen Grund gehabt habe, der Veranstaltung argwöhnisch gegenüberzustehen, sei die Moschee zum Veranstaltungszeitraum lediglich bestreift worden. „Dabei wurde nichts Ungewöhnliches feststellt“, so Reul.

Die Rede des Taliban werde aktuell mit Dolmetschern ausgewertet. Bislang gebe es keine Anhaltspunkte für strafbare Handlungen. In der Rede des Taliban-Funktionärs wurde laut Reul unter anderem für Unterstützung und Hilfe für Afghanistan geworben. „Jetzt sagen Sie mir, was daran terroristisch ist“, sagte er. Über Omar gebe es in NRW keine nachrichtendienstlichen oder polizeilichen Erkenntnisse. Bei der Veranstaltung war auch ein Ditib-Vorstandsmitglied aus Köln anwesend.

Reul betonte, es sei nun Sache der Bundesregierung, klare Regelungen zu schaffen und Maßnahmen zu ergreifen, um solche Auftritte von Taliban-Mitgliedern in Deutschland zu verhindern. Berlin könne seiner Unterstützung sicher sein.

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