Zu wenig Geld für Pausendrink?Förderregeln bremsen Schulmilch-Tradition in NRW aus

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Früher wurde durch das Schulmilchprogramm auch Kakao gefördert. Doch die EU hat die Förderung verboten. Zu sehen ist eine Kakao-Trinktüte.

Früher wurde durch das Schulmilchprogramm auch Kakao gefördert. Doch die EU hatte das verboten: zu ungesund.

Wieviel ist uns die gesunde Ernährung der Kinder wert? In NRW nehmen nur noch 100 Grundschulen am Schulmilch-Programm teil.  

In Deutschland geht jedes vierte Kind ohne Frühstück zur Schule, fast zehn Prozent der Grundschüler sind laut Statistik übergewichtig. Früher leistete die Schulmilch einen Beitrag zur gesunden Ernährung in den Pausen. Doch das war einmal.

In NRW gibt es rund 2800 Grundschulen. Aber an nur etwa 100 Grundschulen haben die Kinder derzeit noch die Möglichkeit, Schulmilch zu bekommen“, sagte Frank Maurer, Vize-Geschäftsführer der Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Früher wurden die Milch-Portionen oft über die Hausmeister an die Kinder verteilt. Für die 0,25-Liter-Packungen mussten die Eltern einen geringen Eigenbeitrag leisten. Dann kam die „Schulmilch-Wende“: 2018 traten neue Rahmenbedingungen für den Bezug von Schulmilch in Kraft, so Maurer. Seitdem müssten sich die Schulen um die Aufnahmen in das Schulmilch-Programm bewerben und bestimmte Auflagen erfüllen, wie zum Beispiel eine Einbeziehung des Themas gesunde Ernährung in den Schulunterricht. „Auch soziale Kriterien spielen eine Rolle. Vor 2018 gab es diese Anforderungen nicht“, so der Milch-Lobbyist.

EU verbietet Förderung von Kakao

In der Folge brach der Absatz ein. Ein weiteres Problem: Die Kinder konnten bis 2019 auch Kakao aus dem Schulmilch-Programm erhalten. Doch die EU strich die Förderung, weil das Getränk als zu ungesund eingestuft wurde. „Kakao beziehungsweise Milchmix-Getränke machten bis dahin 90 Prozent des Umsatzes aus. Mit dem Wegfall sind dann nur einige Kinder auf Milch umgestiegen“, sagt Frank Maurer.

Stattdessen sitzen durch die Änderung der Förderrichtlinien nun viele Kinder beim Schulfrühstück vor zuckerhaltigen Limonaden. Obwohl die Nachfrage zusammengebrochen ist, reichen die EU-Mittel für die Förderungen der verbliebenen Schulen nicht aus.

In NRW hatten sich 1605 Kitas und Schulen für das Schulmilch-Programm beworben, nur für 703 reichten die Mittel aus. Das geht aus der Antwort von Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) auf eine Kleine Anfrage der SPD hervor. Demnach gibt das Land kein eigenes Geld für die Förderung der Schulmilch aus.

Krise hat auch logistische Ursachen

Das war 2018 noch anders. Der damaligen Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) war es gelungen, dem Finanzminister 370.000 Euro für die Schulmilch abzuzwacken. Dennis Maelzer, jugendpolitischer Sprecher der SPD im Landtag, erklärte: „Wenn am Schulmilchprogramm nicht einmal jede zweite Schule oder Kita, die sich beworben hat, teilnehmen kann, gehen zehntausende Kinder leer aus. Bei gesunder Ernährung reicht es nicht, nur EU-Mittel durchzuleiten. Hier muss die schwarz-grüne Landesregierung selbst aktiv werden und Kinder sowie die heimische Landwirtschaft unterstützen.“

Die Krise der Schulmilch hat auch logistische Ursachen. Ein großer Milchhersteller, der Milch in 0,25-Liter-Packungen und sogar in Bio-Qualität zur Verfügung stellte, hat die Produktion zuletzt eingestellt. „Ein Nachfolger für die Versorgung im Schulmilchbereich wurde bislang nicht gefunden. Die Schulen sind aber bei der Verteilung auf die kleinen Verpackungen angewiesen“, so Frank Maurer. Anders als etwa in Kitas könne die Milch, die üblicherweise in Liter-Größen angeliefert werde, dort nicht auf Gläser umverteilt werden.

Ein Sprecher des NRW-Landwirtschaftsministeriums erklärte auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“, im Schuljahr 2023/2024 ständen zirka 1,95 Millionen Euro für die Schulmilch zur Verfügung, im Jahr zuvor waren es 2,1 Millionen. Das Geld werde von der EU gestellt. „Wir fragen auch im Rahmen einer Bedarfsabfrage nach weiteren Mitteln“, hieß es.

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