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Neuer JU-Vorsitzender WinkelWeniger Bierzelt, mehr Argumente

Lesezeit 3 Minuten
Friedrich Merz, Bundesvorsitzender der CDU, und Johannes Winkel, neugewählter Bundesvorsitzender der Jungen Union (JU) stehen gemeinsam auf der Bühne in Fulda.

Johannes Winkel (r.) ist neuer Bundesvorsitzender der Jungen Union, zuvor war er Chef des NRW-Landesverbands.

Die Junge Union hat Johannes Winkel als neuen Chef gewählt. Winkel stammt aus dem Siegerland und führte zuvor den NRW-Landesverband. Wie der neue Bundesvorsitzende tickt.

Johannes Winkel legt keinen Wert auf schrille Töne. Und er will auch niemand sein, der seine politische Haltung einer volatilen, von Demoskopen gemessenen Stimmungslage unterwirft. Als der Jurist aus dem Siegerland noch Chef der Jungen Union in NRW war, stützte er den damaligen Kanzlerkandidaten Armin Laschet auch dann noch, als die meisten anderen Landesverbände der CDU-Nachwuchsorganisation längst nach einem Erlöser Markus Söder riefen.

Als die Partei sich vor der Bundestagswahl daran abarbeitete, warum Laschet nicht endlich sein Kompetenzteam ausruft, drückte zwar auch Winkel aufs Tempo, betonte aber zugleich: „Wenn Armin Laschet eine Mannschaft aufstellt, wird im Vergleich auch klar, mit welchem Gruselkabinett Olaf Scholz Deutschland regieren will.“

Johannes Winkel: In Fulda gewählt ohne Gegenkandidat

Zumindest was den Ausgang dieser für die Union schicksalhaften Wahl im September 2021 angeht, lag Winkel mit seiner Prognose komplett daneben. Politisch geschadet hat ihm die Laschet-Treue nicht. Am Wochenende wurde er beim Deutschlandtag in Fulda mit 87 Prozent der Stimmen zum neuen Bundesvorsitzenden der JU gewählt.

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Die Landesverbände hatten es ihm leicht gemacht, Gegenkandidaten gab es nicht. Der 31-Jährige folgt auf Tilman Kuban, der mit 35 Jahren die Altersgrenze erreicht hat und nicht mehr antreten durfte. In Fulda wurde er zum Abschied mit Standing Ovations gefeiert.

JU sollen Vordenker der jungen Generation werden

Winkel pflegt einen anderen Stil als sein Vorgänger, weniger polternd, weniger Bierzelt, mehr Sachargumente. Er wolle die JU zu Vordenkern der jungen Generation machen, betonte er in seiner Antrittsrede und dürfte damit auch im Berliner Konrad-Adenauer-Haus interessierte Zuhörer gefunden haben. So forderte er eine „komplette Neuauflage des Generationenvertrags“. Dass die CDU ein neues Rentenkonzept entwickle, sei zwar richtig, aber nicht ausreichend.

Die Dürre in der Beschäftigungslandschaft will er mit Hilfe aus dem Ausland beenden. „Mehr Migration in den Arbeitsmarkt, bürokratische Hürden für Fachkräfte senken, um diese Form der Einwanderung zu erleichtern.“

Bei der Familienpolitik beschwört Winkel eine Abkehr von Haltungen, die manchen in der CDU als unverrückbar gelten, auch wenn sie angesichts gesellschaftlicher Veränderungen längst zum politischen Zombie geworden sind. Das wäre zum Beispiel das Ehegattensplitting, das er gerne durch ein Familiensplitting ersetzen würde, damit „Kinder und Karriere sich lohnen“.

Aufgewachsen ist Winkel in einer katholisch geprägten Familie im südwestfälischen Kreuztal, der Vater IT-Fachmann, die Mutter Krankenschwester. Er studierte Jura in München, St. Gallen und Bonn, hat beide Staatsexamen. Mit 19 erst ging er in die JU, nennt sich deshalb einen politischen Spätzünder. Die Terroranschläge vom 11. September 2001 hätten ihn politisiert, sagte er einmal.

Winkel ist eher im linken Flügel der CDU zu finden

Sozialpolitisch hat vor allem ein Satz des Vaters bei ihm deutliche Spuren hinterlassen. „Ich habe kein Verständnis, dass eine christliche Partei gegen den Mindestlohn ist.“ Vielleicht ist er auch deshalb eher im linken Flügel der CDU zu finden.

Dass Winkel das Gesicht einer neuen, aufgeklärten, klimabewussten, progressiven JU sein will, heißt aber noch lange nicht, dass er da irgendwelche Schnittmengen mit den Grünen ausmachen kann. In Fulda ist er um klare Abgrenzung bemüht.

Dass die Grünen in einer Energiekrise lieber Kohlekraftwerke anwerfen, als drei AKW weiterlaufen zu lassen, das zeigt, worum es ihnen geht

„Dass die Grünen in einer Energiekrise lieber Kohlekraftwerke anwerfen, als drei AKW weiterlaufen zu lassen, das zeigt, worum es ihnen geht: erst der Gründungsmythos, dann die Partei und irgendwann das Land.“ Den Grünen, in seiner Heimat NRW immerhin Koalitionspartner der CDU, warf er „Klimanationalismus“ und Berührungsängste mit der Industrie vor.

Eines will Winkel offenbar unbedingt verhindern: Dass die nachwachsende Generation von Christdemokraten gerade in der Klimafrage den Grünen hinterherhechelt.

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