SPD-Pleite bei NRW-Wahl„Hätten auch den Kraken Paul befragen können“

Lesezeit 3 Minuten
Neuer Inhalt (2)

Kutschaty als Tonie-Figur

Düsseldorf – Der Spitzenkandidat der SPD bei der Landtagswahl, Thomas Kutschaty, hat eingeräumt, durch eigene Fehler zur Wahlniederlage seiner Partei am 15. Mai beigetragen zu haben.

Beim TV-Duell gegen Ministerpräsident Hendrik Wüst sei er zu zurückhaltend gewesen und habe den Konkurrenten von der CDU nicht hart genug gestellt.

„Herr Wüst war ja im Wahlkampf auf einmal ein Verfechter des höheren Mindestlohns oder einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft. Heute hört man das bei ihm nicht mehr. Da haben wir ihn zu einfach mit seinen Behauptungen durchkommen lassen und ich speziell in diesem Duell“, sagte Kutschaty bei der Vorstellung der neuen Parteizentrale der NRW-SPD, dem „Johannes-Rau-Haus" in Düsseldorf.

wahlduell 2

Thomas Kutschaty (v.l.n.r.), Gabi Ludwig, Ellen Ehni und Hendrik Wüst 

Der Wahlkampf im Frühjahr sei durch die Kritik an der Ampelregierung in Berlin überlagert worden. „Landespolitik interessierte da niemanden. Mein Ziel war: Ich trete als Anwalt der Menschen in NRW an. Die Realität war: Im Wahlkampf bin ich zu häufig zum Anwalt von prominenten SPD-Mitgliedern außerhalb von NRW geworden“, sagte Kutschaty.

Absturz auf 26,7 Prozent

Bei der Landtagswahl am 15. Mai hatte die SPD lediglich 26,7 Prozent der Stimmen bekommen, 4,6 Prozent weniger als 2017. Die CDU wurde mit 37,7 Prozent klarer Sieger der Abstimmung. Hendrik Wüst habe sich schneller in die Rolle des Ministerpräsidenten eingefunden als gedacht, erklärte Kutschaty. Obwohl er erst im Oktober 2021 das Amt von Armin Laschet übernommen habe, sei er als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz schnell bundeweit durch Auftritte in den Hauptnachrichten bekannt geworden.

Wahlplakate NRW

Wahlplakate der Spitzenkandidaten von CDU und SPD in NRW

Noch am Morgen des Wahltags waren die Sozialdemokraten von einem Kopf-an-Kopf-Rennen ausgegangen. Nadja Lüders, Generalsekretärin der NRW-SPD, zeigte sich enttäuscht über die Prognosen der Meinungsforscher. „Da hätten wir genauso gut Paul, den Kraken fragen können“, sagte die Politikerin aus Dortmund. Die Krake Paul war als Orakeltier bei der Fußball-WM 2010 bekannt geworden.

Abschied von der „Kohlepartei"

Die NRW-SPD will die Ursachen für die Niederlage noch intensiv aufarbeiten. Damit sei auch eine inhaltliche Neuausrichtung verbunden. So will sich die SPD künftig stärker jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zuwenden. Es sei ein Fehler gewesen, vornehmlich Studenten für die SPD gewinnen zu wollen, sagte Kutschaty.

Nadja Lüders kündigte an, die NRW-SPD müsse sich stärker um die Sorgen der Familien kümmern, die sich trotz eines Doppeleinkommens kein Eigenheim leisten könnten. Auch übergeordnete Themen wie der Klimaschutz müssten eine stärkere Rolle spielen. So solle die SPD künftig nicht mehr als „Kohlepartei“ verortet werden. Damit gibt die Partei einen Markenkern auf, der sie jahrzehntelang geprägt hatte.

Kutschaty im RauHaus

Thomas Kutschaty (m.) mit Landesgeschäftsführer Stefan Kämmerling und Generalsekretärin Nadja Lüders.

Kutschaty räumte ein, die Wahlplakate und der Slogan „Für euch gewinnen wir das Morgen“ hätten zu wenig Durchschlagskraft entwickelt. In der letzten Wahlkampfphase hatte die SPD gemeinsame Bilder von Kutschaty und Bundeskanzler Olaf Scholz plakatiert, dessen Popularitätswerte allerdings im Mai zurückgegangen waren. Die Entscheidung, Scholz in den Wahlkampf einzubinden, sei trotzdem richtig gewesen, sagte der Landesvorsitzende.

Das könnte Sie auch interessieren:

Ob der Wahlverlierer erneut für eine Spitzenkandidatur zur Verfügung steht, blieb offen. Kutschaty deutete aber an, dass er beim nächsten Landesparteitag in Münster erneut für den Landesvorsitz kandidieren will. Für einen „moderierten Übergang“ stehe er nicht zur Verfügung, sagte der frühere Justizminister.

Die nächste Landtagswahl findet im Jahr 2027 statt. Sollte Kutschaty nicht mehr zur Verfügung stehen, könnte möglicherweise ein Kommunalpolitiker die Nachfolge antreten. Marc Herter, Oberbürgermeister von Hamm und Chef der einflussreichen SPD-Region Westliches Westfalen, gilt als populärster Politiker in der Riege der SPD-Oberbürgermeister.

KStA abonnieren