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Wirbel um „Stadtbild“ hält anGrünen-Chef sieht „Angsträume“ – Union kritisiert SPD-Politikerin

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Grünen-Bundesvorsitzender Felix Banaszak. (Archivbild)

Grünen-Bundesvorsitzender Felix Banaszak. (Archivbild)

Felix Banaszak hat sich zur Stadtbild-Debatte geäußert – und Friedrich Merz kritisiert. Die SPD fordert derweil ein Spitzentreffen im Kanzleramt.

Der Grünen-Vorsitzende Felix Banaszak sieht mancherorts in Deutschland „Angsträume“, wo sich Menschen in der Dunkelheit kaum noch auf die Straße trauen. Die Art und Weise, wie Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) über Migration und das „Stadtbild“ spricht, lehnt er dennoch ab, wie Banaszak in einem Beitrag für die Funke Mediengruppe schreibt.

Zur Wahrheit gehöre einerseits, dass es mancherorts „Angsträume“ gebe – „an Kleinstadtbahnhöfen herumlungernde Faschos und sturzbesoffene grölende Fußballfans in Zügen“. Ebenso gebe es „kriminelle Gruppen auch aus migrantischen Familien, die am Freitagabend Leute abziehen oder Frauen belästigen“. Teil der Realität in Deutschland sei aber auch, dass Menschen Rassismus erlebten, und zwar „ganz egal, wie viele Jobs oder Universitätsabschlüsse sie haben“.

Felix Banaszak kritisiert „Stammtisch-Gerede“ von Kanzler Merz

Über all diese Themen müsse man sprechen – ehrlich und unmissverständlich, fordert der Grünen-Vorsitzende, der aus Duisburg stammt. Merz habe dies allerdings nicht getan. Denn es sei unehrlich, „die Zustände zu beklagen, die seine Partei mitzuverantworten hat“. Wer Integrationsarbeit an Ehrenamtliche auslagere, Frauenhäuser chronisch unterfinanziert und die öffentliche Infrastruktur vernachlässige, dürfe sich nicht durch „Stammtisch-Gerede“ aus der Verantwortung stehlen.

Merz hatte am 14. Oktober gesagt, die Bundesregierung korrigiere frühere Versäumnisse in der Migrationspolitik und mache Fortschritte, „aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen“.

Ärger bei Union über Demo-Teilnahme von SPD-Politikerin

Später sagte er auf Nachfrage: „Fragen Sie mal Ihre Töchter, was ich damit gemeint haben könnte.“ Am vergangenen Mittwoch konkretisierte er dann, Probleme würden Migranten machen, die keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus hätten, nicht arbeiteten und die sich auch nicht an die in Deutschland geltenden Regeln hielten.

Der Wirbel um die Aussage des Kanzlers hält unterdessen an – auch innerhalb der Regierungskoalition. Die Teilnahme von SPD-Fraktionsvize Wiebke Esdar an einer Demonstration gegen die „Stadtbild“-Äußerung von Merz sorgt etwa bei der Führung der Unionsfraktion für Verärgerung. „Opposition in der Regierung – das hat noch nie funktioniert“, sagte Unionsfraktionschef Jens Spahn sagte (CDU) in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“.

Wiebke Esdar: „Ich nehme mein Demonstrationsrecht wahr“

Auch der erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Steffen Bilger, kritisierte Esdar: „Wer als SPD-Führungskraft gegen den Bundeskanzler der gemeinsamen Koalition demonstriert, trägt leichtfertig dazu bei, dass die Menschen uns weniger zutrauen, gut zu regieren“, sagte Bilger dem „Tagesspiegel“. 

Seit Tagen gehen Menschen gegen die Äußerungen von Merz zu Migration und dem „Stadtbild“ auf die Straße. Am Freitagabend gab es auch in Bielefeld eine Kundgebung, die dortige Bundestagsabgeordnete Esdar nahm daran teil. „Ich nehme mein Demonstrationsrecht wahr – wie es zum Glück in Deutschland jedem zusteht“, sagte sie am Samstag der Onlineausgabe nw.de der Tageszeitung „Neue Westfälische“. Esdar betonte weiter, das Motto „Wir sind das Stadtbild“ stehe für eine bunte, weltoffene Stadt ohne Diskriminierung.

SPD fordert „Stadtbild“-Spitzentreffen im Kanzleramt

Die SPD fordert angesichts der anhaltenden Debatte nun ein Spitzentreffen im Kanzleramt. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Adis Ahmetovic, der mit neun weiteren Abgeordneten einen Acht-Punkte-Plan zur „Stadtbild“-Debatte verfasst hat, sagte der „Bild“-Zeitung: „Ich erwarte, dass der Kanzler Vertreter von Großstädten, kommunalen Verbänden und den Fraktionen zu einem Stadtbild-Gipfel an einen Tisch holt, wie beim Stahl- oder Automobil-Gipfel.“ Die Union sieht dafür jedoch keine Notwendigkeit.

„Der Bundeskanzler hat die Problemlage klar benannt, eine weitere Erörterung ist nicht nötig“, sagte Fraktionsgeschäftsführer Bilger der „Bild“. „Die breite Mehrheit der Bevölkerung sowie viele SPD-Ministerpräsidenten, Landräte und Bürgermeister teilen bereits ein sehr gutes Verständnis dessen, wovon der Bundeskanzler gesprochen hat“, betonte der CDU-Politiker. Die Union stehe aber für Gespräche mit der SPD über eine noch konsequentere Innenpolitik jederzeit bereit. (das/dpa)