In der Nato wird vor dem Treffen von Donald Trump und Wladimir Putin über Gebietsabtretungen der Ukraine spekuliert. Die Ukraine hat da mehr als ein Wörtchen mitzureden.
Trump und PutinVerhandlungen in Alaska – Die Ukraine muss mitreden


Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) empfängt den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor dem Kanzleramt in Berlin. Pool
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In der Debatte um den Ukraine-Krieg hat sich etwas dramatisch verschoben. Gebietsabtretungen durch die Ukraine stehen nun als Lösung des Konflikts im Mittelpunkt. Wenn Donald Trump erklärt, dies sei „zum Wohle der Ukraine“, lässt sich das noch als die übliche Großmäuligkeit des US-Präsidenten abtun.
Aber mittlerweile spricht auch Nato-Generalsekretär Mark Rutte offen über einen Gebietsverzicht. Dass Rutte dabei einen Unterschied zwischen Anerkennung eines faktischen Zustands und einer rechtlichen Abtrennung macht, ist dabei zweitrangig. Außenminister Johann Wadephul stimmt ein und sagt, die Ukraine werde „möglicherweise Verzichte gewärtigen müssen“.
Russlands Präsident Wladimir Putin kann sich die Hände reiben. Für diesen Punkt auf seiner Agenda wird er gar nicht mehr verhandeln müssen, weder am Freitag mit Trump in Alaska noch anderswo. Von diplomatischer Finesse zeugt es nicht, ein Zugeständnis bereits zu machen, bevor gesprochen wird. Putin wird kaum mit gerührtem Entgegenkommen reagieren.
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Die Eitelkeit des Immobilienmaklers
Trump, sein qua Amt potenziell mächtigster Verhandlungspartner, hat ihm nichts entgegenzusetzen. Sämtliche Ankündigungen des US-Präsidenten sind verpufft, die von ihm gesetzte Frist für weitere Sanktionen ist verstrichen. Und Putin hat bereits bewiesen, dass er mit der Eitelkeit des Immobilienmaklers aus dem Weißen Haus gut zu spielen weiß.
Drei Jahre nach Beginn des Angriffs Russlands auf die Ukraine lässt sich also feststellen: Für Putin dürfte sich die Aggression gelohnt haben. Er hat das Nachbarland nicht überrannt, er hat nicht so viel bekommen, wie er wollte, und vor allem nicht so schnell, weil die Ukraine sich zu wehren wusste und ihre Unterstützer insbesondere in der EU ihr nicht von der Seite wichen.
Aber die internationale Staatengemeinschaft wird es mittlerweile offenbar doch zulassen, dass mit Gewalt Grenzen verschoben werden. Aus dem völkerrechtlich wohlbegründeten und unausweichlichen Nein wurde ein pragmatisches Schulterzucken.
Retten, was zu retten ist
Verständlich daran ist der Versuch, auf irgendeine Weise einen Krieg zu beenden, in dem Zehntausende gestorben sind und Hunderttausende verletzt wurden. Der ganze Landstriche zur Kampfzone gemacht hat, in der niemand seines Lebens sicher ist. Wegen dem ein Land im Ausnahmezustand ist und Kinder mit Alarmsirenen und der Flucht in Keller und Schutzräume aufwachsen.
Dennoch ist das Signal fatal. Denn es bedeutet: Im Zweifel zahlt Brutalität sich aus, und das Völkerrecht wird zur Seite geschoben. Wohin so etwas führt, hat die Annexion der Krim gezeigt, die seufzend als eingefrorener Konflikt hingenommen wurde. Nur wenige Jahre später setzte Putin an, das nächste Stück aus der Ukraine zu beißen.
Es ist richtig, dass Bundeskanzler Friedrich Merz versucht, zu retten, was noch zu retten ist.
Trump darf Putin nicht im Gegenzug für ein paar Wirtschaftsdeals und Schmeicheleien die Ukraine zur freien Verfügung überlassen. Er muss Putin mindestens zu einem Waffenstillstand verpflichten und zu einem Rückzug der russischen Truppen. Trump dies mit den europäischen Partnern nochmal in einem gemeinsamen Gespräch deutlich zu machen und ihn an seine Durchsetzungskraft zu erinnern, war klug.
Selenskyj in Berlin
Und es war ein deutliches Zeichen, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu dieser Konferenz ins Kanzleramt dazuzuladen. Schließlich hat die Ukraine über ihr Schicksal mehr als ein Wörtchen mitzureden – sie muss darüber entscheiden können.
In einer bedenklichen und gefährlichen Lage lässt sich nur hoffen, dass Merz mit seiner Hoffnung auf Bewegung recht hat. Und dass die Konferenz mehr war als ein Symbol.