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Zukunft des GazastreifensTrump schwärmt von „Ewigkeit“ – doch der Plan steht auf tönernen Füßen

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Israels Premierminister Benjamin Netanjahu (l.) wird von US-Präsident Donald Trump am Montag (29. September) im Weißen Haus empfangen.

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu (l.) wird von US-Präsident Donald Trump am Montag (29. September) im Weißen Haus empfangen.

Trump verkündet eine Nahost-Einigung „für die Ewigkeit“. Doch wichtige Details des 20-Punkte-Plans für den Gazastreifen bleiben offen. Eine Analyse.

An Superlativen mangelte es nicht, als Donald Trump nach fast vierstündigen Gesprächen mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu im State Dining Room des Weißen Hauses vor die Kameras trat. „Wir sind mindestens sehr, sehr nahe dran“, leitete der Präsident seinen Vortrag zunächst vorsichtig ein. Doch dann gab es kein Halten mehr. Ein „historischer Tag“ für den Frieden im Nahen Osten sei erreicht, schwärmte Trump: „Zum ersten Mal in Tausenden Jahren“. Er sei sie sicher: „Das ist für die Ewigkeit, das ist für immer.“

Kurz zuvor hatte das Weiße Haus einen 20-Punkte-Plan zur Beilegung des Gaza-Konflikts vorgelegt. Er sieht einen Teilrückzug der israelischen Armee aus dem Gazastreifen und die Freilassung aller von der islamistischen Hamas noch festgehaltenen Geiseln innerhalb von drei Tagen vor. Im Gegenzug kämen mehrere Hundert palästinensische Gefangene frei, und Hamas-Mitglieder, die der Terrororganisation abschwören, würden begnadigt. Künftig soll der Gazastreifen von einer Übergangsregierung palästinensischer Technokraten unter Aufsicht eines internationalen Gremiums regiert werden.

Der redefreudige Präsident wird plötzlich schweigsam

„Ich unterstütze ihren Plan“, sagte Netanjahu, als er nach dem mäandernden halbstündigen Vortrag des US-Präsidenten endlich zu Wort kam. Das sah tatsächlich nach einem mächtigen Fortschritt aus. Doch als die Reporter anschließend Fragen stellen wollten, wie es bei einer Pressekonferenz eigentlich üblich ist, winkte Trump energisch ab: „Ich glaube, das ist im Moment nicht angemessen.“

Die höchst ungewöhnliche mediale Zurückhaltung des Präsidenten lässt erahnen, wie zerbrechlich die Einigung noch ist. Vor allem ist völlig offen, ob die Hamas ihrer kompletten eigenen Entmachtung zustimmt. Auch bleiben viele wichtige Fragen, etwa zur künftigen Schaffung eines Palästinenserstaates, offen. Netanjahu machte klar, dass er den Krieg fortsetzen wird, falls die Hamas die Übereinkunft zurückweist: „Dann wird Israel den Job beenden“. Trump unterstützte diese Drohung.

Im Kern basiert der Friedensplan auf einer Arbeitsteilung zwischen Trump und den Anführern mehrerer arabischer und muslimischer Staaten: Nachdem der US-Präsident die Zustimmung Netanjahus organisiert hat, sollen diese die Hamas zum Einlenken bringen. Eine wichtige Voraussetzung war daher, dass Netanjahu sich beim Emir von Katar für die Bombardierung einer Wohnanlage in Doha am 9. September entschuldigte. Das tat er aus dem Weißen Haus: Trump schaltete während der Begegnung zwischenzeitlich Scheich Tamim bin Hamad Al Thani telefonisch zu.

Trump verliert kein Wort mehr über die „Riviera des Nahen Ostens“

Bemerkenswert ist, dass Trump selber seine Position seit einer ersten Begegnung mit Netanjahu im Februar verändert hat. Damals bezeichnete er den Gazastreifen als Abbruchgelände und fantasierte darüber, die USA würden das Gebiet zu einer „Riviera des Nahen Ostens“ für den internationalen Jetset machen. Davon war am Montag nicht mehr die Rede. Im Gegenteil forderte der US-Präsident die Palästinenser auf, in dem Territorium zu bleiben und die Verantwortung für ihr Schicksal in die Hand zu nehmen.

Dazu soll eine Übergangsregierung von Technokraten gebildet werden, die wiederum der Aufsicht durch ein von Trump persönlich geleitetes „Board of Peace“ untersteht. Die Terrororganisation Hamas soll künftig in der Regierung keine Rolle mehr spielen. Der Gazastreifen würde demilitarisiert. Das schließt den sukzessiven Rückzug der israelischen Truppen ein, die die Gebiete an eine von den USA und arabischen Staaten gebildete Schutztruppe übergeben. Allerdings soll die israelische Armee weiter in einer Pufferzone präsent bleiben, die den Gazastreifen auf der Landseite zu Israel und Ägypten komplett einschließt.

Heikel dürfte insbesondere die Frage nach einem künftigen Palästinenserstaat sein. Das Papier des Weißen Hauses spricht vage von einem „möglichen“ Weg zur palästinensischen Staatlichkeit. Die Hamas hatte Garantien verlangt. Und Netanjahu machte noch während der Pressekonferenz klar, dass er diese Perspektive ablehnt: „Das würde Terrorismus belohnen und die Sicherheit Israels gefährden“. Unklar ist auch die künftige Rolle der Palästinensischen Autonomiebehörde, die nach dem Willen der arabischen Staaten reformiert werden und weiterbestehen soll, was Netanjahu nicht möchte.

„Wir sind dem Frieden noch nie so nahe gewesen“, erklärte Trump am Montag. Doch auf den mutmaßlich letzten Metern lauern noch viele Stolperfallen.