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Für das „Kriegerethos“Trump und das Militär – Geheimnisvolles Treffen der Generäle

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Posiert gerne mit dem Militär: Donald Trump hier bei einem Auftritt auf der Militärbasis Fort Bragg in North Carolina in diesem Juni. /White House

Posiert gerne mit dem Militär: Donald Trump hier bei einem Auftritt auf der Militärbasis Fort Bragg in North Carolina in diesem Juni.

Immer bedenkenloser nutzt der US-Präsident das Militär für seine politischen Zwecke. Am Dienstag sollen nun hunderte Generäle auf das neue „Kriegerethos“ eingeschworen werden.

Sein Türschild hat Pete Hegseth schon ausgetauscht. Seit drei Wochen steht „Secretary of War“ (Kriegsminister) am Büro des amerikanischen Verteidigungsministers, obwohl der Kongress die von Präsident Trump angeordnete Umbenennung bislang nicht beschlossen hat. Bei jeder Gelegenheit redet der schneidige Ex-Fox-News-Moderator von einer neuen, anti-woken Truppenmoral.

Nun will er nach amerikanischen Medienberichten die militärische Führung endgültig einnorden: Kurzfristig hat er für diesen Dienstag alle Generäle und Admiräle ohne Angabe von Gründen nach Virginia beordert.

Das finanziell und logistisch enorm aufwändige Treffen auf dem Gelände der rund 50 Kilometer vom Pentagon entfernten Marine-Universität Quantico ist nach Angaben von Experten beispiellos. Mehrere hundert Offiziere der höchsten Ränge mussten nicht nur aus den USA, sondern auch von ausländischen Stützpunkten in Südkorea, Japan oder dem Mittleren Osten einfliegen. Keiner von ihnen scheint zu wissen, worum es geht. Seit Tagen kursiert nur das Gerücht, Hegseth wolle einen Vortrag über „Kriegerethos“ halten.

Beobachter sind ernsthaft beunruhigt über das Treffen

Doch bei der martialischen Motivationsrede wird es nicht bleiben. Donald Trump hat, nachdem er von der Veranstaltung erfuhr, in letzter Minute seine Teilnahme angekündigt und will ebenfalls sprechen. „Das wird einfach ein nettes Treffen, bei dem wir darüber reden, wie gut wir militärisch dastehen“, spielte der Präsident das Ereignis herunter. Tatsächlich liebt es Trump, der sich selbst dem Wehrdienst in Vietnam mit einem ärztlichen Attest entzog, im Kreise hochdekorierter Top-Soldaten zu posieren: „Das ist die Mutter aller Fototermine“, sagte der Militärexperte Eugene Fidell der „Washington Post“.

Andere Beobachter sind ernsthaft beunruhigt. Sie sehen den Auftritt vor der Generalität nach der Entsendung von Truppen in mehrere amerikanische Städte als nächsten Schritt der Politisierung des Militärs. Der pensionierte General Ben Hodges, der bis 2017 die amerikanischen Landstreitkräfte in Europa befehligt hatte, verglich bei X den Termin sogar mit der überraschenden Versammlung der deutschen Generäle 1935, als die Top-Offiziere einen persönlichen Eid auf Adolf Hitler ablegen mussten. „Coole Geschichte, General!“, kommentierte Hegseth den alarmierenden Post.

Repressionen gegen Trans-Soldaten beim US-Militär

Tatsächlich haben Trump und Hegseth dem angeblichen „woken“ Gedankengut beim Militär den Kampf angesagt. Das Pentagon hat den Dienst von Trans-Soldaten untersagt und ist dabei, Tausende Betroffene auszuschließen. Hegseth hat zuletzt außerdem zwei Dutzend hochrangige Offiziere – darunter überproportional viele Frauen – entlassen. „Das Militär muss offensiv und nicht defensiv sein“, lautet einer der Merksprüche des Ex-Moderators, dem in der Vergangenheit eine Vergewaltigung und Alkoholmissbrauch vorgeworfen wurden: „Wir müssen Krieger ausbilden.“

19.09.2025, USA, Washington: US-Verteidigungsminister Pete Hegseth spricht während der Zeremonie am National POW/MIA Recognition Day im Pentagon. Der National POW/MIA Recognition Day wird alljährlich in Erinnerung an Kriegsgefangene und Vermisste begangen. Foto: Julia Demaree Nikhinson/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

US-Verteidigungsminister Pete Hegseth spricht während der Zeremonie am „National POW/MIA Recognition Day“ im Pentagon.

Gleichzeitig nutzt Trump das Militär immer skrupelloser als Arm der Politik. Er entsendet Soldaten unter fragwürdigen Vorwänden in demokratisch regierte Städte, bombardiert ohne Beweise und Kongressbeschlüsse angebliche Drogenschmuggler-Boote aus Venezuela und wiegelt Soldaten gegen seine Gegner auf. So ließ er im Juni auf der Militärbasis Fort Bragg während einer Kampagnenrede seinen Vorgänger Joe Biden von den Uniformierten ausbuhen. Ähnliche Szenen könnten sich nun bei dem Treffen in Quantico abspielen.

Eine angeblich „vom Krieg verwüstete“ Stadt

Die jüngste Instrumentalisierung des Militärs bahnt sich in Portland an. Trump hat die bevölkerungsreichste Stadt des Bundesstaats Oregon mit ihrer linken Szene spätestens seit den teils gewaltsamen Protesten nach dem Tod von George Floyd im Jahr 2020 im Visier. Am Samstag behauptete er plötzlich auf seiner Plattform „Truth Social“, das „vom Krieg verwüstete“ Portland befinde sich „unter Belagerung durch Attacken der Antifa“. Tatsächlich gehen dort seit einiger Zeit die Gewaltverbrechen zurück, und die Zahl der Morde hat sich im ersten Halbjahr halbiert.

Allerdings protestiert eine überschaubare Gruppe seit mehr als 100 Tagen vor dem Gebäude der Abschiebepolizei ICE gegen die derzeitigen Massendeportationen von irregulären Zuwanderern. Es gab kleinere Auseinandersetzungen und einige Festnahmen. Lokale Medien berichten, dass die Zahl der Demonstranten zuletzt auf wenige Dutzend gesunken ist.

Das nimmt Trump gleichwohl zum Anlass, um nach Los Angeles und Washington nun auch Truppen nach Portland zu beordern. Zunächst ist von 200 Nationalgardisten die Rede. „Es gibt keinen Aufstand, keine Bedrohung der nationalen Sicherheit und keine Notwendigkeit für militärische Truppen in unserer größten Stadt“, hat die demokratische Gouverneurin von Oregon, Tina Kotek, betont. Ihre Regierung verklagt nun die Trump-Administration.

Nicht wenige Beobachter fürchten, der Aufmarsch des Militärs in der traditionell linksliberalen Stadt könne genau jene Situation provozieren, die Trump zu bekämpfen vorgibt. „Trump scheint das Drehbuch von 2020 wiederholen zu wollen“, sagte der demokratische Senator Ron Wyden: „Ich rufe alle Bürger von Oregon auf, nicht in Trumps Falle zu gehen und sich zu Gewalt anstacheln zu lassen.“