Während die Ukraine erneut mit Drohnen angreift, rückt Russland an der Front vor. Aus Pokrowsk werden „heftige Kämpfe“ gemeldet.
US-Häme für Geschütz vor KremlExplosionen in Moskau, Staudamm getroffen – und Selenskyj droht mit mehr Angriffen

Russische Einheiten im Einsatz nahe der ukrainischen Stadt Pokrowsk. In der Region kommt es zu heftigen Gefechten. Die Ukraine greift Russland unterdessen weiterhin mit Drohnen an. (Archivbild)
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Ukrainische Drohnen haben erneut die russische Hauptstadt angegriffen. Moskaus Bürgermeister, Sergej Sobjanin, meldete in der Nacht auf Dienstag den „Abschuss“ von Drohnen am Stadtrand der russischen Metropole. Russische Telegramkanal berichteten unterdessen von „lauten Geräuschen“ und „Explosionsgeräuschen“ in der Region rund um Moskau.
Bereits in der Nacht auf Montag waren Drohnenangriffe auf die russische Hauptstadt gemeldet worden. Zwei Flughäfen in der Hauptstadtregion hatten daraufhin zwischenzeitlich ihren Betrieb eingestellt, berichtete die ukrainische Zeitung „New Voice“. In den sozialen Netzwerken kursierten zudem Aufnahmen von Luftabwehreinheiten in direkter Umgebung des Kremls.
Russland meldet „Abschuss“ von Drohnen über Moskau
Bei den vorherigen Angriffen seien 40 ukrainische Drohnen über der Region Moskau „zerstört“ worden, hatte das russische Verteidigungsministerium erklärt. Insgesamt seien 193 Drohnen im russischen Luftraum „abgeschossen“ worden, hieß es weiter vom Ministerium, das stets nur über „Abschüsse“ von Drohnen berichtet, nicht jedoch von erfolgreichen Angriffen. Zahlen zur erneuten Attacke in der Nacht auf Dienstag wurden derweil zunächst nicht bekannt.
Die Bilder der Luftabwehrgeschütze vor dem Kreml sorgten unterdessen in den sozialen Netzwerken für reichlich Häme – auch Megan Mobbs, die Tochter des amerikanischen Sondergesandten für die Ukraine Keith Kellogg, äußerte sich spöttisch zur jüngsten Angriffswelle auf Moskau. Die Lage sei „peinlich“ für Russland, schrieb Mobbs auf der Plattform X.
Tochter von US-General verspottet Russland
„Mir wurde aus zuverlässiger Quelle gesagt, dass Russland eine Supermacht sei“, spottete die Diplomaten-Tochter. Aus „in drei Tagen nach Kyjiw“ seien nun „zwei Typen, die Moskau verteidigen“ geworden, fügte Mobbs süffisant an – und spielte damit auf russische Ankündigungen aus der Frühphase des Krieges an. Damals hatte es in Russland oft geheißen, man werde die Ukraine in wenigen Tagen erobern.
Ukrainische Drohnenangriffe trafen zu Wochenbeginn unterdessen nicht nur die Region Moskau. Auch die Talsperre der russischen Großstadt Belgorod nahe der Grenze zur Ukraine ist nach Moskauer Behördenangaben durch Drohnen beschädigt worden.
Ukrainische Angriffe treffen Staudamm nahe Belgorod
Der Wasserstand in dem künstlichen See sei um einen Meter gesunken, teilte die zuständige russische Wasserbehörde der Agentur Tass zufolge mit. Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow rief die Bewohner von Orten unterhalb des Staudamms zu Vorsicht auf. Für den Staudamm wurde eine Notsituation festgestellt.
Der Kommandeur der ukrainischen Drohnentruppen, Robert Browdi, bestätigte schon am Sonntag Attacken auf den Staudamm. Seinen Angaben nach setzte das ausströmende Wasser des Flusses Siwerskyj Donez russische Stellungen bei dem Ort Grafowka unter Wasser. Von dort fließt der Fluss weiter auf ukrainisches Gebiet, wo russische Truppen bei Wowtschansk seit 2024 einen kleinen Brückenkopf halten.
Völkerrecht verbietet Angriffe auf Talsperren
Das humanitäre Völkerrecht verbietet Angriffe auf Talsperren oder andere Objekte, deren Beschädigung zerstörerische Kräfte freisetzen kann – es sei denn, sie werden nicht zu ihren gewöhnlichen Zwecken, sondern zur Unterstützung von Kriegshandlungen benutzt. Russische Truppen sprengten im Sommer 2023 den Staudamm von Kachowka, woraufhin eine gewaltige Flutwelle weite Landstriche der Südukraine unter Wasser setzte. Es gab viele Opfer. Russland griff auch gezielt Wasserkraftwerke am Fluss Dnipro an.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat derweil mit einer Ausweitung der ukrainischen Drohnen- und Raketenangriffe auf Ziele tief in Russland gedroht. „Die Fähigkeiten für weitreichende Angriffe sind ein Bestandteil unserer Unabhängigkeit und werden zum größten Bestandteil für die Garantie des Friedens“, sagte der Staatschef in seiner abendlichen Videobotschaft. Zuvor seien bei einer Beratung mit dem Armee-Oberkommando die Ziele für Angriffe bis Ende des Jahres besprochen worden und dabei auch eine „geografische Ausweitung“ der Attacken.
Selenskyj kündigt weitere Angriffe an – und räumt Flamingo-Problem ein
Zuletzt hatte die Ukraine jedoch ein „technisches Problem“ bei der Produktion des neuen Marschflugkörpers Flamingo eingeräumt. Die neue Waffe soll jedoch bereits für Schläge gegen russische Stellungen zum Einsatz gekommen sein. Nun könnte sich die Produktion des „Flamingo“ jedoch verzögern, erklärte Selenskyj bereits am Sonntag.
An der Front macht Russland unterdessen jüngsten Berichten zufolge weiter Fortschritte. „Die russischen Besatzungstruppen geben ihre Versuche, Pokrowsk einzunehmen, nicht auf“, berichtete zuletzt der ukrainische öffentlich-rechtliche Rundfunksender Suspilne. In der Stadt kommt es demnach weiterhin zu heftigen Gefechten. „Trotz schwerer Verluste versuchen die russischen Besatzer, zum Bahnhof vorzudringen“, berichtete der Sender weiter.
„Heftige Kämpfe“ in und rund um Pokrowsk gemeldet
Ein Armee-Sprecher berichtete von einer „recht großen Zahl“ russischer Truppen in und nahe der Stadt. „Derzeit ist nicht bekannt, wie viele von ihnen noch übrig sind. Der Feind erleidet enorme Verluste“, hieß es weiter. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben nicht.
Die russischen Streitkräfte hatten zuvor unterdessen von einer „Einkesselung“ von rund 10.000 ukrainischen Soldaten bei Pokrowsk und Kupjansk berichtet. Kyjiw wies diese Darstellung zurück, bestätigte jedoch eine „schwierige Situation“ in der Stadt und den benachbarten Gebieten. „Es gibt heftige Kämpfe in der Stadt“, erklärte Präsident Selenskyj am Sonntag. Auch der ukrainische Generalstab sprach von Kämpfen mit „hoher Dynamik und Intensität“ in der Region. (mit dpa)

