Brücke monatelang nicht voll nutzbarRussen flüchten nach Angriff von der Krim – Staus machen Putin Probleme

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Der mutmaßlich ukrainischen Angriff auf die Krim-Brücke hat deutliche Schäden an dem strategisch wichtigen Bauwerk hinterlassen, wie ein Foto einer russischen Nachrichtenagentur zeigt. Erst im November soll die Brücke wieder vollbefahrbar sein, heißt es aus Moskau.

Der mutmaßlich ukrainischen Angriff auf die Krim-Brücke hat deutliche Schäden an dem strategisch wichtigen Bauwerk hinterlassen, wie ein Foto einer russischen Nachrichtenagentur zeigt. Erst im November soll die Brücke wieder vollbefahrbar sein, heißt es aus Moskau.

Nach dem Angriff auf die Krim-Brücke verlassen Touristen die Halbinsel fluchtartig. Russland attackiert verbal Großbritannien und die USA.

Nach einem mutmaßlich ukrainischen Angriff auf die Krim-Brücke hat Kremlchef Wladimir Putin Vergeltung angekündigt. Am Montag war die Brücke von mehreren Explosionen erschüttert worden. In Russland sprach man daraufhin von einem „Terrorakt“, westliche Experten betonten unterdessen, die Brücke stelle ein legitimes Angriffsziel im Krieg dar. In Moskau sieht man nun in Großbritannien und den USA die Drahtzieher hinter der Attacke.

Russland sieht USA und Großbritannien hinter Angriff auf Krim-Brücke

Dass die USA der Ukraine dabei helfe, die Hintergründe des Angriffs zu „vertuschen“, deute daraufhin, „dass die USA an den Verbrechen Kiews mitschuldig sind“, erklärte der russische Botschafter in den USA, Anatoli Antonow, am Dienstag. Zuvor hatte bereits der russische Vize-Botschafter bei den Vereinten Nationen, Dmitri Poljanskij, erklärt, britische Geheimdienste könnten an dem Angriff auf die Krim-Brücke beteiligt gewesen sein.

„Ich habe von keinem der westlichen Sponsoren des Kiewer Regimes eine Verurteilung dieses Terroraktes gehört. Und wir müssen erst noch herausfinden, inwieweit westliche, insbesondere britische Geheimdienste an der Vorbereitung und Durchführung dieses Terroranschlags beteiligt waren. Zu viele Dinge deuten darauf hin“, erklärte Poljanskij.

Lange Staus auf der Krim nach Angriff auf Brücke: Touristen treten fluchtartig Heimreise an

Großbritannien wies die Anschuldigungen Russlands unterdessen als „unbegründete Spekulation“ zurück. Die Experten des US-Instituts für Kriegsstudien sehen in den russischen Beschuldigungen einen weiteren Versuch des Kremls, ein Narrativ aufzubauen, das darauf abziele, „Russland fälschlicherweise so darzustellen, als befinde es sich mit dem Westen und nicht mit der Ukraine im Krieg“.

Auf der Krim ist es unterdessen nach dem mutmaßlich ukrainischen Angriff am Montag zu erheblichen Staus gekommen. Moskau hatte den innerrussischen Tourismus auf die im Jahr 2014 völkerrechtswidrig besetzte ukrainische Halbinsel in den letzten Monaten weiter gefördert.

So seien russische Zivilisten dazu gedrängt worden, „durch ein Kriegsgebiet zu fahren, anstatt ihnen zu raten, es zu meiden, wie es verantwortungsbewusste Regierung tun würde“, heißt es im Lagebericht der US-Analysten. Die Konsequenz aus dieser Taktik zeigte sich nun nach dem Angriff auf die Krim-Brücke.

Flucht von der Krim: Russische Touristen beklagen hohe Preise für Wasser und Toilettennutzung

Der Kartendienst Google Maps zeigte am Montagabend Staus mit einer Länge von mehr als zehn Kilometern auf der einzigen verbliebenen Route von der Krim an. Laut russischen Medienberichten befinden sich rund 50.000 russische Touristen auf der Halbinsel – viele von ihnen versuchten am Montag offenbar die Heimreise anzutreten, einige auch auf der Landroute, die durch den Süden der Ukraine führt. Auch von Fähr-Terminals auf der Halbinsel kursierten Aufnahmen, die erhebliche Staus zeigen sollen. 

In sozialen Netzwerken machten zudem einige Russen ihrem Ärger Luft. So hätten Händler auf der Krim nach dem Angriff die Preise für Wasser und die Nutzung von Toiletten drastisch erhöht, beklagten russische Touristen auf Telegram. „In Richtung Rostow gibt es riesige Staus“, berichtete ein Russe. „Die Toiletten-Situation ist miserabel“, beklagte ein anderer.

Russische Militärlogistik durch Angriff auf Krim-Brücke beeinträchtigt

Der starke touristische Verkehr könnte die russische Militärlogistik, die durch den Angriff auf die Brücke ohnehin bereits beeinträchtigt ist, nun noch weiter verlangsamen, heißt es in der Analyse amerikanischen Institut für Kriegsstudien.

Auch in Kreisen russischer Militärblogger löste die erneute Attacke auf die Krim-Brücke unterdessen Wirbel aus. „Sie werden wieder angreifen, öfter und stärker“, prophezeite der russische Nationalist Igor Girkin in seinem Telegram-Kanal. „Bis die Idioten im Kreml erkennen, dass es keine Verhandlungen geben wird und dass es im Krieg um den Sieg geht“.

Russische Militärblogger mit Kritik an Wladimir Putin: „Idioten im Kreml“

Girkin gilt lange als Vertrauer von Kremlchef Wladimir Putin und wird als einer der Hinterleute des Abschusses des Malaysia-Airlines-Fluges MH17 im Jahr 2014 über der Ukraine international gesucht. Auch bei der Besetzung der Halbinsel durch russische Truppen spielte Girkin eine zentrale Rolle. Mittlerweile äußerte sich der Nationalist jedoch regelmäßig kritisch über den Kreml.

Aus Moskau gab es unterdessen nach einer TV-Ansprache von Putin am Montagabend keine weitere Reaktion auf den mutmaßlich ukrainischen Angriff. Wie die von Putin angekündigte „Vergeltung“ aussehen soll, ist nicht bekannt. Am Dienstagmorgen gaben russische Behörden lediglich bekannt, ein nächtlicher Drohnenangriff auf die Krim sei von russischen Truppen erfolgreich abgewehrt worden.

Krim-Brücke offenbar stark beschädigt: Reparaturarbeiten sollen bis November dauern

Der Angriff hat jedoch offenbar erhebliche Schäden an der Brücke hinterlassen. Laut einer Meldung der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass soll die Brücke für PKW und LKW erst ab dem 1. November wieder in voller Kapazität befahrbar sein.

Bis dahin soll zumindest eine der beiden Fahrbahnen genutzt werden können, erklärte Russlands stellvertretender Regierungschef Marat Chusnullin. Bis zur vollständigen Reparatur der Brücke sollen Autos die Halbinsel auch mit Fähren verlassen können, Lastkraftwagen müssten unterdessen den nördlichen Landweg benutzen – und damit mitten durch Kriegsgebiet fahren. 

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