HIMARS, Leopard und Co.Reichweitenstarke GLSDB erstmals im Einsatz – diese Waffen liefert der Westen

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Ein amerikanisches HIMARS-System im Einsatz bei einer Übung. Die Ukraine hat mittlerweile auch diese westliche Waffe erhalten. (Archivbild)

Ein amerikanisches HIMARS-System im Einsatz bei einer Übung. Die Ukraine hat mittlerweile auch diese westliche Waffe erhalten. (Archivbild)

Am Dienstag wurde bekannt, dass Kiew erstmals GLSDB-Geschosse eingesetzt hat. Ein Überblick darüber, welche Waffen der Westen an die Ukraine liefert.

Mit dem Angebot, 5.000 Stahlhelme zu liefern, hatte kurz nach Kriegsbeginn alles begonnen. Mittlerweile hat Deutschland zusammen mit seinen westlichen Partnern der Ukraine Waffen in erheblichem Ausmaß geliefert.

HIMARS, MLRS, Javelin, IRIS-T, Leopard, Marder und PzH 2000 – so kryptisch heißen einige der Waffen, die in der Ukraine zum Einsatz kommen. Wir erklären, was für Waffen sich dahinter verbergen – und welche Rolle sie im Krieg spielen.

Anti-Panzer-Waffen: Javelin, NLAW und Panzerfaust

Anti-Panzer-Waffen spielten vor allem in der Frühphase der russischen Invasion eine große Rolle. Da Russland zu Kriegsbeginn auf Bodentruppen und Panzer setzte, um die Ukraine in nur wenigen Tagen zu überrennen, gehörten die Anti-Panzer-Waffen zu den ersten dringenden Anfragen aus Kiew. Mit Erfolg: Besonders das US-Modell „Javelin“ tat sich als großer Faustpfand gegen die Panzer sowjetischer Bauart hervor.

Es handelt sich bei der „Javelin“ wie bei den meisten Anti-Panzer-Waffen um ein sogenanntes „Fire-and-Forget“-System. Nach Abschuss der Lenkwaffe braucht sich der Schütze nicht mehr um die Zielerfassung zu kümmern, sondern kann direkt seine Position verändern – was Gegenschläge deutlich erschwert. Die Reichweite von Javelin-Raketen beträgt bis zu 2000 Meter.

Ein Soldat reicht zur Bedienung aus – so bietet die Waffe vor allem in dicht bewachsenen Gebieten, aber auch in Städten erhebliche Vorteile. Ähnlich funktioniert auch die schwedische „NLAW“, die ebenfalls in der Ukraine zum Einsatz kommt.

Ein Soldat hält auf dem Truppenübungsplatz Munster eine Panzerfaust 3 in der Hand.

Ein Soldat hält auf dem Truppenübungsplatz Munster eine Panzerfaust 3 in der Hand. Deutschland liefert Waffen aus den Beständen der Bundeswehr an die Ukraine.

Aus Deutschland hat die Ukraine unterdessen die Panzerfaust 3 erhalten. Im Gegensatz zur Javelin verfügt das deutsche Modell nicht über eine Lenkwaffe, ist dafür aber leichter und einfach zu bedienen. Ihre Reichweite beträgt allerdings lediglich 400 Meter. Gerade im urbanen Raum hat die Panzerfaust jedoch auch Vorteile: Mit verschiedenen Gefechtsköpfen kann sie auch gegen Bunker oder zum Sprengen von massiven Mauern eingesetzt werden.

Artillerie: Panzerhaubitze 2000, M777 und Co.

Um die Schlagkraft der ukrainischen Streitkräfte auf Distanz zu erhöhen, hat der Westen im Laufe des Krieges auch Haubitzen an Kiew geliefert. Unter diese Bezeichnung fallen klassisch Artillerie-Geschütze, die keine Raketen, sondern konventionelle Geschosse abfeuern.

Die Reichweite von Haubitzen ist im Vergleich zu Raketen kleiner, im Vergleich zu älteren Raketen ohne eigene Zielerfassung haben sie jedoch Genauigkeitsvorteile. Die USA, England und Kanada haben die M777-Haubitze geliefert, aus Deutschland gab es die Panzerhaubitze 2000, die bei vielen Experten als leistungsstärkste ihrer Art gilt.

Ukrainische Soldaten feuern aus einer von den USA gelieferten Haubitze M777 auf russische Stellungen in der Region Cherson.

Ukrainische Soldaten feuern aus einer von den USA gelieferten Haubitze M777 auf russische Stellungen in der Region Cherson. (Archivbild)

Doch auch die M777 aus britischer Produktion bietet der Ukraine große Vorteile: Sie gilt zum einen als deutlich präziser als ihre russischen Gegenstücke wie der Giatsint-B-Haubitze, zum anderen verfügt sie mit 40 Kilometern auch über eine größere Reichweite als die Waffen des Kremls.

Im Gegensatz zur deutschen PzH 2000 ist die M777 kein selbstfahrendes System, sondern muss von anderen Fahrzeugen an ihre Kampfposition geschleppt werden – und kann bei Gegenfeuer nicht ähnlich schnell ausweichen.

Die Panzerhaubitze 2000 kann unterdessen genau das: Sie ist ein selbstfahrendes System und kann daher nach Schussabgabe sofort die Stellung wechseln, was es russischen Truppen deutlich erschwert, erfolgreiche Gegenschläge auszuführen. Alle westlichen Haubitzen nutzen zudem als Munition den Nato-Standard, was die Versorgung mit Nachschub erleichtert.

Luftabwehrsysteme: Patriot, IRIS-T SLM, S-300 und Co.

Vor allem als der Kreml von seiner anfänglichen Invasionstaktik abgerückte und vermehrt auf Luftangriffe setzte, rückten Luftabwehrsysteme in den Fokus. Derartige Systeme dienen nicht dazu, selbst Angriffe auszuführen, sondern haben die Aufgabe, feindliche Luftangriffe abzuwehren.

Da Russland über eine große Anzahl von Langstreckenraketen verfügt und diese bis heute immer wieder auch gegen zivile Ziele einsetzt, sind Systeme wie Patriot oder IRIS-T SLM für die Ukraine überlebenswichtig geworden.

Als leistungsstärkstes dieser Systeme gelten die amerikanischen „Patriot“, die von den USA, Deutschland und den Niederlanden an Kiew geliefert wurden. Das System hat hohe Unterhaltskosten, aber auch entscheidende Vorteile. Mit einer Reichweite von 100 Kilometern kann das Patriot-System feindliche Raketen frühzeitig erfassen und abfangen. Bis zu 16 Raketen können dafür innerhalb von neun Sekunden abgefeuert werden.

Ähnlich funktioniert das deutsche IRIS-T SLM. Das neuartige System wurde erst 2022 in Dienst gestellt und funktioniert vom Prinzip her ähnlich wie die Patriot-Systeme. Die Reichweite des deutschen Systems ist mit 40 Kilometern kleiner, dafür sind die Raketen für das System günstiger als die Patriot-Raketen. Das NASAMS ist ein ähnliches System, das zusammen von norwegischen und amerikanischen Rüstungskonzernen produziert wird, IRIS-T SLM gilt jedoch als fortschrittlicher.

In der Frühphase des Kriegs spielte zudem das sowjetische System S-300 eine große Rolle. Mit einer Reichweite von 90 Kilometern wird es vorrangig gegen Kampfflugzeuge und Marschflugkörper eingesetzt. Da der Westen die Ukraine nicht mit Munition für die S-300 versorgen kann, ist die Relevanz des Systems im Laufe der Zeit jedoch gesunken.

Schützen- und Kampfpanzer: Leopard 2, Abrams, Marder, Bradley und Co.

Nach langem Zögern liefert der Westen nun auch Panzer an die Ukraine. Zunächst gab es grünes Licht für sogenannte Schützenpanzer. Ob der deutsche Marder oder amerikanische Stryker- und Bradley-Panzer – sie alle sind dafür gedacht, Infanterie zu transportieren, verfügen jedoch nicht über so schwere Waffen wie Kampfpanzer.

Dafür erreichen sie oft deutlich höhere Geschwindigkeiten – die amerikanischen Stryker schaffen bis zu 100 km/h. Der deutsche Marder wird immerhin bis zu 60 km/h schnell. Ihren Zweck erfüllen sie vor allem im Verbund mit Kampfpanzern, sie transportieren Truppen ins Gefecht und geben Feuerunterstützung.

US-Soldaten bei einer Übung mit einem Stryker-Schützenpanzer. (Archivbild)

US-Soldaten bei einer Übung mit einem Stryker-Schützenpanzer. (Archivbild)

Anders lautet derweil die Aufgabe der Kampfpanzer. Ob Leopard 2, AbramsChallenger oder Leopard 1 – sie sind für die direkte Auseinandersetzung mit feindlichen Panzern gemacht. Panzer wie der Leopard 2 sind deutlich stärker gegen feindliche Treffer geschützt und verfügen über schlagkräftige Kanonen als Hauptwaffen.

Angaben zum Leopard 2A (Varianten 2A4 bis 2A7).  - AFP / AFP

Der Leopard 2 gilt als eines der besten Fahrzeuge seiner Art und ist im Gegensatz zu den meisten russischen Panzern in der Lage, auch während der Fahrt erfolgreich gegnerische Ziele zu erfassen und zu beschießen. Er hat zudem erhebliche Reichweitenvorteile gegenüber den sowjetischen Modellen – das könnte sich im Gefecht als echter Vorteil entpuppen. Deutschland liefert eine der modernsten Varianten des Panzers an die Ukraine.

Deutschland hat unterdessen mittlerweile auch die Freigabe für die Lieferung von Leopard-1-Panzern aus Beständen anderer europäischer Länder erteilt. Der Leopard-1 ist mit gut 42 Tonnen deutlich leichter, mit 830 PS signifikant weniger stark motorisiert und mit seiner 105mm-Kanone auch deutlich schwächer bewaffnet als sein Nachfolgemodell. Zudem müssen Leopard-1-Panzer zum Abfeuern ihrer Waffe anhalten. Dennoch gilt er als solider Panzer, gerade im Duell mit älteren russischen Modellen. 

Ähnliche Attribute wie der Leopard-2 bringt der amerikanische Abrams Panzer mit. Der britische Challenger ist derweil stärker gepanzert als Leopard 2 und Abrams, dafür aber auch schwerfälliger. Auch der britische Panzer verfügt jedoch über Reichweitenvorteile gegenüber den russischen Modellen wie dem T-72.

Drohnen: Bayraktar TB2 und iranische „Kamikaze-Drohnen“

Die Rolle von Drohnen ist im Verlauf des Kriegs etwas in den Hintergrund gerückt. Gerade in den ersten Monaten konnten die ukrainischen Streitkräfte mit den türkischen Bayraktar TB2-Drohnen russischen Truppen das Leben schwermachen. Die unbemannten Flugobjekte dienen nicht nur der Aufklärung, sondern können auch Panzer, Fahrzeuge und andere militärische Ziele angreifen.

Dafür kann die Drohne entweder mit vier kleinen Bomben oder mit einer Rakete bestückt werden. Bis März 2022 hatte die TB2 nachweislich bereits rund 60 Panzer, Luftabwehrsysteme oder andere russische Ziele zerstört. Die Drohne ist damit effizienter als Experten zuvor erwartet hatten – und bei den ukrainischen Streitkräften extrem beliebt.

Seit einigen Monaten setzt Russland derweil auf iranische Kamikaze-Drohnen des Typs Shahed-136. Die Waffe ist noch relativ neu, das Wissen über ihre Funktionsweise ist daher noch begrenzt. Der zentrale Unterschied: Die Shahed ist eine „Einweg-Drohne“, die beim Angriff auf ihr Ziel selbst zerstört wird. Sie trägt deshalb wirkungsstärkere Sprengsätze als Drohnen, die mehrfach eingesetzt werden sollen. Russland hat nach Angaben der Ukraine mehrfach zivile Ziele mit den Kamikaze-Drohnen angegriffen.

Eine Drohne ist am Himmel zu sehen, wenige Sekunden bevor sie auf Gebäude in Kiew geschossen hat. Dabei handelt es sich vermutlich um eine Kampfdrohne vom Typ Shahed 136 iranischer Bauart. (Archivbild)

Eine Drohne ist am Himmel zu sehen, wenige Sekunden bevor sie auf Gebäude in Kiew geschossen hat. Dabei handelt es sich vermutlich um eine Kampfdrohne vom Typ Shahed 136 iranischer Bauart. (Archivbild)

Langstrecken-Raketensysteme: HIMARS, MLRS und GLDSB

Zu den gefährlichsten Waffen auf russischer Seite gehören die mächtigen Langstreckenraketen des Kremls. Iskander-Systeme haben eine Reichweite von bis zu 500 Kilometern und können sowohl ballistische Raketen als auch Marschflugkörper abfeuern. Während Raketen eine ballistisch bedingte Flugbahn haben, haben Marschflugkörper einen eigenen Antrieb.

Ein Raketenwerfer MARS II steht in der Alb-Kaserne. Er kann bis zu 12 Raketen verschiedenen Typs in einer Minute abfeuern und hat eine Reichweite von 16 bis zu 85 Kilometern. (Archivbild)

Ein Raketenwerfer MARS II steht in der Alb-Kaserne. Er kann bis zu 12 Raketen verschiedenen Typs in einer Minute abfeuern und hat eine Reichweite von 16 bis zu 85 Kilometern. (Archivbild)

Für besondere Aufmerksamkeit sorgte unterdessen die russische Hyperschallrakete „Kinschal“, die von Flugzeugen abgefeuert werden kann – Details sind zu der noch recht neuen Waffe bisher kaum bekannt. Sie soll jedoch extrem hohe Geschwindigkeiten erreichen und laut westlichen Schätzungen eine Reichweite von 500 bis 1000 Kilometer haben.

Die Ukraine hat im Kriegsverlauf ebenfalls Raketen erhalten. Während Kiew zunächst auf die sowjetischen Totschka-Raketen aus eigenen Beständen setzte, die bereits 1968 entwickelt wurden, erhielt die Ukraine im Kriegsverlauf leistungsfähigere, westliche Raketen.

Die prominentesten Abschusssysteme dafür heißen MLRS (bei der Bundeswehr als MARS benannt) und HIMARS. Beide können unterschiedliche Raketen mit diversen Reichweiten abfeuern. Bisher liefert der Westen jedoch nur Munition mit begrenzter Reichweite.

Erst 2023 entschieden sich die USA schließlich, auch neue Geschosse an die Ukraine zu liefern, die bis zu 150 Kilometer weit fliegen – und somit auch Angriffe auf die Krim zulassen. MLRS und HIMARS bilden lediglich die „Abschussrampen“. Besonders das HIMARS-System ist in Kiew begehrt. Es gilt als präziser und schneller als die russischen Gegenstücke. Vor allem bei der Rückeroberung der Stadt Cherson durch die ukrainische Armee sollen HIMARS eine große Rolle gespielt haben.

Die neuartige „Ground Launched Small Diameter Bomb“ (GLSDB) soll die Lage für die Ukraine nun noch weiter verbessern. Sie hat eine größere Reichweite und gilt als schwer abzufangen, da sie ins Ziel gleitet und so laut Herstellerangaben von Radarstellungen nur schwer zu erkennen ist.

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