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„Putins Hoffnung steigt“Trump kleinlaut, Moskau bombt – und Chinas harte Ansage lässt aufhorchen

6 min
Donald Trump spricht mit Reportern bei seiner Ankunft in der Air Force One auf der Joint Base Andrews – der US-Präsident räumte die Erfolglosigkeit eines Telefonats mit Putin ein. (Archivbild)

Donald Trump spricht mit Reportern bei seiner Ankunft in der Air Force One auf der Joint Base Andrews – der US-Präsident räumte die Erfolglosigkeit eines Telefonats mit Putin ein. (Archivbild)

Trump räumt nach einem Putin-Telefonat sein Scheitern ein. Moskau fliegt heftige Angriffe – und Worte aus China sorgen für Wirbel.

Die zweiwöchige Frist, die sich US-Präsident Donald Trump gesetzt hatte, um darüber zu entscheiden, ob Kremlchef Wladimir Putin es mit seinem angeblichen Friedenswillen auch wirklich ernst meint, ist bereits seit mehr als zwei Wochen abgelaufen. Die Antwort auf seine Frage scheint Trump nun jedoch von Putin persönlich bekommen zu haben.

Der russische Präsident habe zwar erneut seine „Bereitschaft zur Fortsetzung des Verhandlungsprozesses erklärt“, wie Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow nach Abschluss eines knapp einstündigen Telefonats der beiden Staatschefs mitteilte. Gleichzeitig habe der Kreml jedoch erneut auch bekräftigt, dass Moskau seine Ziele in der Ukraine erreichen werde und die „Ursachen des Konflikts“ für eine Friedenslösung „beseitigt“ werden müssten, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Tass.

Wladimir Putin bleibt hart – ob bei Trump oder Macron

Moskau hält an seinen einer ukrainischen Kapitulation gleichkommenden Bedingungen fest. Das räumte auch der US-Präsident nach dem Telefonat mit Putin ein. „Wir haben auch über den Krieg gegen die Ukraine gesprochen und ich bin damit nicht glücklich“, sagte der US-Präsident schmallippig gegenüber Reportern. „Ich habe heute überhaupt keine Fortschritte mit ihm gemacht“, fügte Trump an, der einst versprochen hatte, Russlands Krieg innerhalb von 24 Stunden nach seinem Amtsantritt zu beenden.

Zeitgleich herrschte in der Ukraine – wie bereits oft nach Gesprächen westlicher Staatschefs mit Putin – am Donnerstagabend (3. Juli) großflächiger Luftalarm. Aus der Hauptstadt Kyjiw kamen Meldungen über eine massive russische Angriffswelle. Am Freitagmorgen stand dann fest: Es waren die schwersten nächtlichen Attacken seit Kriegsbeginn. Zu Wochenbeginn hatte derweil bereits der französische Präsident mit Putin telefoniert. Der Kremlchef quittierte Emmanuel Macrons Bemühungen jedoch mit einer Absage – und Luftangriffen auf die Ukraine. An diesem Gesprächsergebnis konnte auch Trump offenbar nichts ändern.

Friedrich Merz warnte vor Telefonaten mit Wladimir Putin

Bundeskanzler Friedrich Merz hatte unterdessen in der letzten Woche indirekt vor Gesprächen mit dem Kremlchef gewarnt. „Der jüngste Besuch des ungarischen Ministerpräsidenten in Moskau wurde von Russland mit schwersten Bombardements auf Kyjiw und auf ein Krankenhaus beantwortet. Auf das letzte Telefonat mit meinem Amtsvorgänger folgten Bomben auf ein Kinderkrankenhaus“, hatte Merz der „Süddeutschen Zeitung“ erklärt und mit Blick auf ein mögliches Gespräch mit Putin angefügt: „Wenn das also das Ergebnis solcher Telefonate ist, würde ich noch lange davon Abstand nehmen.“

Der US-Präsident sieht das offenbar anders – und sein Scheitern hinsichtlich Russlands Krieg scheint Trump weiterhin nicht davon abzuhalten, in anderen Bereichen eine offene Zusammenarbeit mit Putin zu forcieren. Nachdem die US-Regierung tags zuvor bereits mit einem teilweisen Stopp amerikanischer Waffenlieferungen an die Ukraine für gute Laune in Moskau gesorgt hatte, schien die Stimmung im Kreml nach dem Telefonat sogar noch besser zu sein.

Ziehen Trump und Putin gemeinsamen in den Kulturkampf?

„Die Staatschefs beider Länder erörterten die Möglichkeit eines Austauschs von Filmen, die traditionelle Werte fördern, die der Russischen Föderation und der US-Präsidentschaftsverwaltung nahestehen“, berichtete Putins Berater Uschakow. Trumps laut Moskau vorhandene Bereitschaft, zusammen mit dem Kremlchef den internationalen Kulturkampf aufzunehmen, schien auch den Sondergesandten des russischen Präsidenten für Auslandsinvestitionen, Kirill Dmitrijew zu verzücken.

„Eine positive Zusammenarbeit zwischen den USA und Russland ist für den weltweiten Frieden und Wohlstand von entscheidender Bedeutung“, schrieb Dmitrijew bei X, versehen mit einem Heiligenschein-Emoji. „Ein neues Kapitel beginnt“, fügte Putins Sondergesandter an und gratulierte Trump kurz darauf zur Verabschiedung seines Steuergesetzes im US-Kongress.

Ukraine weist auf Steigerung von Angriffen hin

Nach Angaben von Tass hatte Trump dem Kremlchef zu Beginn des Telefonats über seinen jüngsten innenpolitischen Erfolg berichtet. Putin habe Trump „viel Erfolg“ mit seinen „geplanten Reformen“ gewünscht, hieß es weiter. Das Gespräch der beiden Staatschefs sei „auf einer Wellenlänge“ verlaufen, betonte Berater Uschakow.

Aus der Ukraine gab es zunächst keine Reaktion auf das neuerliche Telefonat, zumindest keine direkte. Zuvor hatte es Berichte gegeben, Trump wolle nach seinem Gespräch mit Putin auch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sprechen. Kyjiw hatte am Vortag wegen des Stopps von US-Waffenlieferungen den US-Botschaftsleiter einbestellt. Während ein Statement von Selenskyj am Donnerstagabend ausblieb, reagierte das ukrainische Außenministerium indirekt, ohne Trump oder Putin beim Namen zu nennen.

„Russland lehnt weiterhin alle Friedensbemühungen ab und eskaliert stattdessen“, teilte das Ministerium bei X mit. „Von Dezember bis Mai wurden bei russischen Angriffen laut UN mindestens 900 Zivilisten getötet und fast 5.000 verletzt – ein Anstieg von 37 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Der zunehmende Einsatz von Drohnen, Raketenangriffen auf Städte und gezielten Angriffen auf Zivilisten zeugen von einer klaren Terrorabsicht“, hieß es weiter über einen Zeitraum, der größtenteils in Trumps Zeit im Weißen Haus fällt.

Politik-Experten sind ernüchtert – und attackieren Trump

Es sei „höchste Zeit“, dass die USA, Europa und „alle Länder, die sich für einen gerechten und dauerhaften Frieden einsetzen“, den Druck auf Moskau nun erhöhen und Russlands Fähigkeit zur Fortsetzung des Krieges damit schwächen, hieß es weiter vom Außenministerium in Kyjiw.

Russland- und Politik-Experten zeigten sich unterdessen ernüchtert nach dem – zumindest für die Ukraine – fruchtlosen Telefonat zwischen Trump und Putin. Sollte Trump nach seinem Gespräch mit Selenskyj den Lieferstopp für US-Waffen nicht aufheben, könne man ihn als „Alliierten von Russland im Krieg gegen die Ukraine“ bezeichnen, schrieb der Historiker Phillips O’Brien bei X – und bekam Zustimmung vom russischen Kremlkritiker Garri Kasparow.

„So nenne ich ihn schon lange“, schrieb Kasparow und ließ scharfe Kritik folgen. „Trumps bisheriges Handeln zielte darauf ab, den Aggressor Russland zu beschwichtigen und zu stärken und die Ukraine, Opfer und Verteidiger, unter Druck zu setzen und zu schwächen“, führte der ehemalige Schachweltmeister aus, der nun zu Putins schärfsten Kritikern im Exil gehört. Der US-Präsident wolle „den Krieg mit einem Sieg Russlands und dem Verschwinden der Ukraine, so wie sie heute existiert, beenden – genau wie Putin“, fügte Kasparow an.

„Putin hat Trump mal wieder eingenordet“

„Putin hat Trump mal wieder eingenordet“, lautete derweil das Urteil des Kölner Politologen Thomas Jäger. Der Kremlchef wolle weiterhin keine Verhandlungen, erklärte der Professor für Internationale Politik der Universität Köln. „Mit jedem Telefonat mit Trump steigt Putins Hoffnung sein Narrativ durchzusetzen und ihn zum gemeinsamen Kulturkampf gegen den liberalen Westen einzuspannen“, warnte der Historiker Matthäus Wehowski bei X.

Trump und Putin hätten gemeinsam, dass Demokratie für sie „lediglich die Akklamation einer starken Führerfigur ohne lästige Institutionen, Gerichte, freie Medien oder Opposition“ bedeute, führte der Russland-Experte aus. Unter Akklamation versteht man im politischen Kontext zustimmenden Beifall.

Chinas Außenminister macht eine deutliche Ansage

Für die Ukraine sollten Trumps erfolgloses Telefonat und die darauffolgenden Luftangriffe unterdessen nicht die einzigen schlechten Nachrichten zusätzlich zum bereits vorher verkündeten Stopp der US-Waffenlieferungen bleiben. Auch vom chinesischen Außenminister Wang Yi kamen einem Bericht der „South China Morning Post“ zufolge bei einem Gespräch mit der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas überraschend deutliche Bekenntnisse.

Peking könne sich eine Niederlage Russlands in der Ukraine nicht leisten, habe Wang erklärt, berichtete die Zeitung. China befürchte, dass die USA im Falle von Moskaus Niederlage ihre „gesamte Aufmerksamkeit auf Peking richten“ würden, hieß es weiter unter Berufung auf mehrere mit dem Gespräch vertraute Personen.

Den Vorwurf, dass Peking Russlands Krieg finanziell oder militärisch unterstütze, habe der Diplomat unterdessen vehement zurückgewiesen, berichtete die Zeitung. China sei „keine Kriegspartei“, erklärte Wang demnach und betonte erneut ungewohnt deutlich: „Wenn das der Fall wäre, wäre der Konflikt schon lange beendet.“