Unterstützung für Waffenlieferungen bröckeltGeht Putins Kalkül doch noch auf?

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Der russische Präsident Wladimir Putin sitzt bei einer Konferenz an einem Tisch.

Russlands Präsident Wladimir Putin

Gezielte Desinformationen, Energiekrieg: Mit allen Mitteln versucht der Kreml, den Westen von der weiteren Unterstützung der Ukraine abzubringen. Die Zweifel wachsen bereits.

Trotz der militärischen Erfolge der Ukraine bei der Rückeroberung ihres Landes wachsen im Westen die Zweifel an der weiteren Unterstützung. In Umfragen geben mehr als die Hälfte der Deutschen an, dass sie sich mehr diplomatische Bemühungen wünschen. Waffenlieferungen an die Ukraine unterstützen immer weniger Menschen – sie wollen lieber Friedensgespräche. Und nur 42 Prozent der Deutschen glauben, dass die Ukraine den Krieg gegen Russland gewinnen wird, 40 Prozent rechnen nicht damit.

„Dass die Unterstützung für weitere Waffenlieferungen zurückgeht, liegt wohl an der zunehmenden Kriegsmüdigkeit der Deutschen und den Sorgen wegen hoher Energiepreise“, analysiert Sarah Pagung, Expertin für die Deutsch-Russischen Beziehungen bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). „Viele Menschen spüren jetzt die Auswirkungen des Krieges und sind der Auffassung, dass der Krieg nicht ewig so weitergehen sollte“, sagt sie im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

„Winter wird Stresstest für Ukraine“

Gezielte Desinformationen, ein Energiekrieg gegen den Westen und immer neue Drohungen mit einer atomaren Eskalation: Russland versucht auf viele Weisen Zweifel im Westen zu schüren. „Im Moment sind wir noch nicht an dem Punkt angelangt, wo Putins Kalkül aufgeht“, beobachtet Gwendolyn Sasse, wissenschaftliche Direktorin am Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien in Berlin. „Der jetzige Winter wird ein Stresstest für den Westen und die Ukraine“, sagt sie dem RND.

Wenn die Menschen im Westen mehr und mehr die Kosten des Krieges zu spüren bekämen, dürfte der Wunsch nach Verhandlungen und einem Kompromiss weiter steigen. Auf diese Dynamik setze der Kreml, so Sasse. Eine echte Verhandlungsbereitschaft Russlands sieht die Expertin aber nicht. „Ein Waffenstillstand zum jetzigen Zeitpunkt würde darüber hinaus nur den Zweck erfüllen, Russland Zeit zu erkaufen, um sich bis zum Frühjahr neu aufzustellen.“

Putins Pläne gehen nicht auf

Viele Desinformationen aus Russland werden in Deutschland inzwischen als solche entlarvt. Dazu zählt zum Beispiel die Behauptung, dass die Ukraine gelieferte Waffen auf dem Schwarzmarkt verkaufen würde, sagt DGAP-Expertin Pagung. Dass Putins Pläne, den Westen von der Unterstützung der Ukraine abzubringen, nicht aufgehen, hänge auch von dem Ausmaß des russischen Terrors ab. „Die Nachrichten und Bilder über die Brutalität des Krieges sorgen auch dafür, dass die Empathie mit der ukrainischen Bevölkerung und die Unterstützung im Kampf gegen Russland anhält.“

Trotzdem wachsen die Rufe nach Verhandlungen, womöglich auch, um dem unfassbaren Terror ein scheinbar schnelles Ende zu setzen. Von Friedensverhandlungen geht das Signal aus, dass die Kämpfe damit in kürzester Zeit vorbei wären. „Aber dieser Eindruck täuscht und schürt falsche Hoffnungen“, stellt Pagung klar. Es wäre ehrlicher der Bevölkerung zu sagen, dass der Krieg auch im Frühjahr nicht vorbei sein wird. „Im Zweifelsfall müssen die Waffenlieferungen auch größer ausfallen als bisher.“

Ukraine ist auf Westen angewiesen

Warum die Bundesregierung dies nicht klar kommuniziert? Vielleicht, weil solche großen anhaltenden Kosten, wie lange Waffenlieferungen an die Ukraine, niemand gerne verkündet. Deutschland gibt mit dem Sondervermögen für die Bundeswehr und dem von Kanzler Scholz verkündeten „Doppelwumms“ bereits Hunderte Milliarden aus. Gleichzeitig hält die Debatte darüber an, wie das Land gut durch diese wirtschaftliche Krise kommt. Niemand will da gerne militärische Investments über so einen langen Zeitraum beschließen.

Dabei hängt der militärische Erfolg der Ukraine maßgeblich von westlichen Waffenlieferungen ab. Diese Abhängigkeit nimmt immer weiter zu, da die Ukraine im Krieg eigenes militärisches Equipment verliert und kaum noch die Möglichkeit hat, neue Waffen nachzuproduzieren. Alle großen Rüstungsfabriken sind bereits vor Wochen bei russischen Luftangriffen zerstört worden.

Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev forderte in dieser Woche neue Waffenlieferungen von Deutschland, darunter Luftverteidigungssysteme zum Schutz ziviler Infrastruktur. „Deutsche Waffen retten Leben.“ (RND)

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