US-Regierung „zutiefst besorgt“Führende Demokratieaktivisten in Hongkong festgenommen

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Jimmy Lai, Gründer der Hongkonger Zeitung «Apple Daily», wird in seinem Haus in Hongkong von Polizeibeamten verhaftet.

Hongkong – In einem Schlag gegen die Demokratiebewegung in Hongkong hat die Polizei am Wochenende nach eigenen Angaben 15 führende Aktivisten festgenommen. Unter ihnen befanden sich der „Vater der Demokratie“, Martin Lee, der bekannte Medienunternehmer Jimmy Lai sowie ehemalige und noch amtierende Abgeordnete. Den Festgenommenen wird die Organisation und Teilnahme an illegalen Versammlungen in der chinesischen Sonderverwaltungszone im August und Oktober vergangenen Jahres vorgeworfen.

Die US-Regierung zeigte sich „zutiefst besorgt“ über die Festnahmen. Fünf der Festgenommenen sollen für illegale Versammlungen im September und Oktober geworben haben. Alle 15 Aktivisten müssen Mitte Mai vor Gericht erscheinen. Lai war bereits im Februar wegen der Teilnahme an einer regierungskritischen Demonstration im vergangenen Jahr vorübergehend festgenommen worden. Neben ihm nahm die Polizei am Samstag unter anderem die ehemaligen Abgeordneten Martin Lee, Margaret Ng, Albert Ho, Leung Kwok-hung, Au Nok-hin sowie den amtierenden Abgeordneten Leung Yiu-chung fest.

„Vater der Demokratie“ bereue sein Handeln nicht

Er sei „sehr erleichtert“ über seine Anklage, sagte der bekannte Demokratie-Aktivist Martin Lee, nachdem er auf Kaution freigelassen wurde. „So viele Jahre, so viele Monate lang wurden so viele gute Jugendliche festgenommen und angeklagt, während ich nicht festgenommen wurde. Ich bedaure das“, sagte der 81-jährige Anwalt. Er bereue sein Handeln nicht und sei stolz darauf, an der Seite der jungen Menschen für die Demokratie zu kämpfen. Lee ist der Gründungsvorsitzende von Hongkongs erster politischer Partei und gilt in der Sonderverwaltungszone als „Vater der Demokratie“.

Hongkongs Polizeichef Chris Tang kritisierte Lees Äußerungen: „Er stiftet weiterhin Jugendliche an, gegen das Gesetz zu verstoßen. Ich denke nicht, dass er stolz sein sollte. Er sollte sich schämen.“ Die US-Regierung äußerte sich besorgt über die Festnahmen. Eine von politischen Überzeugungen geleitete Strafverfolgung sei mit den universellen Werten von freier Meinungsäußerung sowie dem Recht auf Versammlungsfreiheit nicht vereinbar, erklärte US-Außenminister Mike Pompeo im Kurzmitteilungsdienst Twitter.

Festnahmen seien ein „weiterer Sargnagel“

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch bezeichnete die Festnahmen als „weiteren Sargnagel“ für das Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“, demzufolge den Bürgern in der ehemaligen britischen Kronkolonie Hongkong zahlreiche Freiheiten garantiert werden, die in der Volksrepublik nicht bestehen. Die Hongkonger Regierung „versucht mit aller Macht, eine Terrorherrschaft einzuführen“, erklärte die der Demokratiebewegung nahestehende Abgeordnete Claudia Mo. Die Regierung wolle die Menschen zum Schweigen bringen und die Opposition besiegen - „aber wir stehen zusammen“.

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Die teilweise gewalttätigen Massenproteste der Demokratiebewegung hielten die Sonderverwaltungszone Hongkong im vergangenen Jahr sieben Monate lang in Atem. Die zunächst friedlichen Demonstrationen richteten sich anfangs gegen ein inzwischen auf Eis gelegtes Gesetz, das erstmals auch Auslieferungen nach Festland-China ermöglicht hätte. Später wandten sich die Demonstranten gegen die pro-chinesische Führung in Hongkong und die Beschneidung demokratischer Freiheiten insgesamt. Inzwischen sind die Proteste abgeklungen.

Dies ist einerseits auf zahlreiche Verhaftungen und eine Erschöpfung der Bewegung, andererseits auf die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus zurückzuführen. Die chinesische Zentralregierung sowie Hongkongs Peking-treue Regierungschefin Carrie Lam haben sich bis heute geweigert, Forderungen der Demonstranten zu erfüllen. Zu den zentralen Forderungen zählen die Freilassung der tausenden festgenommenen Demonstranten, eine unabhängige Aufarbeitung der Polizeigewalt und das Recht zur freien Wahl des Regierungschefs. (afp)

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