Kommentar zu Tebartz-van ElstLimburg ist überall

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Der Bischof von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst.

Der Bischof von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst.

Niemand kann zwei Herren dienen: Gott und dem Mammon, sagt Jesus in der Bergpredigt. Der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst hat diesen Spagat trotzdem probiert – und zerbricht gerade daran. An der harschen Reichtumskritik Jesu kommt kein Christ vorbei. Jeder muss sich seinen Reim darauf machen. Die bequemste und zugleich dümmste Formel: Reich sind immer die, die mehr haben als ich.

Tebartz hat bislang einen anderen Weg eingeschlagen. „Zur größeren Ehre Gottes“ darf die Kirche es an nichts fehlen lassen. Was dabei an Extravaganzen für einen bischöflichen Diener Gottes abfällt, ist legitimer Ausdruck für die Würde seines Amtes. Es ist kein Zufall, dass Tebartz mit dieser spirituellen Überhöhung des materiellen Luxus gerade jetzt aus der Bahn fliegt. Bis vor einem halben Jahr konnte er sich direkt auf den „Diener der Diener Christi“ berufen, wie einer der päpstlichen Ehrentitel lautet. In Rom exerzierte Benedikt XVI. vor, was Tebartz in Limburg nachahmte.

Franz-Peter Tebartz-van Elst, geb. 1959, ist seit 2008 Bischof von Limburg. Zuvor war er vier Jahre Weihbischof in seinem Heimatbistum Münster. An der Universität Passau war er Professor für Pastoraltheologie. Seit dem Amtsantritt begleitet ihn Kritik an einem angeblich zu aufwendigen Lebensstil. (jf)

Nun aber sitzt ein Mann auf dem Stuhl Petri, dem es schon wehtut, wenn er einen Priester oder eine Nonne mit einem neuen Auto herumfahren sieht. Tebartz-van Elst steht somit unter besonderem Druck. In seiner Amtsführung hat er sich nämlich stets – so ergeben wie sonst nur noch der Kölner Kardinal Meisner – auf den Papst berufen. Vom Heiligen Vater her bezog Tebartz jene Vorstellung von Autorität, mit der er glaubt, sowohl seine persönliche Lebensführung als auch seinen selbstherrlichen Leitungsstil legitimieren zu können.

Dafür gibt es aber neuerdings in Rom keinen Rückhalt mehr. Tebartz kommen die Korsettstangen abhanden, die ihm bislang Haltung gaben. Gut möglich, dass seine Kritiker diese Veränderung gespürt haben und darum mit ihrem „Frankfurter Appell“ für mehr Offenheit und neues Vertrauen, unterschrieben von mehreren Tausend Gläubigen, genau jetzt an die Öffentlichkeit gegangen sind.

Nun reist aus dem Vatikan eigens ein Gesandter nach Limburg. Für den Bischof ist das – entgegen der von ihm bekundeten Freude über den „brüderlichen Besuch“ – eine ausgesprochen prekäre Visite. Nach allem, was Papst Franziskus an Idealbildern für kirchliche Leitungsämter zeichnet, kann die Kritik an Tebartz’ Gebaren den päpstlichen Emissär kaum unbeeindruckt lassen. Er wird hören wollen, was der Bischof öffentlich verschweigt: Um wie viele Millionen teurer als budgetiert ist denn nun die Sanierung seiner Residenz? Und woher kam das Geld?

Der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst steht seit längerem wegen angeblicher Verschwendung in der Kritik. Es geht dabei unter anderem um einen Erste-Klasse-Flug nach Indien, wo er die Slums von Bangalore besucht hatte, sowie um drastische Kostensteigerungen beim Ausbau seines Bischofssitzes.

Dabei wird der Bischof für den Anstieg der Baukosten von ursprünglich veranschlagten 5,5 Millionen Euro auf laut Medienberichten 15 bis 20 Millionen Euro verantwortlich gemacht. Das Bistum weist dies zurück und will in den kommenden Wochen eigene Zahlen zu den Baukosten offenlegen.

Ein Protestschreiben mit knapp 4500 Unterschriften von Katholiken seines Bistums hat Tebartz-van Elst am Freitag entgegengenommen. Der "Frankfurter Appell", in dem die Amtsführung des Bischofs kritisiert wird, wurde ihm von einer Delegation der Stadtversammlung der Frankfurter Katholiken überbracht.

Ein Ermittlungsverfahren der Hamburger Staatsanwaltschaft wegen angeblicher falscher eidesstattlicher Versicherung belastet Tebartz-van Elst. Er rechne aber nicht mit einem Strafbefehl oder einer Anklage, sagte der Bischof. Im Kern geht es um die Berichterstattung des "Spiegel" über einen Indienflug des Bischofs und seines Generalvikars Franz Kaspar in der ersten Klasse.

Nach Angaben des Bistums Limburg hatte der Generalvikar vor allem aus seinen Bonusmeilen ein Upgrade in die erste Klasse finanziert. In einer eidesstattlichen Versicherung vor dem Hamburger Landgericht bestritt der Bischof, gegenüber einem "Spiegel"-Redakteur den Erste-Klasse-Flug geleugnet zu haben.

In einem Video-Mitschnitt antwortet der Bischof auf den Vorhalt des Redakteurs: "Aber Sie sind doch erster Klasse geflogen mit Business-Class sind wir geflogen." Drei Privatpersonen erstatten daraufhin Strafanzeige wegen Falschaussage. (kna, dpa)

Es gibt in der ganzen Affäre aber noch eine zweite kirchenpolitische Ebene. Die Verdichtung der Vorwürfe gegen Tebartz fällt zusammen mit der Endphase der Ära Meisner. Das ist kein Zufall. Seit langem gilt Tebartz als Aspirant, ja als Wunschkandidat des Kölner Erzbischofs für dessen Nachfolge. Die intensive Diskussion über (mangelnde) Qualitäten und Probleme in der Führung des Bistums Limburg ist geeignet, diese Ambitionen zu durchkreuzen. Es erscheint inzwischen als ausgeschlossen, dass Rom Tebartz für höhere Aufgaben vorsieht, und noch unwahrscheinlicher ist es, dass das Kölner Domkapitel bei der Bischofswahl die Limburger Misere an den Rhein transferiert.

Viele Bischöfe sehen die Lage in Limburg besorgt bis zornig, haben aber keinen direkten Einfluss. Weder Bischofskonferenz noch Laiengremien können einen Bischof stoppen, der aus dem Ruder läuft. Weil der Kirche das institutionelle Korrektiv abgeht, ein System von „Checks and Balances“, und weil es mit dem geordneten Konfliktmanagement hapert, kommt es fast zwangsläufig zu informellen Formen der Krisenbewältigung: von „offenen Briefen“ bis zu kolportierten Skandalmeldungen und Gerüchten. Man mag das als „Intrigantentum“ abtun und über die „bösen Medien“ giften. Tatsächlich aber liegen Schuld und Versagen bei Kirchenführern, die sich strukturierter Kritik ebenso entziehen wie der Delegation von Macht und Kompetenz. Insofern gilt für die katholische Kirche: Limburg ist überall.

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