Kommentar zur Wahl in Sachsen-AnhaltArmin Laschet besteht die Feuerprobe

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Armin Laschet

Was zuletzt von manchen als Kopf-an-Kopf-Rennen prognostiziert wurde, geriet am Ende zu einer klaren Sache: Beim letzten Stimmungstest vor der Bundestagswahl im September ging die CDU in Sachsen-Anhalt mit großem Vorsprung über die Ziellinie. Deutlicher Stimmenzuwachs, die AfD klar distanziert – für den amtierenden Ministerpräsidenten Reiner Haseloff gab es Grund zum Jubeln. Ebenso für Armin Laschet, der eine wichtige Feuerprobe im Kampf ums Kanzleramt bestanden hat.

Aufatmen können nach der Sachsen-Anhalt-Wahl auch alle Demokraten: Das rechte Fanal, das mancher befürchtete, hat die AfD nicht entfachen können. Die im Osten offen rechtsaußen auftretende Partei landete sogar unter ihrem Ergebnis von vor fünf Jahren. Es war wohl auch der Amtsbonus des über die Parteigrenzen hinweg beliebten Haseloff, der am Ende verhinderte, dass erstmals eine in Teilen als rechtsextrem eingestufte Partei stärkste Kraft in einem ostdeutschen Landesparlament wurde.

Für Unionskanzlerkandidat Laschet ging es vor allem darum, die Wahl möglichst unbeschadet zu überstehen. Mit dem Wahltriumph an Elbe und Saale hat er dieses Ziel nun mehr als erreicht. Ein Absturz hätte ansonsten die Debatte um Laschets Führungsqualitäten erneut entfacht. Der wochenlange Kampf in der Union zwischen Laschet und CSU-Chef Markus Söder um die K-Frage hatte die Union durchgeschüttelt und viele Sympathien gekostet. Jetzt darf Laschet den Wahlsieg Haseloffs als gutes Omen für die Wahl im September werten. Seine von Söder betriebene Demontage und die miserablen Umfragewerte scheinen überwunden zu sein.

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Wahlergebnis in Sachsen-Anhalt ist für Grünen-Spitzenkandidatin Annalena Baerbock eine Enttäuschung

Für Grünen-Spitzenkandidatin Annalena Baerbock ist das Wahlergebnis in Sachsen-Anhalt hingegen trotz eines leichten Stimmenzuwachses eine große Enttäuschung. Zwar tun sich die Grünen im Osten traditionell schwer. Überraschend ist es dennoch, dass sich der Höhenflug im Bund so gut wie gar nicht auf die Wahl ausgewirkt hat. Für Olaf Scholz, den SPD-Mitbewerber ums Kanzleramt, gab es von vornherein nicht viel zu gewinnen. Dass das Ergebnis am Ende einstellig ausfiel, ist trotzdem ein Desaster. Scholz kann nun lediglich darauf hoffen, dass seine Partei in Magdeburg erneut Juniorpartner der CDU in einer Anti-AfD-Koalition wird.

Trotz des CDU-Triumphs bleibt es dabei: Wie schon vor fünf Jahren wählte fast jeder Vierte in Sachsen-Anhalt die Rechtsaußen-Partei AfD. Was aus westdeutscher Sicht erneut die Frage aufwirft, warum die Partei von so vielen Menschen im Osten Zuspruch erhält. Zuletzt hatte sich Marco Wanderwitz, Ostbeauftragter der Bundesregierung und Spitzenkandidat der CDU Sachsens, an einer Antwort versucht. Er sieht die Ursache im Erbe der totalitären DDR und hält einen Teil der AfD-Anhänger als für die Demokratie verloren. Eine Analyse, die nicht weit genug geht.

Ein Blick auf einige Entwicklungen im 2,2-Millionen-Einwohner-Land Sachsen-Anhalt nach der Wiedervereinigung kann da schon weiterhelfen: Zehntausende Arbeitsplätze in der Chemie- und Stahlindustrie fielen weg, es gibt überdurchschnittlich viele Niedriglohn-Jobs. Ein Großteil der jungen Generation hat das Bundesland wegen Perspektivlosigkeit verlassen. Wut, Sorge und Resignation, die einst die Linkspartei stark machten, landen heute – in Stimmen umgemünzt – bei der AfD. Ziel aller demokratischen Parteien muss es also sein, die Lebensverhältnisse im Osten weiter zu verbessern und die AfD konsequent als demokratiefeindlich zu entlarven.

Der alte und neue Ministerpräsident Haseloff hat eine Zusammenarbeit mit der AfD strikt ausgeschlossen. Das ist gut und richtig so. Bei der Regierungsbildung in Magdeburg wird es nun also erneut darum gehen, ein Bündnis jenseits von Rechts- und Linksaußen zu schmieden.

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Dabei hat Haseloff die freie Auswahl: Er kann die „Keniakoalition“ aus CDU, SPD und Grünen fortführen, die in den vergangenen fünf Jahren allerdings mehr schlecht als recht regiert hat. Der Wiedereinzug der FDP in den Landtag macht noch weitere Machtoptionen möglich. Sowohl „Jamaika“ aus CDU, Grünen und Liberalen als auch eine schwarz-rot-gelbe „Deutschlandkoalition“ aus CDU, SPD und FDP hätte eine stabile Mehrheit. Spannend wird in den nächsten Tagen insbesondere sein, wie sich Haseloff zu einem möglichen neuen Partner FDP positioniert.

Zurück zum Kanzlerkandidaten der Union, Armin Laschet. Die Bewährungsprobe Sachsen-Anhalt hat er besser als erwartet überstanden. Diese Wahl ist aber auch ein klares Signal an ihn, dass er die Abgrenzungsdebatte in Richtung AfD annehmen und in aller Klarheit führen muss. Die Union muss sich deutlich vom rechten Rand abgrenzen. Ansonsten kann die Lage für Laschet im bevorstehenden Bundestagswahlkampf noch sehr unangenehm werden. Die unselige Debatte um die Werteunion ist da nur ein Vorgeschmack.

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